Medien-News: Presserat zu Femizid
© Jürg Christandl
Dieter Henrich, Präsident Öst. Presserat.
MARKETING & MEDIA Redaktion 10.01.2023

Medien-News: Presserat zu Femizid

"Österreich" verletzte mit Femizid-Bericht Persönlichkeitsschutz.

WIEN. Die Zeitung "Österreich" hat mit einem Femizid-Bericht gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse verstoßen. So verletzte der im vergangenen August erschienene Artikel "Ehefrau durch Stiche in den Kopf getötet" Punkt 5 des Ehrenkodex und damit den Persönlichkeitsschutz, teilte der Presserat in einer Aussendung mit. Im Beitrag wurden neben einigen expliziten Details zum Tathergang auch der Straßenname inklusive der Hausnummer des Einfamilienhauses, wo sich der Femizid zugetragen hatte, genannt. Eine Leserin kritisierte gegenüber dem Presserat die Nennung der Adresse. Der Senat 1 des Selbstkontrollorgans hielt fest, dass das Thema Gewalt gegen Frauen grundsätzlich für die Öffentlichkeit relevant sei. Das Leid, das die betroffenen Frauen und ihre nahen Angehörigen erfahren, dürfe aber nicht durch Berichterstattung vergrößert werden. Im vorliegenden Fall seien die Betroffenen für einen größeren Personenkreis identifizierbar. So wurden neben der Adresse auch das Alter, der Vorname und der erste Buchstabe des Nachnamens des Opfers angeführt. Die "Österreich"-Redaktion hätte "allein schon aufgrund der Brutalität der Tat in besonderem Ausmaß Rücksicht auf die Anonymitätsinteressen des Opfers nehmen müssen", hieß es. Die Veröffentlichung der Adresse sei nicht nötig gewesen, um "dem Informationsbedürfnis der Allgemeinheit Genüge zu tun". Der Presserat fordert "Österreich" auf, über den Ethikverstoß freiwillig zu berichten. Die Zeitung erkennt die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats an, nahm aber nicht am Verfahren teil. (red)

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