••• Von Dinko Fejzuli
Seit September 2017 ist Gerlinde Riedl gemeinsam mit Michael Draxler die zweite Geschäftsführerin der stadt wien marketing gmbh. Riedl wird in dieser Position die Leitung im Bereich Sponsoring und Medien verantworten. Michael Draxler leitet den Bereich Finanzen und Organisation. medianet bat die beiden zum Interview.
medianet: Das Jahr 2015 bzw. 2016 war für die stadt wien marketing gmbh ein Jahr der Veränderungen …
Michael Draxler: … das ist wahr. Zum einen ist meine bisherige Co-Geschäftsführerin Barbara Forsthuber nach vielen erfolgreichen, gemeinsamen Jahren zu neuen beruflichen Ufern aufgebrochen, und nun führen ihre Nachfolgerin Gerlinde Riedl und ich im Team die stadt wien marketing gmbh weiter. Zum anderen war es in Bezug auf die vielen umgesetzten Projekte ein wirklich spannendes Jahr. Unter anderem ist uns mit der erstmals in Wien ausgetragenen Beach Volleyball Weltmeisterschaft gemeinsam mit Hannes Jagerhofer, der hier federführend war, ein echtes Leuchtturmprojekt gelungen; wir haben bei diesem Projekt als Schnittstelle zwischen der Stadt Wien und dem Veranstalter fungiert.
medianet: Das ist ja auch Teil der Vorgabe der Stadt, nicht nur Eigenevents zu organisieren, sondern auch ein Enabler zu sein für alle anderen Außenstehenden, die etwas machen wollen, die Infrastruktur, Rat und Tat brauchen.
Draxler: Absolut. Wir haben hier einen ganz klaren Auftrag. Wir sollen auch eine Art Serviceagentur sein. Und in vielen Fällen ist es oftmals einfach eine andere Sprache, die die Behörde spricht, als ein Eventveranstalter; hier zu dolmetschen, ist Teil unserer Aufgaben.
medianet: Das machen Sie ja offensichtlich sehr erfolgreich, denn die Beach Volleyball WM etwa wurde verlängert, und der Plan ist, das weiterhin in Wien zu machen und nicht in Kärnten, richtig?
Draxler: Ja, wir wollen den Event weiterhin in Wien haben. Mit den Veranstaltern ist das bereits per Handschlag ausgemacht, und wir werden demnächst in die offizielle Verlängerung der Verträge gehen. Man muss auch sagen, dass die WM das sportliche Sommerloch – wenn es denn eines gibt – spektakulär gefüllt hat.
medianet: Das Sommerloch muss dann aber ganz klein gewesen sein, denn auch in dieser Jahreszeit haben Sie große Projekte, wie etwa das Film Festival auf dem Rathausplatz. Wie fällt hier die Bilanz für 2017 aus?
Draxler: Hervorragend. Es war das am besten besuchte Film Festival ever. Wir konnten circa 920.000 Besucherinnen und Besucher verzeichnen. Und das ist ein großartiger Erfolg, wenn man bedenkt, dass der Sommer außergewöhnlich schön war und die Menschen sicher auch andere Dinge unternehmen hätten können. Vor allem ist uns erneut bestätigt worden, dass das Filmfestival als Marke extrem stark etabliert ist und auch ohne einen speziellen Themenschwerpunkt sehr gut angenommen wird.
Gerlinde Riedl: Aus Sicht einer Besucherin kann ich das nur unterstreichen. Insbesondere die Flexibilität, die das Unternehmen an den Tag legt, hat mich in der Vergangenheit schon immer beeindruckt. Ich war ja im Sommer noch Mediensprecherin und Referentin im Büro des Wiener Kultur- und Sportstadtrats und in dieser Funktion dann auch für die stadt wien marketing zuständig.
Die spontane Idee des Stadtrats, auf dem Rathausplatz ein Public Viewing für das entscheidende Spiel unseres erfolgreichen Frauen-Nationalteams zu veranstalten, wurde innerhalb weniger Tage bravourös umgesetzt. Ich erinnere mich noch genau: es war ein wunderbarer, lauer Sommerabend, der Platz war bis zum Rand gefüllt, und alle haben mitgefiebert.
Schon damals habe ich mir gedacht: ‚Chapeau, das ist ein tolles Unternehmen.' Und heute, aus der Nähe betrachtet, kann ich das nur bestätigen.
medianet: Nach dem Sommer hatten Sie ja auch einen heißen Herbst, der ja nicht weniger geschäftig ist.
Draxler: Der Herbst bedeutet in Bezug auf Events generell Hochsaison pur. Da durften wir tolle Auftragsarbeiten durchführen, wie das Mistfest oder den Weinwandertag und viele andere Veranstaltungen.
Eine Herausforderung war für uns natürlich auch der Wiener Weihnachtstraum; da kümmern wir uns seit zwei Jahren um die Gestaltung des Rathausparks und das vielfältige Angebot rund um den Christkindlmarkt. Das Ganze geht dann – nach einem kurzen Zwischenstopp beim Silvesterpfad mit heuer 700.000 Besucherinnen und Besuchern in nur einer Nacht – nahtlos über in den Wiener Eistraum, der in diesem Jahr am 19. Jänner ab 17 Uhr mit ‚Gratis-Eislaufen für alle' startet.
medianet: Jetzt haben wir seit vielen Jahren in Österreich erstmals wieder eine ordentliche wirtschaftliche Konjunktur. Wie sehen Sie das? Spüren Sie das bei den Sponsoren schon?
