Gastkommentar ••• Von Jochen Schneeberger
WIEN. Mehr als 80 Prozent der heimischen, digitalen Werbeausgaben fließen laut der „Momentum Spendingstudie 2023 und Prognose 2024” aus Österreich an internationale Riesen wie Google, Facebook, Amazon, TikTok und Co. Große Teile der Mittel wandern ins Ausland, die heimische Wirtschaft bleibt vielfach auf der Strecke.
Steuerlücken und Monopole
Die fehlende Zweckbindung der Digitalsteuer und die geringe Steuerleistung der Big Techs hinterlassen Lücken in der heimischen Wertschöpfungskette – Geld, das beispielsweise für Ausbildungsplätze, Digitalisierungsinitiativen und Investitionen in die Infrastruktur genutzt werden sollte. Zeitgleich wird der Wettbewerb durch die Monopolstellung von Big Tech – ein Unternehmen kontrolliert weiterhin 90 Prozent des Suchmaschinenmarkts – erheblich verzerrt. Österreichische Publisher und Content-Portale verlieren an Reichweite, während die Dominanz internationaler Plattformen rasant weiterwächst.
Ein kritischer, oftmals vernachlässigter Punkt ist die Rolle von Big Tech in der Informationspolitik. Aggregierte Nachrichtenportale dominieren die Informationsflüsse, stark beeinflusst durch die Algorithmen der Konzerne. Diese Entwicklung birgt Risiken für die freie Meinungsbildung und schwächt demokratische Grundstrukturen.
Weniger Meinungsvielfalt
Vor allem junge Menschen, die selten auf etablierte Medien zurückgreifen, sind anfällig für einseitige und beeinflussende Inhalte. In politisch instabilen Zeiten ist dies mehr als nur besorgniserregend.
Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger müssen sich der oftmals indirekten, aber häufig weitreichenden Verantwortung bewusst sein, die mit der Wahl ihrer Werbeplattformen einhergeht, und dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass ihre Botschaften im schlimmsten Fall auch auf Plattformen ausgespielt werden, die Hassrede und Fake News verbreiten. Denn dies könnte möglicherweise auch langfristig schädliche Auswirkungen auf ihre Markenreputation haben.
Politik muss eingreifen
Getragen werden muss dieser Ausgleich am Ende des Tages durch politische Maßnahmen. Von effektiveren Steuergesetzen bis hin zu einer besseren Regulierung der Monopolstellungen gibt es viele mögliche Ansatzpunkte. Ein koordiniertes Vorgehen, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene, ist dabei unverzichtbar. Mit einer Allianz aus Unternehmen, Agenturen und politischen Entscheidungsträgern müssen dringend konkrete Schritte gesetzt werden, um den digitalen Standort Österreich zu stärken.
Bewusstsein schärfen
Denn letztlich steht nicht nur die Zukunft der Branche, sondern auch die demokratische Kultur Österreichs auf dem Spiel.
Als größter digitaler Marktplatz Österreichs sehen wir es daher als unsere Pflicht, selbst mit gutem Beispiel, vor allem in puncto Transparenz, voranzugehen und unermüdlich daran zu arbeiten, dass weniger Spendings ins Ausland abwandern.
Das Jahr 2025 muss das Jahr sein, in dem wir uns unserer Verantwortung bewusst sind, gemeinsam handeln und den digitalen Standort Österreich nachhaltig stärken!