••• Von Klemens Huber
Auch heuer wieder veranstaltete der IT-Konzern IBM seine hauseigene Leistungsschau – die „IBM Think 2019”. Als Ort wurde dieses Jahr San Francisco gewählt und dem Aufruf folgten rund 30.000 Kunden und Business Partner, welche die neuesten Entwicklungen zu Künstlicher Intelligenz, Blockchain, Cloud-Services, Security-Technologien und vielen mehr aus erster Hand erfahren konnten. Neben Big-Air-Shows, einer riesigen Expo mit sämtlichen namhaften Datamanagement- Anbietern wie Cisco, GitHub, Salesforce, SAP, SAS, VMWare und vielen weiteren wurden vor allem über Hunderte Workshops, Knowledge Sessions und Techtalks angeboten.
Im Vordergrund stand dabei die klare Spezialisierung des Konzernes auf Künstliche Intelligenz (AI) und Data-Management. Unter „Watson” vereinen sich alle Lösungen, welche mit Künstlicher Intelligenz oder Maschine-Learning ausgestattet sind. Bereits voriges Jahr wurde vonseiten IBM viel über AI gesprochen; die Anwendungen waren jedoch teilweise holprig und man spürte, dass AI noch in den Kinderschuhen steckte.
Effiziente KI-Assistenten
Nun, ein Jahr später, hat IBM einen Sprint hingelegt in Sachen Weiterentwicklung. Dazu beigetragen hat wohl die klare Fokussierung auf Software as a Service (SaaS) und Cloud-Anwendungen. Durch den Verkauf von On-Premise-Produkten wie das E-Commerce-Enterprise- System „IBM Commerce” oder das Kampagnenmanagementsystem „IBM Campaign” an den indischen HCL-Konzern wurde mehr Entwicklungsenergie bereitgestellt, um in die zukunftsträchtigen Cloud-Services zu investieren. Und dies hat sich gelohnt. Viele AI-Services haben sich durch die exponentiell wirkenden Datenalgorithmen immens verbessert, es sind beeindruckende neue Marketing-Lösungen entstanden, und aus den einst holprigen AI-Anwendungen sind effiziente Marketing-Assistenten geworden.
Bei all der raschen Entwicklung gab es auch eine Kehrtwende in Bezug auf Open Source. Erst von wenigen Monaten legte IBM viele bis dato betriebsinterne AI-Algorithmen und API frei. Dies ermöglichte Entwicklern, das zwingend notwendige Strukturieren von Daten als Vorbereitung für AI-Anwendungen effizienter durchzuführen. Das Arbeiten mit Daten und insbesondere mit personenbezogenen Daten hat sich spätestens seit der Einführung der DSGVO grundlegend geändert. Als einer der wenigen aus den USA stammenden Konzerne betreibt IBM seine weltweiten Datenzentren an fast lokalen Standorten. Im konkreten Fall im D-A-CH-Raum in Frankfurt/Main. Sämtliche Marketing- und AI-basierten Lösungen werden dabei in Privat-Cloud-Systemen betrieben. Unternehmen bleiben somit 100%ig im Besitz ihrer eignen Kundendaten, bestimmen deren Verwendung selbst, und die nötigen Funktionen zur Einhaltung der GDPR-Konformität werden durchgängig zur Verfügung gestellt.
Datenschutzkonforme Hubs
Die durchgängige und zukunftsträchtige AI-Roadmap im Marketingsegment, gepaart mit datenschutzkonformen Umsetzungen, sieht auch Gartner im aktuellen Quadranten zu Marketing Hubs IBM als einen der Leader.
Bis dato werden im Marketing die klassische Online Advertising-Welt und die CRM-Welt getrennt behandelt; Unternehmen steuern dabei ihre unpersonalisierte Kommunikation (sprich, Kommunikation vor einem Kauf) über DMPs, und Mediaagenturen jedoch personalisierte Kommunikation (sprich, Kommunikation nach einem Kauf oder einer persönlichen Identifizierung) über CRM-Systeme. Ein und derselbe Kunde landet somit in getrennten Datentöpfen, und eine durchgängige Customer Journey ist somit kaum möglich.
Abhilfe schaffen dabei Customer Data-Plattformen; diese sind jedoch noch Mangelware, und IBM setzt hier nun klare Zeichen. Durch die Kooperation mit MediaMath stehen IBM nun sowohl DMP als auch DSP-Services zur Verfügung und werden unter dem Namen „IBM Media Optimizer” betrieben. Herzstück ist dabei „Watson Bidding”, welches AI-basiertes Werbebidding ermöglicht. Das System optimiert und platziert dabei „Paid- & Owned Media” auf Basis aller zur Verfügung stehenden Daten, in Echtzeit und mit AI Algorithmen, automatisch.
„Watson Campaign Automation”, das Herzstück der IBM Marketing Tools, wurde von IBM grunderneuert und zu einem Multichannel-Automation-Tool weiterentwickelt. Die Kommunikationskanäle: Newsletter, SMS, Mobile-Push, Social-Ads, On-Site Content (via Realtime Personalisation), Offline-Kommunikation (via Direkt-2-Print) und Online-Ads (via Media Optimizer) können aus einem Tool verwaltet werden.
Inhalte für alle Channels
Als Kritikpunkt der letzten Jahre galt vor allem die verstaubte UI und die komplexe Handhabung. Hier besserte IBM in den letzten Monaten nach und liefert sowohl eine neue, intuitivere Oberfläche als auch einen grunderneuerten Drag- & Drop Content Builder, welcher das Erstellen von Inhalten für alle Channels ermöglichen soll und dabei auf der technologischen Basis des IBM Content Hubs basiert. Als Start des neuen Editors wird Q2/2019 angegeben.
Die größten Fortschritte sind jedoch bei den AI-Funktionen zu vermerken: Von AI-basierten Kampagnen-Empfehlungen, dem Entdecken von Anomalien in Journeys (Programmen) über ein automatisiertes Regeln der Kommunikationsdichte (Contact Fatigue) bis zu AI-basierten Empfehlungen für Inhalte reichen die neuen Updates. Einziger Wermutstropfen – nicht alles steht zum Einsatz bereit, sondern wird sukzessive in Q1-Q3 ausgerollt.
Hingegen voll einsatzfähig und aus seinem „Kinderschuhen” entwachsen ist der Watson Marketing Assistent. Das vor einem Jahr präsentierte und damals leicht belächelte Voice und Text-Steuerungssytem von Watson Campaign Automation beeindruckt nun durch immer genauer werdende Ergebnisse und eine starke Performancesteigerung. So werden sprachlich formulierte Fragen wie „Welche Kampagnen der letzten sechs Monaten erzielte die höchste Konvertierungsrate?” in Sekunden ausgegeben, die Ergebnisse gemerkt und im Anschluss über den Grund des Erfolgs oder, noch interessanter, des Misserfolgs informiert. Das selbstlernende System benötigt ein laufendes Training und nach wie vor ein wenig Geduld, es stellt sich aber im Laufe der Zeit auf die persönlichen Needs des Markierers ein.
IBM legt eine Steilvorlage für AI im Marketing hin. Der Konzern hat aus den Anfangsschwierigkeiten gelernt und mit den Erfahrungen und der nötigen Fokussierung auf ein Kernthema (AI) eine klare Leader-Positionierung eingenommen.
DI Klemens Huber ist Vice President Business Development, Datacentric.Network.