"Im Westen nichts Neues" mit vier Oscar-Auszeichnungen
© Engin Akyurt
MARKETING & MEDIA Redaktion 13.03.2023

"Im Westen nichts Neues" mit vier Oscar-Auszeichnungen

Nie zuvor war ein deutscher Film bei den Oscars so erfolgreich wie das Antikriegsepos "Im Westen nichts Neues". Die Indie-Sci-Fi-Komödie "Everything Everywhere All at Once" ist jedoch der große Gewinner der 95. Oscars.

HOLLYWOOD. Die Indie-Sci-Fi-Komödie "Everything Everywhere All at Once" ist der große Gewinner der 95. Oscars. Bei der Gala in Hollywood setzte sich das Werk des 35-jährigen Regieduos Daniel Scheinert und Daniel Kwan breitflächig gegen die Konkurrenz durch und wurde als bester Film ausgezeichnet. Neben der Königskategorie erhielt die Produktion auch den Regieoscar und Michelle Yeoh die Ehrung als Hauptdarstellerin. Insgesamt konnte das Werk sieben Oscarstatuetten mit nach Hause nehmen.

Ke Huy Quan und Jamie Lee Curtis konnten dabei die beiden Nebenrollenkategorien für sich entscheiden, womit "Everything Everywhere All at Once" letztlich drei der vier Darstellersparten dominierte. Lediglich bei den männlichen Hauptdarstellern, wo die Komödie nicht nominiert war, setzte sich Brendan Fraser durch. Der 54-Jährige wurde für seine Comebackrolle in Darren Aronofskys Theateradaption "The Whale" ausgezeichnet, in der er einen sterbenden, adipösen Hochschullehrer spielt.

"Everything Everywhere All at Once" indes holte sich auch die Sparten Originaldrehbuch und Schnitt. Somit ging die österreichische Hoffnungsträgerin Monika Willi leer aus. Die Editorin war für den Schnitt von Todd Fields Drama "Tár" nominiert gewesen, das keine seiner sechs Nominierungen in einen Oscar ummünzen konnte. Der zweite große Verlierer des Abends ist die irische Parabel "The Banshees of Inisherin", die keine ihrer neun Nominierungen in eine Statuette umsetzen konnte.

Von wegen im Westen nichts Neues: Nie zuvor hat ein deutscher Film bei den Oscars in Los Angeles so viel gewonnen wie die Netflix-Produktion "Im Westen nichts Neues". Das zweieinhalbstündige Antikriegsepos von Edward Berger siegte beim wichtigsten Filmpreis der Welt in vier Kategorien. Bei neun Nominierungen holte die Literaturverfilmung in der Nacht zum Montag in Hollywood die Trophäen für Musik, Kamera, Szenenbild und als bester internationaler Film.

"Was ich wahnsinnig schön finde - dass es vier Oscars sind. Das ist natürlich mehr als wir uns je erhofft haben. Wir haben mit einem gehofft", sagt Regisseur Berger nach der Oscar-Gala, die diesmal ohne Ohrfeige auf offener Bühne vonstatten ging. Dafür bescherte sie aber zum Beispiel erstmals einer Asiatin den Hauptdarstellerinnen-Oscar: Michelle Yeoh für "Everything Everywhere All at Once".

"Im Westen nichts Neues" erzählt von den Grauen des Ersten Weltkriegs aus der Sicht eines jungen Soldaten. Der 17-jährige Paul (gespielt vom Österreicher Felix Kammerer, dem Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer Dank und Anerkennung aussprach) zieht mit seinen Freunden voller Stolz an die Westfront. Diese ist 1917 allerdings längst in einem Stellungskrieg erstarrt. In den Schützengräben Nordfrankreichs trifft Paul und seine Kameraden die Gewalt des Krieges mit voller Wucht. Statt Siege zu feiern, kämpfen die jungen Männer ums Überleben.

Zuvor hatte der Film sieben Bafta-Preise in London gewonnen. Es sei beeindruckend, welche Ehre dem Film aus England und den USA zuteil werde: "Das hat es so noch nicht gegeben. Es ist ein Stück Filmgeschichte", begeisterte sich schon vor den Oscars der Schauspieler Daniel Brühl. Er spielt den um einen Waffenstillstand kämpfenden deutschen Politiker Matthias Erzberger.

Nach der amerikanischen Verfilmung, die 1930 zwei Oscars gewann, hat Regisseur Berger die erste deutschsprachige Verfilmung des Romans von Erich Maria Remarque geschaffen. Das letzte Mal, dass ein deutscher Film im Ausland derart im Fokus stand, war wohl 1983, als "Das Boot" von Wolfgang Petersen für sechs Oscars nominiert war. Der Antikriegsfilm über den Zweiten Weltkrieg gewann dann aber keinen einzigen. Zuletzt nahm 2007 mit dem Stasi-Drama "Das Leben der Anderen" eine deutsche Produktion den Oscar als bester internationaler Film (damals noch "bester nicht-englischsprachiger Film") mit nach Hause.

