Herr Syrch. Ihre Agentur bietet unterschiedliche Dienstleistungen für mehrere Branchen, unter andere Medien an. Und hier lautet ein Credo von Ihnen, dass redaktionelle Unabhängigkeit vor allem durch wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen sei. In Zeiten abfließenden Budgets hin zu den Big-Techs ein immer schwierigeres Unterfangen.
Ständiger wirtschaftlicher Druck ist eine schlechte Basis für unabhängigen Journalismus – insbesondere, wenn es um politische oder wirtschaftliche Berichterstattung geht. Und es muss auch nicht sein – wirtschaftlicher Erfolg ist möglich. Vor allem dann, wenn Angebot und Nachfrage im Medien- und Kommunikationsbusiness übereinstimmen.
Wie in jeder Branche geht es um Innovationsgeist, um Weiterentwicklung – um die Fähigkeit, auf Kundenbedürfnisse einzugehen. Im Fall der Medien sind das die werbenden Unternehmen. Der Bedarf dieser Unternehmen zu kommunizieren steigt – und wird auch in Zukunft weiter steigen. Viele Medien schaffen es aber nicht, in ausreichendem Maße davon zu profitieren, weil sie immer noch viel zu sehr auf den reinen Anzeigenverkauf fokussiert sind, die Hauptargumentation auf den Mediadaten und zu wenig auf nachgefragten Gesamtlösungen liegen.
Wie wichtig sind staatliche Förderungen für Medien?
Förderungen können, richtig eingesetzt, einen wichtigen Beitrag zur Innovationskraft des Medienstandort Österreich leisten. Im Moment entwickeln sich viele große Medienunternehmen des Landes in Richtung negative Zahlen. Das spricht für mich nicht für einen gesunden Medienstandort.
Zwei Dinge dürfen im Zuge von Medienförderungen keinesfalls passieren. Erstens: Medien dürfen dadurch nicht in eine Abhängigkeit von der Politik geraten. Zweitens: Medien dürfen den Anreiz nicht verlieren, innovativ zu bleiben.
Vielmehr sollte eine vielfältige, qualitätsvolle Medienlandschaft gefördert werden – dazu gehört es auch, neue, vielversprechende Konzepte zu belohnen, unabhängig von der Größe des Unternehmens.
Wichtig werden vermutlich auch neue Erlösquellen für Medien sein. Wo könnten diese liegen?
Wir sehen in der Praxis, dass es noch viel Bestehendes zu verbessern gibt, das für mehr Relevanz und sichtbaren Impact sorgen würde. In der Sonderthemengestaltung der Printmedien sieht man immer wieder Diskrepanzen zwischen Redaktion und Anzeigenverkauf – hier könnte es effektiver sein, sich gemeinsam auf die Themen zu konzentrieren, die für die Zielgruppe am relevantesten sind. Natürlich sind auch Zeitgeist und Aktualität wichtig – Themenpläne, die über Jahre ohne Änderungen wiederverwendet werden, bilden nicht die Schnelllebkeit und Komplexität der Zeit ab. Es gab Medienhäuser, die während Corona Fernreise-Schwerpunkte gebracht haben, die derzeit den Fokus auf Luxusimmobilien und Eigentum legen, wenn gerade der Mietmarkt boomt.
Es darf auch nicht sein, dass in einem digitalen Format weder Verlinkung noch weiterführende Informationsquellen zu finden sind. Ich glaube, dass es zahlreiche, relativ einfache Hebel gäbe, mit denen man viel bewegen könnte. Es müssen nicht immer hochkomplexe und brandneue Konzepte sein.
Was hinzu kommt: Die moderne Medienlandschaft ist multimedial – trotzdem werden in vielen Medienhäusern Digital, Print, Video und mehr als komplett getrennt behandelt, sind teilweise sogar getrennte Unternehmen die sich konkurrenzieren. Konsumenten denken nicht in diesen getrennten Kategorien. Mit entsprechend medienübergreifenden Werbeleistungen könnte man viel mehr Erfolg erzielen – und darauf aufbauend dann neue Lösungen entwickeln.
