Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
POSTFAKTUM. Der Facebook-Skandal beherrscht die Schlagzeilen. Vom Datenmissbrauch durch die Analysefirma Cambridge Analytica könnten nach neuesten Zahlen rund 87 Millionen Nutzer betroffen sein. Die Fakten in Kürze: Cambridge Analytica hatte ursprünglich von einer Umfrage-App gesammelte Facebook-Daten unter anderem für den Wahlkampf von US-Präsident Trump aufbereitet und genutzt; wahrscheinlich auch für die Brexit-Kampagne. In beiden Fällen mit großem Erfolg. Das Unternehmen hatte damit geworben, schon aus rund 68 Facebook-Likes eines Users vorhersagen zu können, welche Hautfarbe er hat (95%ige Treffsicherheit), ob er homosexuell ist (88%), Demokrat oder Republikaner (85%), intelligent, katholisch, drogenabhängig … Das Mikrotargeting-Konzept wurde 2008 an der Uni Cambridge entwickelt, später von Cambridge Analytica unter zweifelhaften Umständen erfolgreich kopiert und eingesetzt.
Spektakulär an der ganzen Geschichte ist die zeitliche Verzögerung, mit der die Empörung ins Rollen gekommen ist. Bekannt ist die Geschichte – in allen schmutzigen Details – seit Ende 2016 (siehe https://motherboard.vice.com/en_us/article/mg9vvn/how-our-likes-helped-trump-win). Gleichermaßen bekannt ist das Geschäftsmodell von Social Media-Networks en gros und jenes von Facebook en détail: Bezahlt werden die „Gratis”-Services mit persönlichen Daten; benutzt werden die Daten zu kaufmännischen Zwecken. Und Marketing betreiben nicht nur Waschmittelkonzerne, sondern eben auch politische Parteien.
Unaufgeregt reagiert der Facebook-Chef. Die Delete-Facebook-Aufrufe hätten die Nutzung des Onlinenetzwerks kaum gebremst, sagte Zuckerberg. Wer, wenn nicht er, kennt seine Pappenheimer gut genug für solche Prognosen …
Falls Sie interessiert, wie viele Gigabyte an Daten beispielsweise Google über Sie gesammelt hat – hier wäre der Link: https://takeout.google.com Und: Ja, auch diese Daten werden verwertet.