„Hob’n Sie kan Ausweis?”
© APA/EXPA/Johann Groder
Florian Tursky
MARKETING & MEDIA Redaktion 07.12.2023

„Hob’n Sie kan Ausweis?”

Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Aber wie? Eine Analyse der Agenda Austria.

WIEN. Die öffentliche Verwaltung endlich digitalisieren, das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der Durchbruch steht aus. Eine Studie der Agenda Austria zeigt, woran das liegt und wie es besser zu machen wäre.

Am Dienstag dieser Woche wurde die Handy-Signatur abgeschaltet und durch ID-Austria ersetzt. 38% der Bürger müssen auf eine neue elektronische Identität umsteigen, neun Prozent verwenden ID-Austria bereits. Aber für mehr als die Hälfte der Bürger ändert sich nichts – sie konnten sich mit diesen digitalen Angeboten nicht anfreunden.

Vor allem im Vergleich mit Nordeuropa hinkt Österreich hinterher. In Estland etwa haben 99% der über 15-Jährigen eine elektronische Identität. So gut wie alle Behördenwege können Esten online erledigen. Bald wird es sogar möglich sein, sich per Mausklick scheiden zu lassen.

Dass die Digitalisierung zu den wichtigsten Zukunftsfeldern gehört, ist der heimischen Politik klar. Mit Florian Tursky gibt es dafür einen eigenen Staatssekretär. Die öffentliche Verwaltung ist internationalen Rankings zufolge dennoch nur durchschnittlich digitalisiert, der Abstand zum Spitzenfeld groß.

Baustelle digitale Identität

Warum? Das Ergebnis in Kurzform: Nicht nur die heimische Politik ist säumig, auch die Bürger könnten mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen. Letztlich hätten alle etwas davon, wenn die Digitalisierung im Land Fahrt aufnähme. Dreh- und Angelpunkt aller Bemühungen ist die digitale Identität. Ohne den elektronischen Ausweis geht gar nichts. Leider ist dieser Bereich in Österreich eine Dauerbaustelle. Es begann 2005 mit der Bürgerkarte, die nur von ein paar Tausend Nutzern verwendet wurde. Seit 2009 gibt es die Handy-Signatur, die nun in ID-Austria überführt wird. Letztere hat, wie der Rechnungshof kritisierte, eine Verspätung von rund dreieinhalb Jahren. Aber es fehlt auch an der Bereitschaft, Neues auszuprobieren, wie Umfragen zeigen.

Entscheidend wären, so die Studienautoren, administrative Reformen, die den digitalen Austausch mit den Behörden grundsätzlich vereinfachen. Ein Beispiel: In Estland wird Ein-Personen-Unternehmen die fällige Steuer am Monatsende automatisch vom Geschäftskonto abgebucht. Um mehr Menschen für digitale Angebote zu begeistern, wären Anreize hilfreich, etwa Rabatte, wenn Gebühren online überwiesen werden. Besonders wichtig ist die Schaffung von Vertrauen in die Datensicherheit sowie maximale Transparenz aufseiten der Behörden. (sb)

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL