Jetzt ist der Aufschwung spürbar
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MARKETING & MEDIA sabine bretschneider 23.06.2017

Jetzt ist der Aufschwung spürbar

Österreichs Entscheider verspüren konjunkturellen Rückenwind. Und: Es fließt mehr Geld in Marketing & Werbung.

••• Von Sabine Bretschneider

 

Trotz zahlreicher Unsicherheitsfaktoren blicken zwei von drei Konzernchefs optimistisch auf die globale Konjunktur; sie erwarten, dass die Weltwirtschaft in den kommenden drei Jahren wachsen wird. Das geht aus einer kürzlich von KPMG unter fast 1.300 Vorstands­chefs großer Unternehmen aus zehn Ländern durchgeführten Umfrage hervor. Die aktuelle Prognose des IWF bestätigt diese Einschätzung: Die globale Wirtschaftsleistung, so der Währungsfonds, werde heuer um 3,5% zulegen.

Auch die aktuellsten Daten aus Österreich stimmen heiter: Die heimische Wirtschaft dürfte mit Schwung durch den Sommer gehen und heuer das stärkste Wachstum seit dem Jahr 2011 aufweisen. Dieser Ansicht sind die Experten der Bank Austria. Der Konjunkturindikator des Instituts kletterte im Mai auf den höchsten Stand seit sechs Jahren. Im ersten Halbjahr sei mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von über zwei Prozent im Jahresabstand zu rechnen, so Chefökonom Stefan Bruckbauer.

Es ist gut, es bleibt gut

Die aktuell vorliegende Geschäftsklima-Umfrage von Marketagent.com im Auftrag von medianet beschreibt jetzt die Stimmung unter Österreichs Entscheidern. Das Fazit: Erstmals seit Beginn der Umfrage­serie im Dezember 2015 (Teil 2 der Umfrage wurde im Mai 2016 durchgeführt, Teil 3 im Mai 2017) stehen alle Zeichen deutlich auf Aufschwung. Die wirtschaftliche Situation für das eigene Unternehmen wird von 69% positiv eingestuft (2015: 61,5%; 2016: 66,4%), und knapp jeder Zweite (48,6%) erwartet eine wirtschaftliche Verbesserung für das eigene Unternehmen in den nächsten fünf Jahren (2015: 40,4%; 2016: 43,9%); mit einer Verschlechterung rechnen überhaupt nur mehr rekordverdächtige 15,6%.

Plus für Marketing & Werbung

Besonders erfreulich für die Kommunikationsbranche und deren Dienstleister: Knapp jeder Zweite (49,1%; Mai 2016: 35,1%) plant in den nächsten sechs Monaten Investitionen im Bereich „Marketing & Werbung”. Das ist ein beachtliches Plus von 14% im Jahresabstand. 27,7% der Befragten geben Investitionen in den „Unternehmens­standort allgemein” an, 26,6% der Befragten wollen die Mitarbeiterzahl erhöhen.

Nichts geändert hat sich an den Top 3 der Probleme, die die Unternehmen am meisten belasten: Wieder sind es „hohe Steuern/Lohnnebenkosten”, „bürokratische Hürden” und die „Schwierigkeit, geeignetes Personal zu finden”.

Vorsichtiger für die Branche

In Bezug auf die Branche wird ein ähnliches Bild gezeichnet: 47% beurteilen die gegenwärtige wirtschaftliche Situation in Österreich für die eigene ­Branche positiv (2015: 33,1%; 2016: 38,2%). In der Prognose für die nächsten fünf Jahre agieren die Studienteilnehmer vorsichtiger: Jeder Dritte (33,0%) glaubt an eine weitere Verbesserung der wirtschaftlichen Situation für seine Branche, jeder Vierte (27,8%) an eine Verschlechterung, wobei auch diese Zahlen einem positiven Trend folgen und jeweils einige Prozentpunkte besser eingeschätzt werden als in den Vorjahren. In den Top 3 der größten Branchenhürden schiebt sich in der zwischen hohe Steuern und Bürokratie die „starke Konkurrenz”, die mancher Managerin und manchem Manager Sorgen bereitet.

Investoren? Kein Thema!

