„Die Kreation folgt immer der Botschaft”
© Lunik2
Harry Kriegner
MARKETING & MEDIA Redaktion 05.04.2024

„Die Kreation folgt immer der Botschaft”

Lunik2-CEO Harry Kriegner über das ­Spannungsfeld zwischen Kreativität, ­Technologie und Strategie im Marketing.

•••Von Sascha Harold

Fast 30 Jahre gibt es die Linzer Agentur Lunik2 bereits. Vor zwei Jahren setzte sie den nächsten Schritt in der Weiterentwicklung und versteht sich gemäß Eigenbeschreibung als „Sinn Marketing Macher”.

CEO Harry Kriegner hat mit medianet über die Rolle von Kreativität angesichts allgegenwärtiger Technologie gesprochen und erklärt, was Lunik2 anders macht als andere Agenturen.

medianet: Die Agentur Lunik2 in Linz hat sich in den vergangenen zwei Jahren weiterentwickelt. Warum war das notwendig und inwiefern haben Sie sich neu ausgerichtet?
Harry Kriegner: Das Thema, das uns schon sehr viele Jahre treibt, ist die Frage, wie viel Kreativität, wie viel Strategie und wie viel Technologie Marketing heutzutage braucht. Es gab eine Zeit, in der Agenturen ausschließlich nach ihrem Kreativitätspotenzial gemessen wurden. Mittlerweile hat sich da die Situation aus unserer Sicht sehr stark geändert, weil jetzt letztendlich Systeme, Tools und Kanäle betrieben werden, die mit Kreativität im klassischen Sinn wenig zu tun haben.

medianet:
Können Sie das noch genauer erläutern?
Harry Kriegner: Ich bringe ein Bespiel – die meisten Textanzeigen, Online-Banner oder Remarketing-Kampagnen sind nicht kreativ, aber sie funktionieren. Dann haben wir noch andere Kommunikationsmittel wie B2B-Kommunikation mittels LinkedIn , die brauchen die Kreativität in der klassischen Sichtweise eines beeindruckenden Bildes und des inspirierenden Textes eigentlich nicht. Auch eine ­Google-Anzeige braucht nicht so viel Kreativität, wie Werber das vorbeten. Und dann kommt jetzt die Künstliche Intelligenz dazu: Es kommen immer mehr Tools auf den Markt, die sehr viele Marketingaufgaben übernehmen und damit einen stärkeren Platz einnehmen. Es gibt mittlerweile für Social Media eigene Tools, die sehr präzise wissen, wann welche Zielgruppen auf welchen Kanal reinschauen, was sie brauchen und was sie erwarten.

medianet:
Es geht also um Kreativität versus Technologie …
Kriegner: Es geht im Grunde um die Frage, wo die Reise des Marketings letztlich hingeht. Braucht es diese Kreativität noch? Welche Tools werden durch intelligenten Einsatz dem Marketing helfen, mehr Erfolge zu erzielen? Und in welchen Punkten oder Disziplinen ist Kreativität noch richtig gefragt? Diese Themen bewegen uns sehr stark und da haben wir als Agentur den Spagat geschafft, Kreativität, Strategie und Technologie so einzusetzen, dass sie für den Kunden maßgeblichen Erfolg bringen.

medianet:
Lunik2 hat sich bei den Kunden vor allem auf KMU spezialisiert, was bedeutet das fürs Marketing?
Kriegner: Unsere Kunden sind Klein- und Mittelunternehmen, die rund 90 Prozent der heimischen Wirtschaft ausmachen. Und die sind hauptsächlich darauf angewiesen neue Kunden zu gewinnen und ihre Marke zu etablieren. Und sie haben natürlich keine Millionenbeträge für Marketing. Das ist die Herausforderung: den Kernwert des Unternehmens und daran anknüpfend die zu kommunizierende Botschaft herauszufiltern. Die Frage ist dabei, was letztlich beim Kunden hängenbleiben soll? Und da geht es zum einen um den kognitiven Aspekt: Was weiß man nachher mehr als vorher? Und zum anderen um den emotionalen Aspekt: Was fühle ich anders, was ich vorher nicht gefühlt habe? Es passiert meiner Meinung nach immer noch zu wenig, diese faktischen und emotionalen Werte vorher exakt zu definieren.

medianet:
Inwiefern unterscheidet sich da Lunik2 von anderen Agenturen?
Kriegner: Wir haben den sogenannten Sinn-Marketingstrategie-Prozess, kurz SMS, entwickelt, mit dem wir seit vielen Jahren arbeiten und der immer zu einer sehr präzisen Ausgangslage führt. Dieser Prozess soll die produktgetriebene Sichtweise auf Unternehmen, die sich auf Nutzen und Leistung konzentrieren, mit der marktgetriebenen Sichtweise vereinen, die zeigt, was die Menschen da draußen überhaupt wollen, wen man also ansprechen soll. Erst wenn sich da dieser Kreis schließt, entsteht funktionierendes Marketing. Diese strategischen Ankerpunkte müssen geklärt sein, bevor es überhaupt in die Kreation gehen kann.

medianet:
Wie kann man sich diesen SMS-Prozess vorstellen?
Kriegner: Wir als Agentur sitzen mit dem Unternehmen an einem Tisch, wobei hier entscheidend ist, dass mit Geschäftsleitung, Vertrieb, Marketing und Bereichsleiter alle Köpfe des Unternehmens dabei sind. Dann starten wir diesen Diskurs und es werden aus unserer Fachexpertise viele, mitunter auch unangenehme, Fragen gestellt. Der Kunde liefert dann Antworten aus seiner Fachexpertise heraus. Die Medienkanäle sind in dieser Phase zweitrangig, weil eine gute und richtige Botschaft funktioniert über alle Kanäle.

medianet:
Und dann kommt die Kreation ins Spiel …
Kriegner: Genau. Dann geht es in die Kreation rein. Die Kreativität einer Agentur zeichnet sich natürlich über das ästhetische Verständnis von Text und Bild aus. Spannend wird es aber vor allem wegen der sehr hohen Komplexität von Kommunikationskanälen. Wie interpretiere ich die Botschaft auf welchem Kanal, welche Stilmittel und Textmittel braucht es auf Social Media? Welche braucht es im TV? Welche braucht ein Plakat? Unsere Aufgabe als Agentur ist es, diese enorme Komplexität von Kanälen so zu steuern, dass das Marketing erstens funktioniert, zweitens leistbar bleibt und drittens einen Erfolg bringt. Und da heißt es oft auch, auf Kanäle zu verzichten und dafür andere gut zu machen. Das ist eine Mission von uns, die Komplexität im Marketing für Unternehmen zu reduzieren.

medianet: Hat sich die Rolle von Kreativität also verändert?
Kriegner: Ich denke ja. Wir haben bei unserer Gründung vor 27 Jahren wie jede andere Agentur auch auf Kreativität und lässige Headlines gesetzt. Irgendwann kam allerdings der Punkt, an dem wir festgestellt haben, dass Diskussionen um Farbschattierungen den Geschäftserfolg des Kunden nicht maßgeblich beeinflussen. Natürlich ist ein Kreativpreis schön, das ist nicht das Thema. Unser Anspruch ist aber, dass wir Erfolg beim Kunden sehen wollen. Deshalb auch die Änderung unserer Eigenbeschreibung weg von Werbeagentur und hin zu Sinn Marketing Macher. Kreativität äußert sich heute im Kanalverständnis, im kreativen Einsatz von Tools, im Verstehen von Kundenbedürfnissen, im Finden von relevanten Botschaften und natürlich in der verständlichen Interpretation dieser Botschaften.

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