••• Von Dinko Fejzuli/Elisabeth Schmoller-Schmidbauer
Gut ein Jahr ist vergangen, seit Michael Pauser den Chefposten bei Ö3 übernahm. Pauser folgte 2023 auf Georg Spatt, der davor seit 2002 die Führung des Hitradios innehatte. Viel ist inzwischen passiert bei Ö3, sowohl vor als auch hinter den Kulissen, wie Michael Pauser erzählt. Zunächst wurden personalstrukturelle Veränderungen vorgenommen, dann eine Programmreform präsentiert. „Ich bin vor einem Jahr mit drei Zielen angetreten, die hießen: ‚So viel ‚Wecker', wie noch nie', ‚So viel Diskussion, wie noch nie' und ‚So viel unterwegs, wie noch nie'”, meint Pauser rückblickend. „Und alle drei Ziele haben wir inzwischen erreicht.”
„Ö3-Wecker Frühstart”
Denn ab Mitte November vergangenen Jahres starteten gleich mehrere neue Formate auf dem Radiosender, unter anderem der „Ö3-Wecker Frühstart”. Die Zielgruppe: Die rund eine Millionen Österreicher und Österreicherinnen, die täglich bereits ab vier Uhr morgens auf den Beinen sind.
„Wir haben jetzt jeden Tag von vier bis fünf Uhr in der Früh eine eigene kleine Morgensendung mit einem zusätzlichen Infoblock um 4.30 Uhr”, so Pauser. „Die beinhaltet den ‚Ö3-Wecker Frühaufsteher Club', dann gibt es zusätzlichen Verkehrsservice und Wetterinfos, damit die Hörerinnen und Hörer auf den Straßen richtig informiert sind. Wir haben insgesamt die Ansprache geändert und das kommt sehr gut an.”
Zusätzlich zum „Wecker Frühstart” hat Ö3 jetzt außerdem zwei weitere Wecker-Sendungen mit der „Ö3-Wecker Weekend-Edition”, die am Samstag und Sonntag morgens ausgestrahlt werden. „Wir haben jetzt also wirklich so viel ‚Wecker', wie möglich”, meint Pauser.
„Frag das ganze Land”
Neben den Morgen-Formaten lag der Fokus der neuen Sendeformate darauf, in Dialog mit den Hörerinnen und Hörern zu treten – ganz nach dem Motto „So viel Diskussion wie noch nie”.
Im Night-Talk „Frag das ganze Land” widmen sich die Moderatorinnen und Moderatoren von Montag bis Donnerstag Themen, die junge Österreicher und Österreicherinnen beschäftigen.
„Da befassen wir uns mit Themen aus der Ö3-Jugendstudie und aus der Studie ‚ORF fragt'”, erklärt der Ö3-Chef. „Und wir gehen ganz gezielt den Interessen des Publikums entlang und orientieren uns an den großen Themen, die unser Land bewegen.” Die Diskussionen drehen sich um Fragen wie „Ist die Ehe ein Modell für die Zukunft?”, „Zahlt sich Wählen überhaupt aus?” oder „Welchen Nutzen hat Ausbildung für meine Karriere?” „In den Sendungen diskutieren vornehmlich junge Menschen. Eine Diskussion auf Augenhöhe kommt immer besser beim Publikum an”, meint Pauser dazu.
Ein weiteres Ziel bei seinem Antritt als Ö3-Chef war es, mehr Präsenz mit der Marke Ö3 zu zeigen. „Wir waren im vergangenen Jahr also auch viel mehr draußen unterwegs”, erzählt Pauser. „Im Rahmen von ‚Frag das ganz Land' besuchten wir zum Beispiel Festivals.”
Dort boten sich auch viele Gelegenheiten, mit den jungen Festivalbesuchern in den Diskurs zu treten. „Es hat sich gezeigt, dass bei Festivals nicht nur Alkohol getrunken wird”, so Pauser lachend. „Ein Festival dauert ja meistens mehrere Tage, und zwischen den Konzerten haben wir mit den Leuten ganz normal aktuelle Themen entlang der ‚Frag das ganze Land'-Sendung diskutiert.”
Mental Health-Festival
Neben den neuen Formaten entstanden im vergangenen Jahr auch einige neue Veranstaltungen. „Besonders stolz bin ich auf das Mental Health-Festival”, so Pauser. „Da haben wir zum ersten Mal geschafft, ein 360-Grad-Paket zu schnüren, das auf sämtlichen Kanälen ausgespielt wurde.”
Als Grundlage dafür wurde zunächst „Kratky sucht das Glück” als Sendung und Podcast entwickelt. „Dafür moderierte Robert Krakty an einem Sonntag, und jede Stunde war eine andere Person zu Gast”, so der Ö3-Chef.
