Das Auge arbeitet mit
© Martina Berger
Interview Im Talk über die neuen Räumlichkeiten: Dieter Spath (Architekt), Markus Mazuran, Bence Gerencsér (beide Serviceplan Group Austria).
MARKETING & MEDIA Redaktion 15.09.2023

Das Auge arbeitet mit

Im Wiener House of Communication wurde kräftig umgebaut – angepasst an künftige Anforderungen.

••• Von Dinko Fejzuli

Jede Zeit hat ihre Trends und jede Phase in der Wirtschaft ihre prägenden Ereignisse. Für die vergangenen drei Jahre war sicherlich Corona der Katalysator – oder, wie manche meinen, sogar eine Art positiver Brandbeschleuniger in Sachen Digitalisierung.

Doch nicht nur die Art, wie wir arbeiten, hat sich geändert. Lockdowns, damit verbundene Homeoffice-Lösungen, Video-Calls und andere, veränderte Arbeitsabläufe haben die Frage, wo wir arbeiten, und vor allem, wie es dort auszusehen hat, maßgeblich mitgeprägt.

Pitch per Video & Co.

In früheren Zeiten undenkbar, mussten Agenturen plötzlich per Video an Pitches teilnehmen und sogar präsentieren. Etliches davon ist auch in Post-Corona Zeiten geblieben – und eine Agenturgruppe, die jetzt auch architektonisch auf das „neue Arbeiten” reagiert hat, ist das House of Communication Wien, die Heimat von Wien Nord Serviceplan, Mediaplus Austria, Plan.Net Austria, Now Serviceplan und St. Elmo’s Tourismusmarketing mit insgesamt rund 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Seit Jänner 2020 arbeiten alle beteiligten Agenturen in der Gumpendorfer Straße unter einem Dach. Im Mai 2023 wurde, nach einem umfassenden Umbau, auf „New Work” umgestellt.
medianet traf Markus Mazuran, Geschäftsführer der Agenturgruppe, den Architekten Dieter Spath und Bence Gerencsér, Business Development and Facility Manager, der innerhalb des House of Communication die Koordination aller Beteiligten übernommen hatte, zum Gespräch. Diskutiert wurden die Hintergründe des Umbaus und wie es sich nun, ein paar Wochen nach Fertigstellung, im völlig erneuerten Agenturstandort und unter dem Motto „Activity Based Working” leben und arbeiten lässt.

Platz für mehr

Gebaut hat man nicht nur für den aktuellen Bedarf, sondern auch für eine in Zukunft noch wachsende Agenturgruppe. Künftig hat niemand mehr einen konkret zugewiesenen angestammten Platz.

Es gibt pro Mitarbeiter 0,8 Arbeitsplätze und dennoch ließe sich für alle Mitarbeiter, wären sie gleichzeitig im Büro, ein Arbeitsort finden. Allerdings sei wegen der Homeoffice-Regelung, wegen Dienstreisen, Krankenständen und Auswärtsterminen ohnedies meist nur rund die Hälfte der Kolleginnen und Kollegen gleichzeitig anwesend.
„Aber ist man einmal im Büro, sucht man sich je nach Tätigkeit einen Ort zum Arbeiten aus”, so Mazuran zu den neuen Möglichkeiten. „Du kannst dich in die Ruhezone zurückziehen, ein Telefonat oder einen Video-Call erledigen, mit einem Team zusammenarbeiten, gemeinsam einen Workshop durchführen – egal, was du brauchst, der entsprechende Arbeitsraum ist vorhanden.”

Neues Raumkonzept

Damit das neue Raumkonzept auch funktioniert, ist es wichtig, am Abend den Schreibtisch leer und aufgeräumt zu verlassen. Diese Clean Desk Policy im House of Communication scheint vorerst keine Probleme zu bereiten. „Eine Erkenntnis war, dass nach dem Umbau diese berühmten Schreibtischschubladen, die von den Mitarbeitern über Jahre hinweg mit unnötigen Dingen vollgeräumt werden, niemandem fehlen. Statt Schubladen gibt es Locker, die man reservieren kann. Doch auch die bleiben zum Großteil unbenutzt”, so Mazuran.

