Content entscheidet
© Kurier/Gerhard Deutsch (2)
QualitätORF-Onlinechef Thomas Prantner möchte Qualitätscontent auf den eigenen Plattformen haben, nicht auf Facebook und Co. Er ist davon überzeugt, dass guter Content der Schlüssel zum Erfolg ist.
MARKETING & MEDIA Georg Sander 23.11.2018

Content entscheidet

ORF-Onlinechef Thomas Prantner sieht in der Qualität des Contents das entscheidende Merkmal für Erfolg.

••• Von Georg Sander

WIEN. „Unsere Unternehmen müssen die Digitalisierungswende überleben”, stellt der ORF-Onlinechef Thomas Prantner im Zuge des Panels „Paid-Modelle – Chancen und Herausforderungen” am Futurezone Day 2018 unmissverständlich klar. „Die Finanzierungsfrage ist die letzte, die ein Thema wird. Entscheidend für alle Medienhäuser ist der Content. Wir haben riesige Global Player als Konkurrenten. Netflix verwendet pro Jahr neun Milliarden US-Dollar für die Eigenproduktionen. Der Kampf um den Content wird den Kampf um die Kunden entscheiden.”

Im ORF selbst gebe es keine Bestrebungen, kostenpflichtig zu werden. Die Rundfunkgebühren bezeichnet Prantner als Grundversorgung, in Nischen „versuchen wir über Flimmit und fidelio einen zusätzlichen Mehrwert zu schaffen”. Allein werde es aber kein österreichisches Medienhaus schaffen, gegen die US-Riesen anzukommen – so viel scheint klar.

Facebook-Rückzug

Von den Sozialen Medien wird es darum 2019 einen geordneten Rückzug geben. „Fast 50 Prozent aller Onlinewerbeeinnahmen aus Österreich gehen an Google und Facebook”, macht Prantner das Problem am Namen fest. „Wir werden uns massiv von Facebook zurückziehen, vor allem unsere Qualitätsprodukte. Wir werden das 2019 schrittweise runternehmen, wir haben die TVthek und die österreichischen Medien.” In Zukunft werde es statt 70 nur noch 20 Facebook-Auftritte geben.

Der Schlüssel zur Stärkung der eigenen Marke liegt eben im eigenen Content. „Im zweiten Wahlgang der Bundespräsidentschaftswahl war um 17 Uhr die höchste Onlinepräsenz. Um die Uhrzeit redet niemand von Amazon, Google und Facebook oder Netflix”, erklärt Prantner und führt an, dass das für den ORF und auch die Privatsender gilt. Entscheidend sei weiters, die Menschen zu erreichen, wo sie sind. Die junge Generation schaut zu einer überwältigenden Mehrzahl am Smartphone: „Bei den 14- bis 20-Jährigen hatten wir 90 Prozent mobile Nutzung.”

Vertrauen und Verlässlichkeit

In Zeiten von Fake News müssen Vertrauen und Verlässlichkeit das USP der österreichischen Medienhäuser sein. Diese Ansicht teilt auch Thomas Kralinger, CEO des Kurier, und macht es an einem handfesten Beispiel fest: „Gebe ich beispielsweise zu 9/11 etwas raus, verkauft sich das nicht, das kann ich auf Wikipedia wunderbar nachlesen. Die Auswirkungen können ein interessantes Thema sein. Ich werde nur für das bezahlen, was ich nicht im Netz finden kann.”

Der heimische Medienmarkt müsse gewissermaßen durchtauchen. Ein Beispiel dafür hat wiederum Kralinger parat: „Vor ein paar Jahren hat auch niemand für Musik im Internet gezahlt, heute wird ein großer Anteil bezahlt.” Insofern könnte auch bald vermehrt für Nachrichteninhalte gezahlt werden.

Gemeinsam

Dabei müssen die heimischen Medien durchaus auch zusammenarbeiten. „Wir müssen in Österreich endlich Allianzen schließen, wo private und öffentlich-rechtliche gemeinsam vorgehen”, appelliert Thomas Prantner. „Es gibt schon ein kleines Projekt, die APA-Videoplattform. Da übermitteln wir Videos an die Medienhäuser.” Diese bezeichnet Kralinger wiederum als Win-win-Sache.

Einig war man sich am Podium weiters, dass es noch vieler Schritte benötige, damit sich der heimische Medienmarkt gegen die großen internationalen Player durchsetzen kann. Da müsse auch die Politik entsprechend mithelfen. An einem wird man aber nicht vorbeikommen, wie Thomas Prantner klarstellt: „Man muss Inhalte schaffen, die einen einzigartig machen.”

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL