Österreichs Unternehmen nach Corona betroffen, aber optimistisch
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Monica Rintersbacher
MARKETING & MEDIA Redaktion 02.06.2020

Österreichs Unternehmen nach Corona betroffen, aber optimistisch

Trotz zumeist massiver Umsatzeinbußen rechnen vor allem größere Betriebe damit, aus der Krise gestärkt hervorzugehen.

WIEN. Österreichs Unternehmen sind auch inmitten der schwersten Wirtschaftskrise seit Generationen keineswegs in „No-Future“-Stimmung, zeigt eine heute publizierte Studie von
Leitbetriebe Austria und dem Marktforschungsunternehmen Marketagent. An der Studie haben 219 Unternehmen, darunter 90 ausgezeichnete Leitbetriebe, aus allen Branchen, allen Größenklassen und allen Bundesländern teilgenommen. Die Durchführung der Studie wurde von folgenden Institutionen
unterstützt: A-Commerce, Great Place to Work, Opinion Leaders Network, Senat der Wirtschaft.

Deutlich wurde in der Umfrage, wie stark sich die sehr schlechten gesamtwirtschaftlichen Zahlen auf betrieblicher Ebene niederschlagen. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen sehen sich stark oder sehr stark von der Krise betroffen, fast 30 Prozent rechnen mit Umsatzrückgängen von mehr als 30 (in
Extremfällen sogar mehr als 70) Prozent, weitere 56,9 Prozent mit Rückgängen bis 30 Prozent. Weniger als 30 Prozent erwarten eine Rückkehr zum Normalbetrieb bis Ende des dritten Quartals 2020, immerhin 44 Prozent gehen davon aus, dass erst 2021 oder später wieder „Business as usual“
einkehren werde.

Angesichts dieser Zahlen ist es beeindruckend, mit welcher Zuversicht die befragten Unternehmen dennoch in die Zukunft blicken: 81,5 Prozent geben sich optimistisch, fast exakt zwei Drittel rechnen sogar damit, dass ihr Unternehmen am Ende gestärkt aus der Krise hervorgehen wird. Für Leitbetriebe
Austria-Geschäftsführerin Monica Rintersbacher bestätigt die Umfrage die Grundstimmung, die sie seit Wochen bei zahlreichen persönlichen Kontakten verspürt: „Praktisch überall, selbst in den am schwersten betroffenen Branchen, dominiert eher eine Jetzt-erst-recht-Stimmung. Statt Resignation
herrscht Aktion: Es werden neue Vertriebswege gesucht, neue Produktideen umgesetzt, Produktions und Verwaltungsabläufe optimiert und manchmal auch völlig neue Geschäftsmodelle entwickelt. Der Mut und die unternehmerische Kreativität, die hier zu spüren sind, machen mich für den Wirtschaftsstandort Österreich deutlich optimistischer als es alleine der Blick auf die aktuellen Zahlen rechtfertigen würde.“

Die Detailergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Zuversicht der Unternehmen auf schon eingetretenen Veränderungen und konkret geplanten Maßnahmen beruht. Die Krise hat bereits bei
der Mehrzahl der Unternehmen zu Innovationen geführt. So geben 61,1 Prozent der befragten Unternehmen an, dass es durch Corona zu einem Digitalisierungsschub gekommen sei, und 53,7 Prozent betrachten Home Office sowie neue Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten als wichtige
Chance. 40,3 Prozent geben an, dass die Krise den Anstoß zu Veränderungen wie z. B. die Verschlankung betrieblicher Abläufe gibt und mehr als ein Viertel startet die Erschließung neuer Geschäftsfelder.

Eine weitere Erkenntnis der Umfrage sei, dass die Krise auch zu veränderten Ansprüchen an Eigenschaften und Fähigkeiten von Führungskräften geführt habe, erklärt Marketagent-
Marketingleiterin Lisa Patek: „An erster Stelle steht zwar – in Zeiten rascher Veränderungen wenig überraschend – der Punkt Entscheidungsstärke, aber danach folgen mit Aspekten wie Wertschätzung, Motivationsvermögen, Optimismus und Vorbildcharakter gleich vier Nennungen klassischer sozialer
Kompetenzen. Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen und Ehrgeiz finden sich hingegen ganz am Ende der Skala.“

Leitbetriebe erwarten die größten Veränderungen
Bei einigen Kennzahlen gibt es signifikante Unterschiede zwischen den Leitbetrieben und anderen Unternehmen. Besonders auffällig ist das im Bereich der Digitalisierung, bei denen die Leitbetriebe zu 72 Prozent einen Schub durch Corona verzeichnen, bei den sonstigen Unternehmen hingegen nur 52,8
Prozent. Generell wird es bei den Leitbetrieben, die sich auch in höherem Ausmaß von der Krise stark oder eher betroffen sehen, zu mehr Innovationen sowie stärkeren Änderungen der betrieblichen Strukturen und Abläufe kommen als im Durchschnitt der österreichischen Unternehmen.

Große geben der Regierung besonders gute Noten
Ergänzend zu 18 Fragen zu den konkreten Folgen der Krise auf die Unternehmen wurde auch die Zufriedenheit mit den Maßnahmen der Regierung abgefragt. Eine klare Mehrheit von 82 Prozent attestiert dieser, einen „sehr guten“ oder „eher guten Job“ zu machen, wobei große Unternehmen weitaus bessere Noten als kleine vergaben. Die Leitbetriebe waren mit fast 90 Prozent positiver Bewertungen besonders zufrieden.

„Das Ergebnis fällt wahrscheinlich auch deswegen so klar positiv aus, weil wir bewusst nicht zwischen
gesundheitspolitischen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen unterschieden haben und die Antworten großteils bereits knapp nach den ersten Lockerungen abgegeben wurden. Mögliche Unzufriedenheit mit der Umsetzung und dem Tempo der Maßnahmen konnte sich daher auch kaum in
den Bewertungen niederschlagen“, erklärt Leitbetriebe Austria-Geschäftsführerin Rintersbacher. „Die höhere Zufriedenheit der großen Unternehmen und der Leitbetriebe dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Großen, wenn notwendig länger durchhalten, bis sie Unterstützung erhalten. Eine große
Rolle spielt sicher auch, dass sie die bürokratischen Hürden bei der Inanspruchnahme von Hilfsprogrammen besser bewältigen als kleinere Unternehmen, die in aller Regel z. B. über keine
Rechtsabteilung verfügen. Die Regierung sollte daher auch dieses grundsätzlich gute Zeugnis seitens der Unternehmen als Auftrag verstehen, Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen und zur Wiederbelebung der Konjunktur rascher umzusetzen und für die Unternehmen einfacher zu machen.“ (red)

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