••• Von Britta Biron
LINZ / WIEN. Von der politischen Haltung, über die Einstellung zur Religion, die sexuellen und kulinarischen Vorlieben, Musik- und Filmgeschmack bis zur Meinung über die Corona-impfung oder die adäquate Kindererziehung geben Herr und Frau Österreicher über viele Themen recht ungeniert Auskunft.
Auch die Frage, ob Politiker zu viel und Mitarbeiter in systemrelevanten Branchen zu wenig verdienen, wird immer wieder gerne diskutiert. Geht es allerdings um das eigene Gehalt, dann herrscht, wie eine kürzlich vorgestellte, repräsentative Marketagent-Umfrage im Auftrag der Arbeitgeberbewertungsplattform kununu.at zeigt, weiterhin große Zurückhaltung.
Großes Schweigen
Ob und wie offen über das eigene Gehalt gesprochen wird, hängt für mehr als die Hälfte der Befragten (55%) davon ab, wer danach fragt. Rund die Hälfte (52%) der 500 Befragten gab an, dass die Familienmitglieder noch am besten informiert sind, was allerdings nicht heißt, dass sie über die tatsächliche Höhe des Gehalts Bescheid wissen.
Nur zwei Drittel (66%) der Befragten wissen, wie viel der aktuelle (Ehe)partner verdient, in rund der Hälfte der Fälle, weil er oder sie es von sich aus verraten hat. Den Partner gezielt auf das Gehalt angesprochen haben lediglich elf Prozent. Und immerhin acht Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, mit dem Partner noch nie über das Gehalt gesprochen zu haben.
Frage ist „übergriffig”
Insgesamt sind nur 23% der Studienteilnehmer bereit, offen und ehrlich Auskunft über ihr Einkommen zu geben und das auch nicht unbedingt gern. Immerhin zwölf Prozent halten die Frage nach dem Gehalt für übergriffig, fast ebenso viele (elf Prozent) fühlen sich dabei unsicher und wissen nicht, wie viel sie preisgeben können bzw. dürfen. Die Meinung, dass jeder wissen darf, was der andere verdient, vertreten nur zehn Prozent, deutlich größer (16%) ist die Gruppe jener, für die das Gehalt Privatsache ist, die niemanden etwas angeht.
Motiviert mehr Geld …
Allerdings zeigt die Umfrage auch, dass man sich der negativen Auswirkungen der Verschwiegenheit durchaus bewusst ist. Knapp ein Viertel der Befragten (23%) wünscht sich mehr Gehaltstransparenz. Fast ein Fünftel (18%) ist der Überzeugung, dass dadurch auch die Gehaltsverhandlungen erleichtert würden.
„Das Gehalt ist ein entscheidender Faktor für mehr Motivation und Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Um ein angemessenes und faires Gehalt abschätzen zu können, braucht es eine umfassende Informationsbasis – auch als Entscheidungsgrundlage bei Gehaltsverhandlungen”, bestätigt Nina Zimmermann, CEO von kununu.
… oder spielt es keine Rolle?
Wie eine vom Jobportal karriere.at durchgeführte aktuelle Befragung von rund 1.900 Arbeitnehmern und 200 Arbeitgebern zeigt, herrscht diesbezüglich in Österreich aber noch viel Luft nach oben. Denn nur rund die Hälfte (53%) der Unternehmen gab an, über ein transparentes Gehaltssystem zu verfügen, bei 64% gibt es nicht einmal einen jährlichen Termin für Gehaltsverhandlungen.
Das liegt wohl daran, dass die Arbeitgeber recht eigenartige Ansichten zum Thema Gehalt haben. Nur rund die Häfte ist der Meinung, dass es ein essenzieller Faktor ist, um Mitarbeiter zu halten und offene Stellen leichter zu besetzen, 26% sind sogar überzeugt, dass Geld für die Attraktivität eines Arbeitsplatzes überhaupt keine Rolle spielt.
Es gibt auch Alternativen
Diese Meinung vertritt aber nur ein Fünftel der Arbeitnehmer. Rund ein Drittel würde für mehr Cash den aktuellen Arbeitgeber „auf jeden Fall” verlassen, ein weiteres Drittel, wenn der neue Job zusätzlich zu den finanziellen auch noch andere Vorteile bringt.
„Es zeigt sich wieder, dass die Frage des Fachkräftemangels oft mit der Attraktivität der Arbeitsplätze einhergeht. Der Kampf um die besten Fachkräfte wird sich in den nächsten Jahren zuspitzen. Heimische Unternehmen sind jetzt gut beraten, eine transparente Gehaltsstrategie zu entwickeln”, rät Georg Konjovic, CEO von karriere.at, und verweist auch auf Alternativen zur klassischen Gehaltserhöhungen, wie Weiterbildung, mehr Urlaub oder zusätzliche Sozialleistungen.