Zankapfel Biberhaufenweg 18A
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Biberhaufenweg Weder Billa noch Spar wollten verraten, was an der begehrten Filiale so besonders ist. medianet hat sich selbst ein Bild gemacht: Das eher trist wirkende Gebäude ist der einzige Nahversorger weit und breit – was viele Fragen beantwortet.
RETAIL Nataša nikolić 06.05.2016

Zankapfel Biberhaufenweg 18A

Spar und Billa bzw. Zielpunkt-Masseverwalter Georg Freimüller führen einen Rechtsstreit um eine ehemalige Zielpunkt-Filiale. medianet hat sich erkundigt, wer die besseren Karten hat und wie es weitergehen könnte.

••• Von Nataša Nikolic

WIEN. Wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der Dritte – oder eventuell auch nicht, je nachdem, was das Gericht entscheidet. Die zwei sind Spar und der zum Zielpunkt-Masseverwalter bestellte Rechtsanwalt Georg Freimüller, der Dritte ist Rewe bzw. im konkreten Fall Billa. Zankapfel ist eine ehemalige Zielpunkt-Filiale am Biberhaufenweg 18A in Wien-Aspern. Doch schauen wir mal, wie alles begann.

Ein Blick zurück

Als der Lebensmittelhändler Zielpunkt Ende November 2015 die Insolvenz anmeldete, wurde Georg Freimüller zum Masseverwalter bestellt und war u.a. bemüht, für die Filialen neue Nachmieter zu ­finden. Im Zuge des Verwertungsverfahrens konnten Händler Interesse für die Übernahme der gewünschten Filialen anmelden, das dann die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zu prüfen hatte. Um an der ordentlichen Filialverteilung teilnehmen zu können und um Einsicht in die Datenlage zu erhalten, mussten die Interessenten eine Verpflichtungserklärung unterzeichnen, in der sie sich u.a. damit einverstanden erklärten, dass sie keine eigenhändigen Verhandlungen mit Vermietern der Standorte führen dürfen.

Das Interesse der verbliebenen Marktteilnehmer an den Zielpunkt-Filialen war groß: Die Händler liebäugelten mit 98 der insgesamt 229 Filialen. Für acht Standorte erteilte die BWB aus kartellrechtlichen Gründen keine Genehmigung, die restlichen 90 teilen sich Spar, Rewe, Hofer, Lidl, Libro, Etsan, denn's, dm und Fressnapf – wobei die beiden Großen insgesamt mehr als die Hälfte der Filialen zugesprochen bekamen – allerdings mit einigen Auflagen.
Die Rewe International AG konnte insgesamt 25 Standorte übernehmen, vier davon für die Drogeriekette Bipa, aus dem Rest sollten großteils Billa-Filialen sowie einige wenige Penny-Märkte werden. Konkurrent Spar wurden sogar 27 Filialen zugesprochen. So weit so gut – wäre da nicht eine Filiale, auf die beide Konzerne ein Auge geworfen haben.

Ein populärer Standort

Um die eingangs erwähnte Filiale in Wien Aspern tobt derzeit ein Rechtsstreit zwischen Masseverwalter Freimüller und der Spar.

Wie die Presse am 25. April berichtete und Rewe-Sprecherin Ines Schurin bestätigte, wurde der Standort am Biberhaufenweg 18A mit 15. Februar Billa zugesprochen. Spar soll allerdings schon zuvor Verhandlungen mit dem Vermieter, einer Grazer Projektentwicklungs GmbH, die auf dem Grund der Stadt Wien das Gebäude errichtet und an Zielpunkt vermietet hat, ­geführt haben.
Nachdem Billa den Vertrag mit Freimüller abgeschlossen hatte, wurden in Billas Auftrag Elektriker in der Filiale tätig. Für den 29. Februar waren weitere Arbeiten in der Filiale vorgesehen, doch daraus wurde nichts. Spar soll, dem Bericht zufolge, in der Nacht zuvor nämlich die Schlösser ausgetauscht und so Billa an der Ausübung des Mietrechts behindert haben. Die Billa-Mitarbeiter standen am besagten Tag also vor verschlossenen Türen und staunten dabei nicht schlecht, als sie einen Spar-Lkw in der Ladezufahrt erblickten.