Die „Schwierigkeit, neue Investoren zu finden” (5,8%), scheint im Ranking übrigens erst auf Platz 15 und unter ferner liefen auf; im eigenen Unternehmen ist die Bedeutung dieses Problems mit 3,5% noch geringer. Dass das eigene Unternehmen im wirtschaftlichen Umfeld immer um ein gutes Stück besser eingeschätzt wird als die Branche, in der man tätig ist, setzt sich übrigens über alle drei Befragungswellen hinweg durch. Das Hemd ist in diesem Fall den befragten Entscheidern nicht nur näher als die Hose, es wird auch als hübscher beschrieben.

Brexit, Trump, Erdogan …

Aktuell hat Marketagent.com für medianet dieses Mal auch die Abschätzung der Auswirkungen von politischen Umwälzungen auf Österreich und die EU in die Umfrage einbezogen. Die Frage „Wie wird sich der Brexit Ihrer Meinung nach auf die wirtschaftliche Situation in Österreich auswirken?” beantworteten 17,9% mit „eher positiv”, 52% plädierten für ein „weder/noch”, während 30% negative Folgen befürchten; in Bezug auf die Konsequenzen für die EU hält fast jeder Zweite (48,6%) negative Folgen für wahrscheinlich. Für die Antwortmöglichkeit „sehr positiv”, hier waren sich die Befragten einig, entschied sich niemand. Interessant auch die Ergebnisse der Anschlussfrage, die den heimischen Entscheiderinnen und Entscheidern gestellt wurde: „Im Zuge des Brexit wurde auch hierzulande über einen Austritt diskutiert. Würden Sie für einen Austritt Österreichs aus der Europäischen Union stimmen?” Die Ergebnisse: Satte 87,3% der von Marketagent.com befragten Entscheider antworteten mit „Nein, eher nicht” (28,3%) bzw. „Nein, auf keinen Fall” (59%). Und, wiewohl das „Sample” nicht vergleichbar ist: Bei der Volksabstimmung 1994 stimmten 66,6% der Österreicher für den Beitritt.

Ende April hatte auch das EU-Parlament im Gefolge der Brexit-Abstimmung eine Umfrage publiziert: Hier bezeichneten 49% der befragten Briten die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als „gute Sache”; in Österreich stimmten dieser Aussage nur 42% der Befragten zu … Nicht fehlen durfte diesmal auch der Politaufreger Nummer eins, Donald Trump, konkret die „Auswirkungen der ‚America First'-Politik” Trumps auf die wirtschaftliche Situation in ­Österreich bzw. in der EU. Hier regiert eine noch negativer konnotierte Indifferenz als beim Brexit (siehe Diagramme oben): 41,1% befürchten negative Folgen für Österreich, gleich 58,4% nehmen dies für die EU an. Allerdings gibt es bei dieser Frage auch ein anderes Ende des Spektrums: 1,7% der Befragten orten sehr positive Auswirkungen auf Österreich (EU: 1,2%).
Derselbe Test wurde für das bestimmende Thema Nummer drei der vergangenen Monate durchgeführt. Hier lautete die Frage: „Beim Verfassungsreferendum in der Türkei am 16. April 2017 wurde über die Abschaffung des parlamentarischen Systems zugunsten eines Präsidialsystems abgestimmt. Wie werden sich der Erfolg von Präsident Erdogan und die damit verbundenen Änderungen im politischen System der Türkei Ihrer Meinung nach langfristig auf die wirtschaftliche Situation in Österreich bzw. der EU auswirken?” 42,8% sagen, schlecht für Österreich, 48,6% schlecht für die EU, fast die Hälfte enthält sich einer Prognose.

Keine Panik

„Vergleichsweise überschaubar” nennt Marketagent.com-Chef Thomas Schwabl (siehe Kommentar auf Seite 5) die Einschätzung bezüglich der Auswirkungen dieser politischen Verschiebungen. Um auch den Gegenpol abzufragen, nämlich die Erwartungshaltung hinsichtlich der sogenannten neuen Zentristen wie des französischen Neo-Präsidenten Emmanuel Macron oder auch des ÖVP-Reformers Sebastian Kurz, war die Anfang Mai gestartete Geschäftsklima-Befragung leider einen Tick zu früh angesetzt.

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