In guten wie in schlechten Zeiten
MARKETING & MEDIA Redaktion 12.11.2021

In guten wie in schlechten Zeiten

Folgen der Reichelt-Affäre: Der Springer-Konzern plant jetzt mehr Beziehungstransparenz.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

KONTRAKTE. Der Axel-Springer-Verlag plant strengere Regeln für alle Beschäftigten. Nein, es geht nicht um schärfere Richtlinien für die redaktionelle Tätigkeit, wie man vermuten könnte – Bild ist die vom Deutschen Presserat meistgerügte Zeitung. Springer will vielmehr als Reaktion auf die Causa Reichelt die 16.000 Beschäftigten per Betriebs­vereinbarung dazu verpflichten, Beziehungen zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten offen­zulegen, so Vorstands­chef Mathias Döpfner in der Financial Times.

Der frühere Bild-Chef Julian Reichelt musste vor ein paar Wochen wegen Vorwürfen des Machtmissbrauchs, verknüpft mit Beziehungen zu Mitarbeiterinnen, sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz den Hut nehmen. Mit dem Betriebsrat, so Döpfner, liefen bereits Verhandlungen zur geplanten neuen Beziehungstransparenz, die sich jedoch „zäh gestalten”. Virulent wurde das Thema nicht nur wegen Reichelts Fehlverhalten, sondern durch den Kauf der US-Mediengruppe Politico im Oktober. In US-Konzernen sind Vereinbarungen, die die intimen Beziehungen innerhalb der Kollegenschaft regeln, nicht unüblich. Büro-Affären sollen mit allen Mitteln gestoppt werden, schon um sich rechtlich gegen Vorwürfe aller Art und deren kostspielige Konsequenzen abzusichern. Ein Highlight sind „love contracts”, die denen, die sich vor Amors Pfeilen nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht haben, zur Unterzeichnung vorgelegt werden (um gleich einmal alle Haftungsfragen zu klären). Steve Easterbrook etwa, Ex-CEO von McDonald’s, hatte Ende 2019 wegen einer ­Affäre am Arbeitsplatz seinen Job verloren.

In Österreich, das bestätigen Untersuchungen zum Thema, gehört das Büro zu den wichtigsten Partnerbörsen. Das dürfte sich nach den diversen kontaktreduzierenden Maßnahmen im Zuge der Coronapandemie eher nicht gravierend geändert haben. Weil: Wo sonst? Die gute Nachricht: Arbeitsrechtlich darf ein Dienstgeber die Beziehung zwischen Mitarbeitern jedenfalls nicht verbieten. Einvernehmlich soll und muss es halt definitiv sein.

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