••• Von Christian Novacek
Von einem Umsatzhigh aufs nächste zu manövrieren, das ist zwar Usus bei erfolgreichen Unternehmen, die Corona- und Kriegsumstände haben aber dann doch da und dort eine Delle geschlagen. Weniger bei der Kastner Gruppe: „Als Waldviertler Unternehmen haben wir jahrzehntelang an einer toten Grenze gewirtschaftet, da haben wir in der Zwischenzeit Resilienz gelernt”, sagt Geschäftsführer Christof Kastner und verweist stolz auf ein mächtiges Plus im Erlös von 17,4% auf den neuen Umsatzrekord von rd. 268 Mio. €. Der ist dabei nicht nur im Vergleich zum krisengeschüttelten Jahr 2021 imposant, er bleibt es auch unter Bezug auf Vorkrisenzeiten – 2019 belief sich der Gesamterlös der Kastner Gruppe auf 248,7 Mio. €; in den Lockdownjahren 2020 und 2021 waren es 225 bzw. 227 Mio. €.
Das Motto des Erfolgeschmiedens lautet dabei auf organisches Wachstum oder, in den Worten Kastners, nicht unbedingt „mehr Geld ausgeben als man hat”.
Ergo wird in den Krisenjahren die Investition eher behutsam angegangen. Nichtsdestotrotz gab es im Jahr 2022 Ausbauten, Erweiterungen und Übernahmen, etwa des regionalen Jennersdorfer Getränkehändlers Spirits. Mit der Kastner GetränkeWelt und Kastner AllesWein punktet das Familienunternehmen insgesamt mit hoher Getränkekompetenz – im Onlinehandel verfügt man unter dem Titel „Vinotaria” allein beim Wein über ein Angebot von zwischen 1.500 und 2.000 Weinen.
Mission Kärnten
Aus dem AGM-Portfolio übernahm die Kastner Gruppe den Standort Wolfsberg – und eröffnete dort im November 2022 den ersten Kastner-Abholmarkt Kärntens. Gleichsam ist man nun im Süden Österreichs mit der Gastronomiezustellung präsent – und freut sich über regen Zustrom an Neukunden, die, so Kastner, „mit ihrer Situation beim Mitbewerber offenbar unzufrieden waren”.
In der Standortfrage an sich lässt der Firmenchef expansive Avancen durchblicken: „Wer uns kennt, weiß, dass wir aus der Peripherie heraus ein Land bis zur jeweiligen Landeshauptstadt ausrollen”, so Kastner.
Investitionsfreudig
Für das Jahr 2023 liegen nun 10,7 Mio. € für Investitionen bereit. Schwerpunktmäßig fließen die in den Ausbau der Firmenzentrale in Zwettl. In vier Bauetappen soll dort die Kapazität des Zentrallagers von 10.000 auf 40.000 m² erweitert werden – möglich wird das durch den Zukauf eines benachbarten Grundstücks.
Prominent im Investitonsprogramm sind die Wiener Abholmärkte Nord und Süd vertreten. Die Frischeabteilung in Wien Nord wurde bereits frisch justiert (Kosten: 1 Mio. €), in Wien Süd wird der Frischebereich heuer umgebaut. Dafür sind rd. fünf Mio. Euro Gesamtinvestition geplant.
Speziell in Wien hat Kastner sowohl Mitbewerb als auch Gemeindepolitik kritisch im Blick – zurzeit betreffs der Diskussion um den geplanten Transgourmet-Standort Wien West. Kast-ner aus der Ego-Perspektive: „Das ist Verdrängungswettbewerb vom Feinsten!”
40 Jahre Nah&Frisch
Nahezu 160 Nah&Frisch-Kaufleute werden vom Kastner Großhandel beliefert. Sie feiern heuer im Verbund mit den Nah&Frisch-Kaufleuten Österreichs 40-jähriges Bestehen. Bei Kastner gab es 2022 einen Anstieg um sieben Standorte.
Der für Nah&Frisch zuständige Geschäfsführer Andreas Blauensteiner verweist aber auch auf zwölf Geschäftsübernahmen, „die erfolgreich abgewickelt wurden, also Betriebe, wo sich aufgrund von Pensionierungen die Nachfolgefrage gestellt hat”. Ebenso wurden 18 Ladenbauprojekte und acht Regaloptimierungen absolviert.
Alle Kaufleute würden überdies stark von der IT-Expertise des Großhändlers profitieren – Gastronomen wie auch Händler können ihre Bestellungen über das Tablet abwickeln, die Onlineabwicklung spart erstens Papier und ist zweitens prächtig am Laufen, für rund 50% der Kastner-Kunden ist sie schon relevant.
Gemäß der Messlatte in Sachen E-Commerce hat Kastner überdies ein „prime”-System implementiert. Damit eröffnet sich für jeden Kunden ein Sortimentsportal von 60.000 Artikeln – bislang waren es regional herabgebrochen 14.000. Die ersten Auswirkungen auf den durchschnittlichen Warenkorb sind vielversprechend: „Der hat sich um vier Prozent erhöht”, freut sich Kastner.
Standbein E-Commerce
„Dass im E-Commerce noch Wachstum zu generieren sei, wird immer öfter bestritten”, sagt Rainer Neuwirth, in der Kastner-Geschäftsführung für das Shop-Netzwerk unter myProduct zuständig. „Man redet heute gern von Stagnation.” In der Kastner Gruppe stagniere nichts. Die Nachfrage bei Großgebinden (etwa: Reis) würden sogar regelrecht explodieren.
Naturgemäß schlägt in der 2022er-Onlinebilanz auch die Übernahme des Wein-Start-ups Vinotaria positiv zu Buche: „Da sind wir nunmehr mit 2.000 Weinen auch im Vergleich zum Mitbewerb gut positioniert”, so Neuwirth.
Über den sogenannten AustrianSupermarket wird darüber hinaus der internationale Versand von typisch österreichischen Produkten forciert. Besonders flott sind hier die Mannerschnitten unterwegs – vorzüglich in die Vereinigten Staaten.