Viel Planung im Voraus

Um dieses neue Arbeiten zu ermöglichen, ließ man sich im Vorfeld des Umbaus extern von Combine Consulting beraten, einem Spezialisten, der schon andere Häuser der Kommunikation für die Serviceplan-Gruppe konzipiert hat. Intern hat man einen Bottom-up-Prozess aufgesetzt, von Anfang an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingebunden und Botschafter installiert, die unter Führung von Combine ein maßgeschneidertes Arbeitskonzept ausgearbeitet haben. Dank einer halbjährlichen Umfrage innerhalb des Unternehmens wusste man ohnedies schon im Vorfeld in groben Zügen, was den Menschen wichtig ist in Sachen Arbeit und Arbeitsplatz.

Der Vorteil eines solche Prozesses: Die Veränderung werden von den Betroffenen stärker mitgetragen und akzeptiert; es gibt weniger Widerstand und Skepsis den neuen Arbeitsbedingungen gegenüber.
Doch nicht nur für die Teams war es eine neue Situation – auch für den zuständige Architekten war es eine ganz neue Erfahrung, weil man als Architekt nicht auch das Raumprogramm entwickeln musste, sondern sich voll auf die Gestaltung und Umsetzung konzentrieren konnte, so Dieter Spath.

Ein Gruppen-Jongleur

Die Koordination zwischen allen Beteiligten innerhalb der Agentur übernahm Bence Gerencsér. Er war der „Jongleur” zwischen dem Bauherrn, den Mitarbeitern und dem Architekten: „Zu Beginn der Bauarbeiten hatten wir coronabedingt noch unbegrenzt Homeoffice. Damals ging es etwa darum, Empfehlungen auszusprechen, wann die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lärmbedingt eher zu Hause bleiben sollten. Es ging aber auch darum, sie über den Verlauf des Umbaus am Laufenden zu halten und jederzeit ein Ohr für die Fragen und Wünsche der Kolleginnen und Kollegen zu haben.”

Apropos Wünsche: Bei all den Dingen, die Bauherr und Architekt zu bedenken hatten, gab es seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein einigendes und dominierendes Thema, das alle beschäftigte: die Akustik in den Arbeitsräumen. Entsprechend wurde darauf besondere Rücksicht genommen – und so sieht man bei einem Streifzug durch die Agenturräumlichkeiten nicht nur Teppiche, schallschluckende Möbel, Bücherregale, eigens entwickelte Akustik-Deckenpaneele, die an das Muster des berühmten Wiener Geflechts erinnern, sondern auch akustisch gut gedämmte Arbeitskabinen, in die man sich für ein vertrauliches Kundentelefonat oder einen ungestörten Videocall zurückziehen kann.

Arbeitsplatz & Arbeitsort

Zusätzlich, auch aufgrund des Arbeitnehmerschutzgesetzes, gibt es neben den verfügbaren Arbeitsplätzen auch sogenannte Arbeitsorte. Diese sind, den gesetzlichen Vorschriften entsprechend, keine vollwertigen Arbeitsplätze, etwa weil kein direktes Tageslicht vorhanden ist, haben sich aber zwischenzeitlich als Begegnungszonen für spontane und kurze Arbeitstreffen verschiedener Mitarbeiter und Arbeitsgruppen etabliert, die sich anlassbezogen treffen. „Natürlich mussten sich die Leute ein bisschen dran gewöhnen, dass es keine fixen Arbeitsplätze gibt. Aber ich glaube, jetzt scheint es schon ganz gut zu funktionieren”, so Gerencsér.

Ein Grill und zwei Köche

Gegen Ende des Rundgangs kommt man im House of Communication auch an einem Griller und in der Küche an zwei Köchen vorbei. Denn: Auch in der Gumpendorferstraße ist das Thema Employer Branding – und wie man für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern attraktiv bleibt – längst angekommen.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL