Beim Medienkonsum ist Österreich anders
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MARKETING & MEDIA Redaktion 27.06.2025

Beim Medienkonsum ist Österreich anders

Reuters Digital News Report: Das Vertrauen in Nachrichten ist in Österreich wieder gewachsen. Auch die Zahlungsbereitschaft steigt.

••• Von Dinko Fejzuli

Das Interesse der Österreicher an Nachrichten ist 2025 erstmals seit Jahren wieder gestiegen. Laut dem aktuellen Digital News Report, der heuer zum zehnten Mal Detaildaten für Österreich liefert, zeigen zentrale Kennzahlen einen klaren Trendbruch: Mehr Menschen bezeichnen sich als „äußerst interessiert”, gleichzeitig geht die aktive Nachrichtenvermeidung zurück. Studienautor Josef Trappel spricht von einem „verhaltenen Optimismus”, warnt aber zugleich vor strukturellen Herausforderungen, etwa beim Thema Vertrauen, Desinformation oder der Rolle Künstlicher Intelligenz.

Nachrichteninteresse steigt

Mit 21,4% liegt der Anteil der „äußerst Interessierten” in Ös­terreich 2025 deutlich über dem Vorjahr (16,1%) und wieder näher am Vorkrisenniveau von 2020. Auch der Anteil jener, die sich „nicht sehr” oder „überhaupt nicht” für Nachrichten interessieren, sinkt leicht auf 13,3%. Damit bleibt Österreich unter dem globalen Schnitt in dieser Kategorie. Besonders ausgeprägt ist das neue Interesse bei jüngeren Nutzergruppen und den sogenannten Schlagzeilen-Folgern, also jenen, die regelmäßig, aber eher beiläufig informiert bleiben.

Vertrauen bleibt volatil

Das generelle Vertrauen in Nachrichten liegt in Österreich 2025 bei 40,6% – ein klarer Anstieg gegenüber dem Vorjahr (34,9%), aber unter dem Höchstwert von 2021 (46,3%). Damit nähert sich Österreich wieder dem internationalen Mittelwert (40,4%) an. Die glaubwürdigste Marke bleibt ORF, dem 63,2% der Befragten vertrauen. Josef Trappel betont: „Die klassischen öffentlich-rechtlichen und regionalen Anbieter spielen in der Vertrauensbildung nach wie vor eine Schlüsselrolle.” Zugleich zeige sich eine Polarisierung: Manche Marken wie OE24 oder Heute polarisieren stark, mit hohen Werten bei sowohl Vertrauen als auch Misstrauen.

Desinformation besorgt viele

41,2% der Österreicher geben an, Schwierigkeiten zu haben, bei Online-Nachrichten Fakten von Falschmeldungen zu unterscheiden. Damit bleibt das Thema Desinformation auf hohem Niveau. Trappel dazu: „Die Angst, Fake News nicht als solche zu erkennen, ist tief verankert – das ist eine Herausforderung für Medienpädagogik und journalistische Standards.” Besonders ausgeprägt sind diese Sorgen bei Nutzerinnen und Nutzern sozialer Medien, die in Österreich immer häufiger als Nachrichtenquelle dienen.

Junge und Social Media

Facebook, WhatsApp und YouTube sind weiterhin die meistgenutzten Plattformen für Nachrichten, doch mit starkem Rückgang über die letzten Jahre. TikTok, Telegram und Instagram legen hingegen zu – insbesondere in der Altersgruppe 18–24, wo rund ein Drittel angibt, sich über Social Media zu informieren. Auch AI-Chatbots und Podcasts gewinnen an Bedeutung als allgemeine Nachrichtenquelle, bleiben aber als Hauptquelle marginal.

Bezahlbereitschaft steigt

Der Anteil jener, die in Österreich für Online-Nachrichten zahlen, steigt 2025 auf 22% – der höchste Wert seit Beginn der Messung. Besonders auffällig ist der massive Anstieg in der Altersgruppe 25–34 Jahre, wo die Zahlungsbereitschaft auf 45,2% explodiert. Trappel erklärt diese Entwicklung mit einem „wachsenden Bewusstsein für journalistischen Wert”, verweist aber auch auf erfolgreiche Digitalangebote mit Paywall.

Skepsis bei News durch AI

Nur 17,8% der Befragten fühlen sich wohl bei Nachrichten, die hauptsächlich von KI mit menschlicher Aufsicht erstellt wurden.

Dagegen ist die Zustimmung deutlich höher, wenn Menschen federführend bleiben und KI nur unterstützend eingesetzt wird (38,2% fühlen sich dann wohl oder sehr wohl). „Die Bevölkerung hat ein feines Gespür dafür, ob Journalismus noch von Menschen geprägt ist”, so Trappel. „KI wird akzeptiert – aber nicht als Ersatz, sondern als Werkzeug.”
Die Daten zeichnen insgesamt ein differenziertes Bild: Steigendes Interesse, höhere Zahlungsbereitschaft und solide Vertrauenswerte stehen einem strukturellen Wandel in Nutzung, Technik und Quellenauswahl gegenüber. Für Josef Trappel ist klar: „Medienpolitik und -pädagogik sind gefordert, die Resilienz der Bevölkerung gegenüber Desinformation zu stärken – und gleichzeitig Vertrauen in glaubwürdige Quellen zu fördern.”

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