"Im Westen nichts Neues" ist drastisch und brutal. Man sieht viele Todesarten. Menschen verbrennen in Flammenwerfern, ersticken im Giftgas. In einer Kampfszene stirbt ein verblutender Soldat mit Dreck im Mund. Die Berliner Maskenbildnerin Heike Merker stellte dafür aus zerdrückten Keksen und Müsli, mit Lebensmittelpigmenten eingefärbt, essbare Erde her. Die Kamera (Oscar-Gewinner James Friend) gleitet über den Schlamm des Schützengrabens, ist ganz nah an den Gesichtern der Soldaten. Dann wieder schwebt sie über dem Geschehen, zeigt uns von oben die mit Leichen übersäten Schlachtfelder. Und dazwischen Naturaufnahmen und Ruhe – Sonnenlicht, das durch Winterbäume strahlt, ein plätschernder Bach. Im Gedächtnis bleibt die markerschütternde Filmmusik des ausgezeichneten Komponisten Volker Bertelmann alias Hauschka. Eine dreitönige, düster verzerrte Harmonium-Melodie zieht sich als Motiv durch den Film.

Während das Drama in Deutschland für seinen Fokus auf monumentale Bilder und die vielen Abweichungen von der literarischen Vorlage von Erich Maria Remarque auch kritisiert wurde, ist "Im Westen nichts Neues" im Ausland ein Renner. Dazu trug auch die Verbreitung über Netflix bei. Bei dem Streamingdienst wird der Film unter den nicht-englischsprachigen Produktionen als vierterfolgreichster überhaupt geführt. Und die Statistik bezieht sich nur auf die ersten vier Wochen nach Veröffentlichung.

Sicherlich hat der Erfolg dieses Antikriegsfilms auch etwas mit dem aktuellen Kriegsgeschehen in der Ukraine zu tun - auch wenn "Im Westen nichts Neues" schon 2021 fertig gedreht war und einen Krieg zeigt, der sich politisch mit dem jetzigen nicht vergleichen lässt. Angesichts des starrer werdenden Frontverlaufs in der Ukraine werden allerdings immer häufiger Parallelen zu der Art von Kriegsführung gezogen, wie sie in "Im Westen nichts Neues" zu sehen ist.

Drei weitere Österreicher, die sich zumindest indirekt über den Oscarabend freuen konnten, waren die Kameramänner Niki Waltl, Simon Fraissler und Daniel Dajakaj, die für das Bild des Dokumentarfilms "Navalny" von Daniel Roher verantwortlich zeichneten, der als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Das war vielleicht der einzige politische Moment einer sonst eher traditionell aufgezogenen und gediegenen Gala, durch die Komiker Jimmy Kimmel geführt hatte.

Montag Nacht wurden die Academy Awards (Oscars) zum 95. Mal in Los Angeles verliehen. Vor zwei Tagen wurden die Stimmzettel aller Juroriinnen bei der Filmakademie in Beverly Hills abgegeben. Auch Österreich darf dieses Mal mitfiebern:

Monika Willi wurde in der Kategorie „Bester Schnitt“ für den Spielfilm „Tár“ nominiert, der guteChancen auf mehrere Oscars hatte. Unter den mehrfach nominierten internationalen Filmen ist außerdem das Kriegsdrama „Im Westen nichts Neues“, in dem Burgschauspieler Felix Kammerer die Hauptrolle verkörpert.

»Observer« zeigt in der aktuellen Analyse, wie stark beide Filme sowie die anderen Oscar-Anwärter seit Jahresanfang in der österreichischen und weltweiten Medienlandschaft präsent sind.

„Tár“ sorgt für große mediale Aufmerksamkeit
Von den 14 Filmen, die in den Kategorien „Bester Film“ und „Bester Internationaler Film“ nominiert sind, schafften es beide Filme mit Österreichbezug an die Spitze der nationalen und internationalen Rankings. Das Spielfilmdrama „Tár“, in dem Cate Blanchett eine Dirigentin spielt, deren Karriere infolge eines #MeToo-Skandals zerbricht, landet österreichweit mit 315 Online- und Social-Media-Beiträgen und 176 Printartikeln an erster Stelle.

Der deutsche Kriegsfilm „Im Westen nichts Neues“, der das Schicksal eines Soldaten an der Front im Ersten Weltkrieg beleuchtet, kommt mit 255 Web- und Social-Media-Artikeln sowie 85 Print-Beiträgen auf den zweiten Platz. An dritter Stelle folgt das Fantasy-Actionabenteuer „Everything Everywhere All at Once” mit insgesamt 319 Clippings.

Auch international können „Tár“ mit 51.300 Berichten auf dem vierten Platz und „Im Westen nichts Neues“ mit 40.300 Erwähnungen auf dem sechsten Platz vorne mitmischen. Weltweit erhält „Everything Everywhere All at Once” die stärkste Medienpräsenz (93.300), gefolgt von „Top Gun: Maverick" (57.000) und „The Banshees of Inisherin“ (54.700).

Bei den Interaktionen sind die Podestplätze international unverändert. „Everything Everywhere All at Once” erreicht ein Engagement von 2 Millionen, „Top Gun: Maverick" 1,1 Millionen und „The Banshees of Inisherin“ 984.200.

National erhielt „Im Westen nichts Neues“ mit 635 Kommentaren, Likes und Shares vor dem Actionfilm „Top Gun: Maverick“ (267) die meisten Interaktionen. An dritter Stelle landet der Film „Elvis“ (86).

Für die Analyse wurden global 1,8 Millionen veröffentlichte Online- und Social-Media-Beiträge und österreichweit 2.356 Web- und Social-Media-Artikel sowie 1.169 Printberichte untersucht.

Allein die Gesamtauflage der österreichischen Printartikel zum Thema Oscars 2023 betrug 51,4 Millionen Exemplare. Die potentielle Reichweite der Online-Beiträge kam auf 2,8 Milliarden User:innen und jene der Social-Media-Postings auf 448.500 Follower:innen mit einem Engagement von über 4.100 Reaktionen. (red)

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL