Medienvielfalt jetzt wichtiger als je zuvor
© VÖP Michael Gruber
Corinna Drumm und Ernst Swoboda, VÖP
MARKETING & MEDIA Redaktion 07.04.2020

Medienvielfalt jetzt wichtiger als je zuvor

Österreichs Privatsender sichern regionale und nationale Versorgung mit Information und Un­terhaltung.

WIEN. Österreichs Privatsender leisten mit ihren Angeboten einen unverzichtbaren Beitrag zur gemeinsamen Bewältigung der Krise . Sie informieren seriös, umfassend und aktuell auf bundesweiter, regionaler und lokaler Ebene über alle wichtigen Entwicklungen. Dazu gehören tägliche, teilweise stündliche oder sogar halbstündliche Nachrichten, vertiefende Magazin- und Dis­kussionssendungen, Corona-spezifische Reportagen, zusätzliche Liveticker online und on-air, Corona Podcasts u.a. Durch ihr breit gefächertes und hochaktuelles Informationsangebot, das die Privatsender in den letzten Wochen noch deutlich ausgebaut (teilweise verdreifacht) haben, fördern sie auch die notwendige Akzep­tanz der Bevölkerung für die umfassenden, weit in das Leben der Menschen ein­greifenden Maßnahmen von Bund und Ländern. So leisten sie einen wichtigen Bei­trag im Kampf gegen Fake News und Desinformation. 

Sie unterstützen die Bevölkerung in der Krise durch Hilfs- und Unterstützungsationen, wie z.B. mehrere regionale Online-Plattformen für Nachbarschaftshilfe, durch DIY-Anleitungen für nicht erhältliche Produkte oder Dienstleistungen, durch Ideen zur Förderung und Unterhaltung von Kindern oder Fitnessprogramme für zuhause. 

Sie unterstützen soziale und wirtschaftliche Strukturen in Österreich. Sie holen z.B. die systemerhaltenden Österreicher vor den Vorhang, indem sie diese „Helden des Alltags“ in Sondersendungen vorstellen. In ihren Sendungen setzen sie sich für die regionale Wirtschaft ein, indem sie die Menschen zum Kauf regio­naler Produkte ermuntern. Und sie strahlen kostenlose themenspezifische Werbespots aus, etwa gegen Gewalt in der Familie, für die Corona-Nothilfe der Caritas u.a.

Österreichs Privatsender erreichen mehr Menschen als je zuvor
Wie wichtig die Programme der Privatsender für die Österreicher gerade in Krisenzeiten sind, zeigt sich an den aktuellen Nutzungszahlen von Radio‐ und Fernsehen.

Im Radio
Insgesamt hören 77% der ÖsterreicherInnen jeden Tag Radio.
4,7 Millionen ÖsterreicherInnen schalten jede Woche mindestens eines der Privatradios ein.
Die Radionutzung ist mit durchschnittlich 201 Minuten täglich so hoch wie nie zuvor.

Der Strukturvergleich der Altersgruppen zeigt die wichtige Rolle der Privaten deutlich auf: Bei den Privatradios entfallen 80% der Nutzungsdauer auf ÖsterreicherInnen unter 50 Jahren, während beim ORF nur 40% der Nutzungszeit auf diese Altersgruppe entfällt.

Im Fernsehen
- Im März 2020 schauten die ÖsterreicherInnen im Durchschnitt täglich 255 Minuten Fernsehen; das waren um 26% mehr als im Vorjahr.
- Die Zeit, die die ÖsterreicherInnen mit Privatfernsehprogrammen verbringen, ist im März sogar um 29% gestiegen.
- Die privaten Fernsehsender erreichten im März insgesamt sogar über 7 Millionen ÖsterreicherInnen – ein Rekordwert, der verdeutlicht, wie wichtig die Informationsangebote der österreichischen Privat‐TV Sender gerade jetzt sind.
- Auch hier unterstreicht der Strukturvergleich die Relevanz der Privaten: Während Privat‐TV in allen Altersgruppen gleichmäßig genutzt wird, entfallen beim ORF‐TV nur 29% der Nutzung auf ÖsterreicherInnen unter 50 Jahren. In dieser Zielgruppe liegt Privat‐TV mit einer Tagesreichweite von 48% sogar trotz Corona immer noch vor dem ORF.
Die privaten Radio‐ und TV‐Sender erreichen jüngere HörerInnen und SeherInnen also besonders gut. Und dabei sind die stark gestiegenen Nutzungs‐Zahlen der Webseiten und der Apps der privaten Radio‐ und Fernsehsender gar nicht eingerechnet.