Sie stellen Kunden eine provokante Frage: „Verkaufen Sie Anzeigen oder bieten Sie Lösungen für zeitgemäße und begehrte Kommunikation?“ – wie kann diese „zeitgemäße und begehrte Kommunikation aussehen?
Jeder, der ein Produkt verkaufen will, muss dem Kunden glaubhaft erklären können, welchen Vorteil er sich davon erwarten kann. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten wie diesen schalten Unternehmen immer weniger reine Image-Inserate. Man erwartet einen messbaren Mehrwert – der Absatzgedanke steigt. Dieser wird von den Kunden auch immer kritischer hinterfragt, genaue Reportings verlangt.
Der Vertrieb in Medienhäusern muss sich mehr Richtung Produktmanagement werden, muss eigentlich agieren können wie eine Agentur. Das bedeutet, ich muss die Bedürfnisse und Ziele meines Kunden – des werbenden Unternehmens – kennen und genau dafür eine Lösung finden. Dazu gehört es, aus selektierten Werbeleistungen ein individuelles Paket zusammenzustellen, dass meinem Kunden einen dokumentierbaren Erfolg bringt – und ich muss meinen Kunden auch bis zu diesem Erfolg begleiten, die Zusammenarbeit endet nicht mit Anzeigenschluss.
Die meisten Medienhäuser vereinen eine Vielzahl von Mediengattungen und könnten dadurch auch viel bessere Lösungen anbieten. Es geht darum, Vernetzung klar verständlich, im Sinne des Kundeninteresses, zu erklären und multimediale, maßgeschneiderte Pakete zu erstellen, die messbaren Mehrwert erzielen.
Wenn die Messbarkeit so wichtig ist: Bedeutet das, dass Print keine Chance mehr hat?
Das mag auf den ersten Blick so scheinen, aber ich halte es für falsch. Ja, man hört immer von sinkenden Umsätzen im Print, aber das ist zu sehr vereinfacht. Unternehmen müssen kommunizieren, mehr denn je, es verteilt sich nur auf viel mehr unterschiedliche Medienarten und Plattformen. Natürlich sind Zugriffszahlen, Verweildauern und ähnliches im digitalen Bereich besser messbar – aber wenn es darum geht, was wirklich konkreten Erfolg bringt, dann sieht man, dass Print ein ganz wichtiger Baustein ist, den man richtig einsetzen und kombinieren muss. Das Wesentliche liegt darin, die eigene Zielgruppe genau zu kennen – dazu muss man sie sichtbar machen. Im Digitalbereich bedeutet das, aus einer IP-Adresse einen Menschen zu machen. Im Print könnte man das beispielsweise über Eventanmeldungen und -registrierungen lösen, bei denen der Werbetreibende mit seinen Kunden dann Face to Face in Kontakt tritt oder sein Produkt die Möglichkeit hat mit allen Sinnen erfasst werden zu können.
Die meisten Medienhäuser sind bereits jetzt schlank aufgestellt; wo sehen Sie hier noch Potential nach innen, um noch effizienter zu werden?
Schlank heißt nicht automatisch effizient. Es geht darum, in den richtigen Bereichen tätig zu sein – personell werden sich die Schwerpunkte verlagern. Auch wenn ich davon ausgehe, dass es in den nächsten Monaten zu weiteren Personalkürzungen kommen wird, wird man langfristig in einem Medienhaus so viele Spezialisten wie nie zuvor benötigen, da die große Vielfalt an Plattformen nach viel mehr unterschiedlichen Berufsgruppen verlangt. Wer Vertrauen bildet, wer durchdachte Lösungen anbietet, die für den Kunden einen spürbaren Mehrwert bringen, der wird auch gefragt sein. Kommunikation ist ein Erfolgsgeschäft – man muss nur das richtige Produkt haben, um an diesem Erfolg teilhaben zu können, dann werden Kunden auch proaktiv auf Anbieter zukommen.