••• Von Martin Rümmele
WASHINGTON/WIEN. Die Bestellung von Robert F. Kennedy Jr. zum Gesundheitsminister der US-Regierung sorgt für Unruhe in der Wissenschaft und der Pharmaindustrie. Der Neffe des einstigen US-Präsidenten John F. Kennedy hatte in den vergangenen Jahren vielfach Zweifel an Impfungen gestreut und Verschwörungstheorien verbreitet. Dutzende Nobelpreisträger äußerten öffentlich ihre Zweifel an Kennedys Eignung für das Amt und kritisierten fehlende Qualifikationen oder Erfahrung in Bereichen wie Medizin, Wissenschaft und Verwaltung. Sie warfen ihm vor, wissenschaftsfeindliche Positionen zu vertreten.
Doch nicht nur die Personalie sorgt für Unruhe: Die der US-Regierung unterstehenden Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH) haben eine deutliche Kürzung ihrer Zuschüsse für Unis und andere Forschungseinrichtungen angekündigt. Die NIH deckeln nach eigenen Angaben künftig ihre Beiträge zu dieser Art von Kosten auf einen Anteil von 15%; bisher sei der NIH-Anteil bei bis zu 60% gelegen.
„Selbst zugefügte Wunde”
Wissenschafter warnten jedoch vor verheerenden Wirkungen der Kürzungen etwa für die Forschungen zu Krebs, Alzheimer und Parkinson. Der Vorsitzende des Interessenverbandes der US-Forschungseinrichtungen, Matt Owens, nannte die Kürzungen einen „bombensicheren Weg, um lebensrettende Forschung und Innovation zu lähmen”. Die Konkurrenten der USA würden sich an dieser „selbst zugefügten Wunde ergötzen”. Auch das Fachjournal Science hat zum Widerstand gegen die geplanten Kürzungen bei den Forschungseinrichtungen NIH aufgerufen.
Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Patrick Cramer, sagte unterdessen dem deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel, viele amerikanische Kolleginnen und Kollegen seien verunsichert. Cramer erwartet, dass es als Folge des Kurses der Trump-Regierung einen Zustrom von Spitzenforschern aus den USA nach Europa geben wird: „Die USA sind ein neuer Talentpool für uns.” In Österreich rufen Vertreter der „Scientists for Future”-Bewegung am nächsten Freitag (7. März) zu einer Kundgebung vor der Universität Wien und einem „March for Science” zum Ballhausplatz auf. Auch die europäische Pharmaindustrie zeigt sich angesichts der Entwicklungen besorgt.
Kritik aus Österreich
Der österreichische Epidemiologe Gerald Gartlehner forscht derzeit in den USA und beschreibt gegenüber dem ORF die Situation als „wirklich dramatisch”. Es seien viele Forschungsprojekte gestoppt und Finanzierungen zurückgezogen worden. „Das alles hat natürlich massive Auswirkungen auf die medizinische Forschung. Die meisten Projekte in den USA sind über sogenannte Drittmittel finanziert, das heißt über Grants, die eingeworben werden müssen. Und die brechen jetzt plötzlich in großem Ausmaß weg.”