CE & SEE sind die neuen Konjunkturlokomotiven
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FINANCENET Redaktion 12.07.2019

CE & SEE sind die neuen Konjunkturlokomotiven

Analyse: Das Wirtschaftswachstum in Südost- und ­Zentraleuropa passt – auch Österreich profitiert davon.

••• Von Reinhard Krémer

Die Weltwirtschaft hat heuer durch die politischen ­Bocksprünge des orangen Rabauken im Weißen Haus einen Dämpfer bekommen. Doch die Volkswirtschaften Zentral- und Südosteuropas sind angesichts der globalen Abschwungphase nach wie vor auf einem starken Konjunkturpfad: „Wir haben im zweiten Quartal die realen BIP-Schätzungen für Polen und Ungarn über die vier Prozent-Marke gehoben. Auch bei Rumänien und Kroatien sind die BIP-Prognosen für 2019 leicht angehoben worden. Einzig bei Serbien haben wir aufgrund eines enttäuschenden Jahresstarts nach unten anpassen müssen”, sagt Peter Brezinschek von Raiffeisen International (RBI).

Österreich hat Potenzial

Dagegen ist Brezinschek aufgrund eines erfreulichen ersten Quartals optimistisch, dass die aktuellen Schätzungen für Österreich 2919 und 2020 eher eine Untergrenze darstellen.

„Allen CE&SEE Ländern gemeinsam ist der private Konsum als treibende Kraft für die weitere Expansion. Die mancherorts extremen Lohnsteigerungen, teils aus politischen und teils aus arbeitsmarktrelevanten Gründen, bringen bei verhaltenem Preisanstieg satte Zuwächse bei den realen Einkommen. Auch die Investitionen, teilweise aus EU-Fonds als auch der Bauwirtschaft unterstützt, fördern die Binnennachfrage”, so der RBI-Experte.
Im Jahresverlauf bremsend dürfte sich dagegen der Außenbeitrag entwickeln, meint Brezinschek.
In den meisten Ländern ist Höhepunkt der Inflation überschritten. „Die Lohnsteigerungen zwischen fünf und zehn Prozent sind in den jeweiligen Ländern für teilweise über den Inflationszielen der Notenbank befindliche Teuerungsraten verantwortlich, doch die Dynamik sollte hier in den kommenden Monaten abnehmen. Außerdem haben die Wechselkurse die Importpreise gebremst. In Österreich haben wir die Schätzung für die Verbraucherpreise für 2019 und 2020 auf jeweils plus 1,7 Prozent zurückgenommen. Nachlassender Preisdruck bei Dienstleistungen und bei Energie zeichnen dafür verantwortlich”, so der RBI-Chefanalyst.

Zinssenkungen kommen

Die rückläufigen Inflationserwartungen sind auch Grund für die angekündigten Zinssenkungen in den USA und der Eurozone: „Dies hat selbstverständlich Auswirkungen auf die Geldpolitik und die Assetpreise in CEE. Wir sehen auf zwölf-Monatssicht Zinssenkungen in Tschechien, Russland, Ukraine und Türkei”, sagt Peter Brezinschek. Den Euro sieht er leicht stärker; den Rubel etwas schwächer.

Vorsicht bei Aktien

Auf kurze Sicht haben die Aktienbörsen die nochmalige Lockerung der Geldpolitik großteils vorweggenommen. Daher bestehen im dritten Quartal Rückschlagsgefahren bei Aktien, sagt der RBI-Experte. Das meint auch sein Kollege Valtentin Hofstätter, der eine hohe Korrekturgefahr an den globalen Aktienmärkten im dritten Quartal sieht. Die Gründe dafür ortet er in einer Eskalation im US-Handelsstreit, zahlreichen politischen Risiken bei gleichzeitig sehr hohen Erwartungen an die Notenbankpolitik Fed und EZB und einem kurzfristig bereits zu optimistischen Aktiensentiment.

Große Unbekannte Erdöl

Das „Schwarze Gold” hat heuer bereits eine Hochschaubahnfahrt hinter sich gebracht: „Seinen Anfang des Jahres gestarteten Gipfelsturm setzte der Ölpreis zunächst noch unbeirrt fort, bis die Eskalation im Handelsstreit zwischen China und den USA auch globale Konjunktursorgen wieder aufflammen ließ”, sagt RBI-Analyst David Oelzant.

Die Auswirkungen des US-Iran-Säbelrasselns hielten sich bisher in Grenzen, weitere Zuspitzungen könnten aber wieder für kurze Preisanstiege sorgen. Den Preis für ein Fass Öl der Klasse Brent sieht er heuer um die 65 USD mit steigender Tendenz für 2020 bis auf 75 USD im Jahr 2022.

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