Impfstoffmengen lösen Debatte über Patente aus
© APA/dpa/Boris Rössler
HEALTH ECONOMY Redaktion 14.05.2021

Impfstoffmengen lösen Debatte über Patente aus

Nicht alle Länder haben ausreichend Corona-Impfstoff; die USA wollen nun über ein Aussetzen von Patenten reden.

••• Von Martin Rümmele

WIEN / WASHINGTON. Die Ankündigung der USA, den Patentschutz für Corona-Impfstoffe befristet aufheben zu wollen, hat die Pharmaindustrie am falschen Fuß erwischt. Insider sprechen von einem Dammbruch, Pharmakritiker jubeln – sind aber ebenso überrascht. Denn statt der sicher geglaubten Position, dass die USA und Europa hinter der Industrie stehen, bekunden nun auch die EU, Österreich, Frankreich, aber auch Russland und China Zustimmung zum US-Vorstoß bei der Welthandelsorganisation WTO.

Angst vor Mutationen

Was ist passiert? Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai erklärte, die US-Regierung werde sich nun, da die Versorgung der eigenen Bevölkerung garantiert sei, weiter in Zusammenarbeit mit den Unternehmen dafür einsetzen, die Produktion anzukurbeln. Aber: Die Pandemie sei eben eine globale Herausforderung. Der Hintergrund: Man will nun global „so viele sichere und wirksame Impfungen so schnell wie möglich zu so vielen Menschen wie möglich bringen”, sagte Tai. Angesichts der hohen Infektionszahlen in Indien und von dort ausgehenden, neuen Mutationen macht sich in den USA die Sorge vor Mutationen breit. Die Schlussfolgerung ist jene, die afrikanische Staaten und Indien schon formuliert haben: „No one is safe, until everybody is safe.” Experten hatten davor gewarnt, dass beim aktuellen Tempo vor allem Afrika und Teile Südostasiens erst 2023 durchgeimpft sein könnten. Die USA stünden hinter dem Schutz geistigen Eigentums, die Pandemie sei aber eine globale Krise, die außerordentliche Schritte erfordere, erklärte Tai.

Pharmafirmen laufen nun Sturm. Der Verband der US-Pharmaunternehmen (PhRMA) warnte, dass es ohne Patente zur Verbreitung gepanschter Impfungen kommen könnte. Eine Sprecherin von Pfizer sagte der New York Times, der Impfstoff habe 280 Komponenten von 86 Zulieferern aus 19 Ländern. Um das zu verarbeiten, seien komplexe Spezialanlagen und ausgebildetes Personal notwendig. Auch der Verband der österreichischen Impfstoffhersteller (ÖVIH) betonte: „Die Produktion von Impfstoffen ist ein äußert komplexer Prozess, zu dem wesentlich mehr gehört als das Patent auf den Impfstoff.”

Pharmig für andere Lösungen

Ähnlich äußerte sich auch die Pharmig, die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Pharmaindustrie. „Hilfreicher ist das, was die Impfstoff-Entwickler bereits tun, nämlich mittels Vereinbarungen dafür Sorge zu tragen, ihr Wissen anderen Produzenten zur Verfügung zu stellen, damit auch diese in der Lage sind, einzelne Komponenten der Impfstoffe herstellen zu können”, sagte Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog; zudem müsse man Handelsbarrieren abbauen.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL