Vergangenheit lässt sich nicht korrigieren
Michael ­Brandtner meint: kika/Leiner kommt mit einer Billigschiene um 30 Jahre zu spät.
RETAIL Michael Brandtner 14.10.2016

Vergangenheit lässt sich nicht korrigieren

Wer über neue Marken nachdenkt, sollte das Vergangene ­lassen und die Zukunft ins Auge fassen.

Gastkommentar ••• Von Michael Brandtner

 

ORIENTIERUNGSFRAGE. Am 15. September dieses Jahres konnte man folgende Zeilen in einer österreichischen Tageszeitung lesen: „Das Möbelunternehmen kika/Leiner will wie XXXLutz im Diskontbereich mitmischen. Der Start einer Billigschiene ist für Frühling 2017 vorgesehen, die Suche nach einem Namen läuft, sagte kika/Leiner-Chef Gunnar George.”

Marketing im Rückwärtsgang

Das ist keine untypische Vorgangsweise. So hat man bei kika/Leiner erkannt, dass man das Diskont-Segment nicht einfach kampflos dem Hauptmitbewerber überlassen sollte. Nur das Timing stimmt nicht. Diese Entscheidung hätte man vor mindestens 30 Jahren treffen müssen, als man selbst noch der Marktführer im österreichischen Möbelhandel war.

Heute macht diese Strategie wenig Sinn, ganz egal, wie der Markenname und die Markenpositionierung für diese Diskontschiene lauten werden. Diese Erfahrung musste auch Microsoft machen, als man mit MSN Search, heute Bing, auf den Erfolg von Google reagierte. Weder MSN Search noch Bing haben eine echte Chance gegen Google. Aber auch Google musste diese Erfahrung machen, als man mit Google+ auf den Erfolg von Facebook reagierte.

Marketing im Vorwärtsgang

Wenn man heute bei kika/Leiner über eine neue Marke nachdenkt, sollte man damit nicht mögliche Fehler der Vergangenheit reparieren, sondern man sollte vielmehr überlegen, wo die Zukunft liegen könnte. So würde es wahrscheinlich mehr Sinn machen, eine neue Online-Marke im Möbelhandel zu kreieren.

Dazu müsste man in drei Schritten vorgehen: (1) Zuerst müsste man die genaue Positionierung dieser Marke festlegen. (2) Dann müsste man aus der Positionierung den Markennamen ableiten. (3) Dann müsste man ein Programm lancieren, um die neue Marke auf Kosten des Mitbewerbers zu lancieren. Damit hätte man die große Chance, einen neuen Marktführer zu schaffen.
Denn wenn man jetzt nur eine neue Marke im Diskontbereich gegen Möbelix und mömax lanciert, wird diese mit großer Wahrscheinlichkeit als eine weitere Marke „enden”. Was für kika/Leiner tröstlich sein mag, ist, dass man nicht allein ist: Jahr für Jahr sind Unternehmen damit beschäftigt, Fehler aus der Vergangenheit auszubügeln, statt die Zukunft zu schaffen. Nicht umsonst meinte einmal die Managementlegende Peter Drucker, dass viele Unternehmen ihre Zukunft auf dem Altar der Vergangenheit opfern.

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