Bundespräsidentenwahl, die Slogans und die übersehene Macht des Visuellen
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MARKETING & MEDIA Redaktion 27.09.2022

Bundespräsidentenwahl, die Slogans und die übersehene Macht des Visuellen

WIEN. „Just do it“, „I’m loving it“, „Freude am Fahren“, „Vorsprung durch Technik“ oder auch „kost fast nix“ sind nicht nur nette Wortspielereien, sondern bringen in Form von Slogans Marken in unserem Gehirn auf den Punkt. So kommt das Wort "Slogan" aus dem Keltischen und bedeutet „Schlachtruf“. „Schulstreik fürs Klima“ ist etwa dieser Schlachtruf für Fridays For Future. Das heißt aber auch: Speziell, wenn es um ein Anliegen oder eine Bewegung geht, sollte so ein Slogan die Marke nicht nur auf den Punkt bringen, sondern vor allem auch mitreißen und emotionalisieren.

Die Slogans der Kandidaten
Wenn man sich aktuell die Sloganwelt der Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl ansieht, ergibt sich folgendes Bild:
Alexander Van der Bellen: Vielgeliebtes Österreich
Walter Rosenkranz: Kompromisslos für Österreich
Gerald Grosz: Wählst Du Gerald Grosz, bist Du die Regierung los (Make Austria Grosz Again)
Marco Pogo: Mei‘ Präsident
Michael Brunner: Der Volkspräsident
Tassilo Wallentin: Mutig in die neuen Zeiten
Heinrich „Heini“ Staudinger: Wir wollen weniger Zwang, weniger Angst – mehr Gerechtigkeit, mehr Miteinander, mehr Freiheit, mehr Frieden.

Wenn man diese Slogans aus rein verbaler Sicht beleuchtet, stechen nur zwei wirklich heraus, weil diese auf spezielle Sprachmuster setzen. So setzt Grosz mit „Wählst Du Gerald Grosz, bist Du die Regierung los“ auf einen Reim, während Staudinger mit „Wir wollen weniger Zwang, weniger Angst – mehr Gerechtigkeit, mehr Miteinander, mehr Freiheit, mehr Frieden“ das Prinzip des Gegensatzes nutzt. Beide Sprachmuster sind geeignet, um eine verbale Botschaft verbal zu verstärken und merkbarer zu machen. Manche denken jetzt vielleicht auch an Werbeslogans wie „Haribo macht Kinder froh und Erwachsene ebenso“ oder „Sind sie zu stark, bist du zu schwach“.

Gefangen in der verbalen Politikersprache
Interessant dabei ist aber, dass anscheinend alle Kandidaten und deren Berater oder Beeinflusser nur verbal denken. Damit übersehen sie die Macht des Visuellen. Denn in der Regel wirken verbale Ideen sehr viel stärker, wenn diese auch ein starkes, konkretes Bild in den Köpfen der Kunden projizieren. Hier etwa liegt auch die Stärke des Slogans „Schulstreik fürs Klima“. Das ist nicht nur eine starke verbale Aussage mit Aufforderungscharakter, sondern wir haben automatisch dabei auch ein Bild in den Köpfen.

Helfen kann dabei auch, sich ein starkes visuelles Symbol zu suchen, um bestimmte Aussagen zu unterstreichen. Dies machte etwa Arnold Schwarzenegger, als er 2003 das erste Mal für das Amt des Gouverneurs in Kalifornien kandidierte. So positionierte sich Arnie als "the people's gouverneur", der in Kalifornien politisch sauber machen wollte. Dazu nutzte er ein extrem einfaches visuelles Symbol, nämlich einen Besen, um klar zu zeigen, wer in Kalifornien aufräumt. Gerade in Wahlkämpfen neigen Politiker oder auch angehende Politiker viel zu sehr dazu, auf rein verbale Parolen zu setzen. Aber in so einem Umfeld kann es Sinn machen, entweder auf eine sehr bildhafte Sprache oder ein starkes visuelles Symbol zu setzen, um aus dem „verbalen Einheitsbrei“ auszubrechen.

Markenstratege Michael Brandtner ist Österreichs führender Markenpositionierungsexperte und Associate of Ries Global. Im Sommer 2021 erschien sein neues Buch „Radikale Markenfokussierung“. Sein Blog: www.brandtneronbranding.com

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