„Dahinter standen sieben Interviews, aus denen dann Audio- und Video-Podcasts produziert wurden, sowie diese Spezialsendung. Zusätzlich dazu fanden Diskussionen mit Experten zum Thema mentale Gesundheit statt, die während der Mental Health-Woche im Radio gesendet wurden”, sagt Pauser. Heuer im Herbst hat Ö3 das „Mental Health Festival” bereits zum zweiten Mal veranstaltet; zu den Gästen zählten unter anderem Influencerin Lisa-Marie Schiffner, der österreichische Rollstuhltennisspieler und Paralympics-Teilnehmer Nico Langmann oder Comedian und Content Creator Erik Seidl.
Weitere Fernsehprojekte, die Ö3 mitproduzierte, waren unter anderem Ö3-Studio Sessions mit Wanda sowie das Format „Treffpunkt Zukunft”, bei denen junge Politikerinnen und Politiker über ihre gemeinsamen Visionen und Ideen zur EU diskutierten. „Denn wir sind ja nicht nur ein Lifestyle- und Entertainmentprodukt, sondern wir sind ja als öffentlicher Rundfunk viel mehr”, erklärt Ö3-Chef Pauser. „Wir wollen also einen Beitrag für die Gesellschaft leisten und dafür, dass die Menschen näher zusammenrücken.”
Höhere Frauenquote
Der Programmreform vorangegangen waren, wie bereits erwähnt, interne personelle und strukturelle Veränderungen, die Pauser gleich zu Beginn umsetzte. „Zunächst haben wir die Führungsmannschaft stark verändert, sodass wir jetzt einen Anteil von über 50 Prozent Frauen haben”, meint Pauser. „Und wir haben die Abteilungsgrenzen zwischen Nachrichten und Ö3 aufgehoben, was sich vor allem bei der Berichterstattung vom Hochwasser ausgezahlt hat.” Denn die Nachrichten sind der eigentliche Teil des ORF-Newsrooms, sind aber personell in der Ö3-Redaktion vertreten. „Inka Pieh ist einerseits stellvertretende Chefredakteurin des Newsrooms, aber auch Ö3-Nachrichten-Chefin”, erklärt Pauser. „Diese örtliche Nähe zu unseren Nachrichtenredakteuren brauchen wir gerade bei Breaking News.”
Näher am Menschen dran
Auch inhaltlich wurden die Nachrichten reformiert. „Sie sind jetzt kompakter und kommen schneller auf den Punkt”, so Pauser. „Damit haben wir die Möglichkeit, mehr Schauplätze darzustellen und der Funktion der Einordnung nachzukommen.” Denn das Ziel ist weiterhin, mehr in Kontakt mit den Menschen zu gehen, wie Pauser betont. „Wenn die Menschen erleben, was wir als Ö3 machen, bringt das Überzeugung und emotionale Bindung zu uns”, sagt er. „Es geht nicht darum, dass die Leute uns dabei zuhören, wie wir es lustig haben. Es geht darum, mit ihnen gemeinsam am Frühstückstisch oder im Auto zu sitzen und sie durch die Arbeit und ihren Alltag zu begleiten.”
„Für mich ein Geschenk”
Große Überraschungen hat es im vergangenen Jahr für Michael Pauser nicht gegeben – er ist seit 25 Jahren on Board von Ö3 und hat viel gesehen und erlebt. „Es ist nichts passiert, was ich nicht erwartete hätte”, betont er. „Grundsätzlich ist es für mich ein Geschenk, in dieser Position zu sein und es erfüllt mich mit Stolz, das machen zu dürfen.” Eine große Marke wie Ö3 kann viele bewegen, wie das „Ö3-Weihnachtswunder” oder die „Ö3-Wundertüte” beweisen. „Und wenn es auch nur die Möglichkeit ist, einen Stau auf einer Autobahn zu verhindern, dann ist das erfüllend”, betont der Ö3-Chef. „Apropos Wundertüte: die feiert heuer 20 Jahre Jubiläum.” Anlässlich des Jubiläums war Moderator Philipp Hansa auf Tour durch Österreich und hat Ö3-Wundertüten verteilt.
„Wir steigen also weiterhin auf’s Gas und sorgen dafür, dass unsere Hörer auch spüren, dass wir uns über sie Gedanken machen”, sagt Pauser mit Blick auf die Zukunft. „Wenn die Menschen Ö3 hören und für sie eine vierstündige Autofahrt gefühlt nur zwei Stunden dauert, dann haben wir etwas richtig gemacht.”