Paradox: Trotz historisch hoher Nutzung fallen Werbeerlöse dramatisch
Obwohl die Angebote der privaten Radio‐ und Fernsehsender stärker als je zuvor genutzt werden, bedroht die Corona‐Krise die wirtschaftliche Grundlage privater Rundfunksender: Anders als der öffentlich‐rechtliche Rundfunk, der dank seiner GIS‐Programmentgelte voll abgesichert ist, und anders als Zeitungsherausgeber, deren Umsätze zu einem großen Teil aus Zeitungsabonnements kommen, finanzieren sich Privatsender ausschließlich über Werbeerlöse. Sehr viele Werbekunden haben nun aber – krisenbedingt – ihre Marketingaktivitäten reduziert oder zur Gänze eingestellt. Die Umsatzeinbrüche liegen je nach Sender bei 50 bis 80%. Damit fällt die Finanzierungsgrundlage des privaten Rundfunks fast vollständig weg.

Zwangslage: Hoher Personalbedarf für Radio‐ und TV‐Information und hohe Fixkosten machen Einsparungen kaum möglich

Den Erlöseinbrüchen stehen hohe Kosten gegenüber, die nicht disponibel sind:
- Die Personalkosten können nicht reduziert werden, weil die MitarbeiterInnen in der momentanen Situation sogar mehr als sonst gebraucht werden ‐ für redundante Dienstpläne und abwechselnde Schichtmodelle, und für den gestiegenen Bedarf an aktuellen Informationssendungen. Es ist eine riesige Herausforderung, alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um MitarbeiterInnen zu schützen, den Sendebetrieb sicherzustellen, und sogar noch mehr Qualitätsinhalte zu produzieren, die in der Bereitstellung besonders personalintensiv sind. Kurzarbeit ist für private Medienunternehmen daher kaum nutzbar.
- Und auch bei den Distributionskosten kann nicht gespart werden: Hierzu gehören die terrestrischen Verbreitungskosten (UKW, DAB+, DVB‐T2), die sich auf mindestens 12 Millionen Euro pro Jahr belaufen, sowie die Kosten für Satellitenverbreitung in Höhe von etwa 19 Millionen Euro pro Jahr. Dazu kommen noch Kosten für Kabeleinspeisung oder Verbreitung über IP/Streaming. Diese Distributionskosten fallen in unveränderter Höhe an und sind, u.a. aufgrund von behördlichen Vorgaben, nicht reduzierbar.

Österreichs Privatsender sind systemrelevant und benötigen Schutz und Hilfe
Mit ihren Angeboten sind die Privatsender ein unverzichtbarer Teil des Medien‐Backbones von Österreich, egal ob es um Information oder Unterhaltungsprogramme geht. Sie gehören zu den systemrelevanten Bereichen der österreichischen Volkswirtschaft, die besonderen Schutz verdienen.
Die Privatsender leisten und finanzieren diese Aufgabe alleine und so gut wie ohne Belastung der SteuerzahlerInnen. Für den öffentlich‐rechtlichen Mitbewerber, dessen Auftrag vor allem die Information und Bildung der Bevölkerung ist, zahlen die GebührenzahlerInnen demgegenüber jährlich über 650 Millionen – das 30fache der „Privatrundfunkförderung“.
Privatsender sichern die Angebotsvielfalt, die gerade in Zeiten wie diesen wichtiger ist denn je: Denn jedes Medienunternehmen kann, ob aus gesundheitlichen, wirtschaftlichen oder technischen Gründen, jederzeit ausfallen ‐ auch Unternehmen, die umfassende Isolationsvorkehrungen getroffen oder Ersatzstudios eingerichtet haben. Um für eine solche Situation gewappnet zu sein, müssen die Medienunternehmen resilient sein, um Ausfälle kompensieren und die Bevölkerung weiter mit Informationen versorgen zu können. Medienvielfalt muss gerade heute ganz besonders abgesichert werden.

Bund und Länder müssen Österreichs Privatsender absichern
Der Verband Österreichischer Privatsender wendet sich in dieser Situation an die politischen Entscheidungsträger und bittet um eine zeitlich befristete Übernahme der Distributionskosten sowie um Zuschüsse zur Produktion von Public‐Value‐Inhalten.

Darüber hinaus hält der VÖP es für gerechtfertigt, die Ausgaben der öffentlichen Hand für Medienkooperationen und Werbeaufträge im Jahr 2020 ausschließlich der Bewältigung der Corona‐Krise zu widmen und die österreichischen Privatsender entsprechend ihrer hohen Nutzungswerte in besonderer Weise zu berücksichtigen. (red)

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