Krise hielt Österreicher nicht von Aktien fern
© Wiener Börse/Akos Stiller
FINANCENET Redaktion 27.08.2020

Krise hielt Österreicher nicht von Aktien fern

Die Financial Planners loteten Anleger-Stimmung aus – Angst ums Geld vor allem zu Beginn des Lockdowns.

••• Von Reinhard Krémer

Das erste Halbjahr 2020 hielt für Anleger jede Menge Überraschungen bereit. Auslöser der dramatischen Kurseinbrüche rund um die Welt und binnen weniger Tage war eine toxische Mischung aus Gewinnwarnungen
zahlreicher Unternehmen, gekürzten Wachstumsprognosen für die Wirtschaft sowie der schlechten Stimmung vieler Manager und Ökonomen, die eine globale Rezession als unvermeidlich sehen. Wie heimische Anleger die Achterbahnfahrt erlebten, brachte der Österreichische Verband Financial Planners im Rahmen einer im Juli 2020 durchgeführten Erhebung in Erfahrung. Insgesamt wurden 397 zertifizierte Finanzplaner quer durch Österreich zu den Reaktionen ihrer Kunden während der Covid-19- Krise befragt.

Rat in der Krise gesucht Es verwundert wenig, dass sich beinahe alle Kunden (93%) mit finanziellen Ängsten an ihren Finanzberater gewandt haben. Mehr als zwei Drittel der Kunden (70%) bereitete die Verschuldungssituation der Nationalstaaten Kopfzerbrechen. Passend zum Klischee der Österreicher als fleißige Sparer, sorgten sich auch zwei von drei Konsumenten (63%) um ihr Geld auf der hohen Kante. Ebenso
Trotz war die Sicherheit des Euros für gut jeden zweiten (55%) ein Thema. So manche böse Zunge könnte behaupten, die Österreicher würden sich in finanzieller Sicherheit wiegen – oder hätten sehr großes Vertrauen in die heimische Politik.
Überraschungen in der Krise „Ein guter Finanzplaner setzt sich intensiv und genau mit den Bedürfnissen seiner Kunden auseinander. Das ist vor allem in Krisenzeiten gefragt. Durch die Erhebung bekommen wir einen tieferen Einblick in die finanziellen Wünsche und Sorgen der Österreicher. Dabei gab es durchaus einige Überraschungen“, sagt Helmut Siegler, Vorstandsvorsitzender des Verbands Financial Planners.

Lockdown schürte Ängste
So fürchtet sich nur jeder Dritte (34%) vor der Einführung neuer Steuern, und auch die Sorge vor der Deflation spielt keine große Rolle (acht Prozent). Die Um frage des Verbands zeigt mitunter ein zeitliches AngstBarometer: Kunden waren mit Bekannt gabe des Lockdowns im März am besorgtesten um ihr Vermögen (73%), gefolgt von April (18%). Heimischen Investoren eilt üblicherweise der Ruf voraus, risikoscheue Aktien-Verweigerer zu sein. Diesem Bild wird in der Umfrage des Verbandes getrotzt: Immerhin gaben 92% der befragten Finanzplaner an, während der Covid-19-Krise zumindest gelegentlich von Kunden kontaktiert worden zu sein, um Zuzahlungen in Veranlagungsformen mit höherem Aktienanteil vorzunehmen. „Die Österreicher sind dafür bekannt, fleißige Sparer zu sein, aber eher auf renditeschwache Anlageformen wie das Sparbuch zu setzen. Wir beobachten, dass der Aktienanteil steigt. Es ist allerdings noch viel Aufklärungsarbeit im Bereich der Finanzbildung erforderlich, um zu verdeutlichen, dass die Börse auch für den Durchschnittsösterreicher Chancen bietet“, so Siegler.

Kühlen Kopf bewahrt
Wenige Finanzplaner (36%) wurden von ihren Kunden seit dem Lockdown im März kontaktiert, um Notverkäufe von Veranlagungspositionen vorzunehmen. Siegler zufolge ist das ein Indiz, dass die Österreicher sattelfester in Geld-Fragen werden: „Anleger haben größtenteils einen kühlen Kopf bewahrt und keine emotionalen Kurzschlussentscheidungen getroffen“, so der Verbands-Chef. „Diese Entwicklung hin zum mündigen Konsumenten ist eine Bestätigung unserer Arbeit als Verband“, sagt Siegler. Ein weiterer Teil der Befragung widmete sich finanziellen Engpässen. Das Konzept der Kurzarbeit in Österreich bot Medienberichten zufolge hierzulande für viele Unternehmen und Mitarbeiter eine Entlastung. Das bestätigt auch die Erhebung des Verbands. Denn mehr als zwei Drittel der Probanden (83%) berieten ihre Klienten rund um das Thema Kurzarbeit für Mitarbeiter. Neben der Regierung waren allerdings auch heimische Banken gefragt, um die Liquidität für die Wirtschaft zu sichern. Die meisten kamen dieser Verantwortung nach, indem sie unter anderem Stundungen für Kredite zur Verfügung stellten. Dieses Angebot ist auch dankend angenommen worden – immerhin wurden 71% der befragten Finanzplaner zumindest gelegentlich auf eine Erweiterung des Kreditrahmens angesprochen.

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