Sieg/Niederlage in erster Instanz

Was folgte, war eine Besitzstörungsklage, die Freimüller gegen Spar beim Bezirksgericht Donaustadt eingebracht hat. Das Gericht entschied per Beschluss zugunsten des Masseverwalters. „Das Besitzstörungsverfahren ist ein einfaches und schnelles Verfahren, bei dem der Richter nicht die Eigentumsrechte, sondern den besseren Besitz prüft. Der bessere Besitzer war in dem Fall Billa, weil sie den Mietvertrag hatten”, sagt der, in diesem Fall unabhängige, Rechtsanwalt Christoph Urbanek (Insolvenz- und Immobilienrecht bei DLA Piper).

Spar hätte die Schlüssel laut Beschluss bereits vor Wochen an Billa übergeben sollen, was aber nicht passiert ist, bestätigt Schurin und bezeichnet das Verhalten der Spar als „unangemessen”.
„Der Masseverwalter versucht, gerichtlich über eine Immobilie zu verfügen, die in unserem Eigentum steht”, zitiert die Presse Spar-Sprecherin Nicole Berkmann, die die Niederlage in erster Instanz als „Nebenschauplatz” abtut.
Ob Spar Rekurs gegen den erstinstanzlichen Gerichtsbeschluss einlegen wird, ist nicht bestätigt, allerdings sagte die Spar-Sprecherin auf medianet-Anfrage: „Das ist ein laufendes Verfahren und daher können wir dazu nicht Stellung nehmen”, womit die Antwort relativ eindeutig „ja” ist.

Wer hat die besseren Karten?

Urbanek glaubt, dass Spar in der Besitzstörungsklage die schlechteren Karten hat und es vermutlich auf andere Weise versuchen wird. „Medienberichten zufolge gibt es von der Spar bereits eine Klage, die auf eine weitere Ebene geht und sagt, dass ihnen grundsätzlich der Filialbetrieb zusteht.” In diesem Fall würde es im Wesentlichen darauf hinauslaufen, ob der Mietvertrag, den der Masseverwalter verkauft hat, aufrecht ist – also ob Billa einen aufrechten Filialbetrieb hat oder nicht. Die Frage sei u.a., ob bei der Übertragung des Mietvertrags der Eigentümer des Superädifikats gefragt wurde oder nicht. Wenn nicht, gebe es eine Einspruchslösung, bei der gegen die Übertragung Einspruch erhoben werden kann. „Das wird eher nicht der Fall sein, da der Masseverwalter höchstwahrscheinlich die Zustimmung vom Eigentümer geholt hat, bevor er den Mietvertrag auf Billa übertragen hat.”

Im besagten Fall greift nicht das Mietrechtsgesetz, da es sich um ein Einzelobjekt handelt, sondern das ABGB (1120). „Im ABGB gibt es einen Kündigungsgrund für Mietverträge. Dieses Kündigungsrecht könnte der neue Eigentümer, also Spar, ausüben, indem sie den Mietvertrag mit Billa aufkündigen”, sagt Urbanek. Allerdings ist da noch die Verzichtserklärung, die beide Händler mit dem Masseverwalter abgeschlossen haben, die Spar an der Ausübung des Kündigungsrechts hindern könnte, spekuliert Urbanek. Spar wird den Mietvertrag wegen der geschlossenen Vereinbarung mit dem Masseverwalter daher vermutlich nicht beseitigen können.
„Die Kernfrage ist, ob der Mietvertrag aufrecht ist; falls ja wird er es auch bleiben und somit könnte Billa trotzdem in die Filiale einziehen, auch wenn Spar Eigentümer der Immobilie ist”, fasst Urbanek zusammen.

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