Riedl: Ich freue mich, dass wir die Partnerschaften der letzten Jahre weiterführen und teilweise sogar ein bisschen ausbauen konnten – das ist für mich ein schöner Erfolg zum Start. Zum Glück haben wir ein attraktives Angebot, was die Suche nach Sponsoren natürlich leichter macht: niederschwellige Publikums-Veranstaltungen im Herzen der Stadt mit 80.000 Sichtkontakten pro Tag allein am Ring. Aber wie heißt es so schön: ‚Die Konkurrenz schläft nicht'. Man muss ständig am Laufenden sein.
medianet: Das heißt, man muss den Kooperationspartnern immer neue Dinge bieten.
Riedl: So ist es. Der Eventbereich lebt von der Weiterentwicklung und dem Schaffen neuer Angebote für die Kunden. Unser jüngstes Baby ist ein digitales Besucher- und Informationssystem auf dem Rathausplatz. Es besteht im Kern aus vier multifunktionalen, stylishen LED-Wänden, die an strategischen Punkten, etwa beim Ring, aufgestellt sind, wodurch man als Werbepartner eine erstklassige Präsenz hat.
Denn neben Informationen über die Veranstaltungen auf dem Rathausplatz und Neuigkeiten der Stadt Wien bieten wir hier künftig auch Raum für ausgewählte Kooperationspartner, die Botschaften reichweitenstark und werbewirksam transportieren wollen. Das Angebot richtet sich vorzugsweise an Institutionen aus dem Kunst- und Kulturbereich, aber auch an andere Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen zum Image der Stadt Wien und dem Gesamtambiente des Wiener Rathausplatzes passen.
medianet: Neben neuen Dingen gibt es aber auch, gerade jetzt in der Wintersaison, Events, die eine lange Tradition haben. Wie schafft man es hier, für potentielle Sponsoren interessant zu bleiben?
Riedl: In der Tat sind unsere großen City-Events im Laufe von beinahe drei Jahrzehnten ihres Bestehens zu einer beliebten und bekannten Wiener Marke geworden. Um aber ihre Anziehungskraft aufrechtzuerhalten, müssen auch diese Veranstaltungen ständig weiterentwickelt werden. So haben wir den Wiener Weihnachtstraum mit einer eigenen App ins digitale Zeitalter überführt und, angelehnt an das Spiel ‚Pokemon Go', eine digitale Schnitzeljagd veranstaltet. Unter dem Namen ‚Catch the Gifts' konnten Kinder durch den Rathauspark wandern und über das Smartphone virtuelle Geschenke sammeln. Am Ende haben wir das digitale Vergnügen wieder in die reale Welt hinübergeholt, indem die Kinder ihre virtuellen Geschenke in reale Geschenke für SOS Kinderdorf eintauschen konnten. Mit dieser Benefiz-Aktion unter dem Titel ‚Kinder spielen für Kinder' wollten wir den Gedanken weitertragen, jemand anderen zu Weihnachten eine Freude zu machen.
medianet: Das heißt, die digitale Interaktion zwischen Sponsoren und Zielgruppen ist auch für Sie ein großes Thema.
Riedl: Absolut. Wir bemühen uns um eine 360-Grad-Kommunikation, indem wir, je nach Bedarf, die klassischen Medien bedienen und gleichzeitig eigene Websites für die großen Veranstaltungen betreiben, die wiederum jeweils ihre eigenen Facebookseiten haben. Da gibt es natürlich auf allen Ebenen Interaktionen mit der Community.
medianet: Wir stehen nun am Anfang eines neuen Jahres – wie sehen die Pläne für 2018 aus?
Draxler: Wir haben unter anderem ein neues Konzept für die Initiative ‚Bewegung findet Stadt' aufgesetzt. Grundsätzlich wollen wir den ursprünglichen Plattform-Charakter wieder stärker ausbauen. Das heißt, es geht uns nicht darum, noch mehr eigene Events zu veranstalten; stattdessen wollen wir künftig verstärkt Ergänzung und Unterstützung für mögliche Partner sein, und zwar in allen 23 Wiener Bezirken. Das macht auch weit mehr Sinn, denn im Gegensatz zu größeren, etablierten Veranstaltungen sind wir für einen Frisbee-Event im Donaupark ein wesentlicher Partner, ohne den so eine Veranstaltung vermutlich gar nicht stattfinden könnte.
medianet: Das heißt, es wird im Sportbereich weniger neue Projekte geben, dafür wird man aber in der Breite mehr ermöglichen.
Riedl: Genau, um den Wienerinnen und Wienern die ganze Vielfalt der Sportstadt zu zeigen und kleineren Projekten mehr Chancen auf Realisierung zu geben. Daneben sind wir selbstverständlich weiter offen für Dinge, die an uns herangetragen werden, und fungieren auch weiter als Initialzündung für neue Ideen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir haben etwa den Nordic Walking-Tag drei Mal selbst veranstaltet, dann war das Interesse der Privatwirtschaft geweckt und wir konnten uns damit wieder neuen Betätigungsfeldern widmen. Das ist nachhaltiges Eventmanagement im Sinne des Auftraggebers.