••• Von Reinhard Krémer
WIEN. Die Prävention von Geldwäsche und die Verhinderung von Geldflüssen an terroristische Organisationen haben in den letzten Jahren einen hohen Grad an öffentlicher Aufmerksamkeit erlangt. Obwohl Finanzinstitute jährlich Milliarden ausgeben, um mit immer strengeren und umfangreicheren Aufsichtsregularien Schritt zu halten, stellt die Einhaltung von „Anti Money Laundering” (AML)- und „Know Your Customer” (KYC)-Vorschriften Banken vor strategische Herausforderungen, wie die aktuelle „Know Your Customer”-Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, zeigt.
Banken blechen Milliarden
Weltweit zahlten Banken in den Jahren 2015 bis 2019 rund 23,2 Mrd. € für AML-/ KYC-Sanktionen und damit verbundene Anwaltsgebühren. Dies entspricht einer Steigerung um das 26-Fache im Vergleich zu den Ausgaben zwischen 2005 und 2009. Allein in Europa entstehen bei den Banken für die Unterhaltung und Gewährleistung der KYC-Compliance-Prozesse jährlich Betriebskosten in Höhe von schätzungsweise zwölf Mrd. €. Hinzu kommen weitere Technologieausgaben in Höhe von rund sieben Mrd. € pro Jahr. Lediglich 20% der Kosten entfallen dabei auf die Aufnahme von Neukunden und deren Datenerfassung, wohingegen ganze 80% bei der Durchführung planmäßiger sowie anlassbezogener Überprüfungen der persönlichen sowie der Geschäftsdaten von Firmenkunden entstehen.
Die Großen sind teurer
Besonders auffällig: Die meisten Kosten fallen bei den internationalen Großkonzernen unter den Firmenkunden an, obwohl deren Anzahl in den Gesamtportfolien der Banken in den europäischen Kernmärkten, etwa im Vergleich zu Klein- und mittelständischen Unternehmen, überschaubar ist.
Auch die Firmenkunden selbst zeigen sich mit dem Status quo unzufrieden – sie wünschen sich einheitliche Vorgehensweisen von ihren Hausbanken und mehr Komfort, z.B. in der digitalen Interaktion. Acht von zehn Banken führen bereits nennenswerte KYC-Optimierungsprogramme durch, dennoch bewerten 54% der Unternehmen ihre Erfahrungen mit KYC-Prozessen als negativ. „Unterschiedliche aufsichtsrechtliche Anforderungen, kontinuierliche Überprüfungsprozesse und ein Mangel an einheitlichen Datenmodellen führen nicht selten zu Unzufriedenheit bei den Kunden und einer Schädigung der geschäftlichen Außenwirkung von Banken”, sagt Hendrik Bremer, Strategy& Österreich.
Kundenorientierung fehlt
„Was fehlt, ist eine kundenorientierte KYC-Lösung, mithilfe derer Unternehmen ihre Daten beispielsweise in digitalen Tresoren oder Wallets zentral kontrollieren und Banken im Bedarfsfall zugänglich machen können. Solche Tools helfen Firmenkunden dabei, für ihre Finanzgeschäfte und die Geschäfte mit ihren Lieferanten immer die richtigen Daten griffbereit zu haben”, so Bremer. Flächendeckend arbeiten Finanzinstitute bereits intern an Prozessen zur verbesserten Reaktion auf künftige Richtlinien sowie der effizienten Steuerung der eigenen KYC-Verarbeitungskapazitäten. Daneben beauftragen Banken auch externe Dienstleister mit der Übernahme bestimmter KYC-Aufgaben oder nutzen regionale „Utilities”, die das Datenmanagement gebündelt für mehrere Institute übernehmen.
Vereinfachter Datenaustausch
Am Markt haben sich außerdem zahlreich Netzwerkansätze gebildet, um den Datenaustausch zwischen Banken, Firmenkunden, Aufsichtsbehörden und Datenanbietern innerhalb eines leicht zugänglichen Ökosystems zu vereinfachen.
Zwar zeigen die Ergebnisse der Studie, dass durch koordinierte Mehrfachnutzung bestehender Datensätze, automatisierte Ausfüllformate, zielgerichtete Mitarbeiterschulungen und die Beschäftigung von KYC-Analysten in Niedrigkostenländern bis zu 65% der aktuell anlaufenden Betriebskosten für AML- und KYC-Maßnahmen eingespart werden können – die zentralen Vorteile lassen sich aber erst durch einen „Best of Breed”-Ansatz mit den Erfahrungswerten aller bereits eingesetzter Maßnahmen realisieren.
Netzwerk aufbauen
Um das zu erreichen, bedarf es eines länderübergreifenden KYC-Netzwerks, das Banken, ihre Firmenkunden und Daten, Aufsichtsbehörden sowie andere Dienstleister über spezifische Zugangspunkte miteinander verbindet, so die Strategy&-Experten. Im Zentrum dieses Netzes stehen die Firmenkunden und deren reibungsloses Kundenerlebnis.
Diese können ihre Daten mithilfe digitaler Lösungen zentral kontrollieren und mit ausgewählten Banken auf Wunsch sicher teilen. Aufsichtsbehörden könnten im Netzwerk die Einhaltung der Vorschriften überwachen. Durch die Möglichkeit einer flexiblen Skalierbarkeit ließe sich das Netzwerk um weitere Dienstleister zur Einführung neuer und auf Banken und Firmenkunden zugeschnittener Services erweitern.