ohne-uns.at: Offener Brief der Veranstaltungsbranche an die Bundesregierung
MARKETING & MEDIA Redaktion 24.09.2020

ohne-uns.at: Offener Brief der Veranstaltungsbranche an die Bundesregierung

Der Unmut über unzählige leere Versprechungen, Hinhaltetaktik und Stigmatisierung einer gesamten Branche sei groß.

WIEN. In einem offenen Brief wenden sich die Initiatoren von ohne-uns.at an die Bundesregierung. Der Unmut über unzählige leere Versprechungen, Hinhaltetaktik und Stigmatisierung einer gesamten Branche sei groß. Die wirtschaftlich am Boden liegende Branche, die seit März 2020 mit bis zu 100% Umsatzeinbußen kämpfe, werde von der Bundesregierung im Stich gelassen: Trotz vieler Gespräche komme es zu keinen praktikablen, wirksamen Lösungsansätzen; das versprochene Branchenpaket werde nicht umgesetzt.

„Die vorsichtige Wiederaufnahme von Veranstaltungsformaten der letzten Sommermonate fand bereits in den ersten Tagen nach den Ankündigungen zur Corona-Ampel ein jähes Ende. Veranstaltungen österreichweit auf ‚gelb‘ zu stellen, hat die nächste Stornowelle für unsere gesamte Branche ins Rollen gebracht“, so die Initiatoren. „Der dadurch entstandene Schaden für die gesamte Veranstaltungswirtschaft, das Messe- und Kongresswesen, die Hotellerie und den Tourismus ist fatal.“

Fachmeinungen negiert
Obwohl nach außen davon gesprochen werde, dass Fachexperten zu Rate gezogen würden, werde deren Meinung vollkommen negiert. Die bisherigen – undifferenziert für alle Branchen geltenden – wirtschaftspolitischen Maßnahmen reichten bei Weitem nicht aus, um das Sterben der Veranstaltungswirtschaft zu verhindern.
Ungleichstellung einer Branche

An einem Beispiel machen die Initiatoren Ungleichbehandlungen fest. So sei es nicht nachvollziehbar, dass sich in einem Einkaufszentrum täglich 20.000 Menschen ohne jegliche Möglichkeit des Contact-Tracing aufhalten dürften, gleichzeitig aber Veranstaltungen im Business-Kontext auf derzeit 50 Personen beschränkt seien – ungeachtet räumlicher Kapazitäten und professioneller Hygiene- und Präventionskonzepte durch Covid-Beauftragte.

Fehlende Differenzierung von Privat- und Businessveranstaltungen
„Die regionalen Clusterbildungen finden wir in vielen Bereichen, vor allem bei privaten Feiern, in den Familien, in Vereinen und Bars“, so Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Die Initiatoren von ohne-uns.at betonen, dass diese privaten und vereinsmäßigen Zusammenkünfte nichts mit professionellen Veranstaltungen im Business-Kontext zu tun hätten. Pauschalverurteilungen von Veranstaltungen führten zu weiterer Verunsicherung, Angst und Unklarheit, insbesondere da keine wissenschaftlichen Daten für evidenzbasierte Entscheidungen vorlägen.

Die Initiatoren abschließend: Sich täglich überholende Aussagen der Regierungsspitze, Unklarheiten, fehlende Differenzierung und fehlende Gesetzesgrundlagen zu Veranstaltungen führten zur Verunsicherung einer gesamten Branche und deren Kunden aus Wirtschaft, Sport, Kultur und Politik – sie führten in völlige Unplanbarkeit, Perspektivenlosigkeit. Kurz: in den wirtschaftlichen Ruin.

Im Folgenden der offene Brief der Initiatoren von ohne-uns.at im Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Kurz,
sehr geehrter Herr Vizekanzler Kogler,
sehr geehrter Herr Bundesminister Anschober,

die vorsichtige Wiederaufnahme von Veranstaltungsformaten der letzten Sommermonate fand bereits in den ersten Tagen nach den Ankündigungen zur Corona-Ampel ein jähes Ende. Und Veranstaltungen österreichweit auf „gelb“ zu stellen, hat die nächste Stornowelle für unsere gesamte Branche ins Rollen gebracht. Der dadurch entstandene Schaden für die gesamte Veranstaltungswirtschaft, das Messe- und Kongresswesen, die Hotellerie und den Tourismus ist fatal.

Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, die pauschale Verurteilung und Stigmatisierung von Veranstaltungen muss endlich ein Ende haben. Die fehlende Differenzierung der verschiedensten Veranstaltungsformate und die Ungleichstellung der Veranstaltungsbranche im Vergleich zu beispielsweise dem Handel konterkarieren jegliche wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen wie Kurzarbeit und Fixkostenzuschuss.

Wir als Veranstaltungswirtschaft tragen seit Beginn alle Maßnahmen und Regeln mit. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich in einem Einkaufszentrum täglich 20.000 Menschen ohne irgendwelche Möglichkeiten des Contact-Tracings aufhalten dürfen und Veranstaltungen im Business-Kontext, beispielsweise stehende Veranstaltungen, mit derzeit 50 Personen ohne jeglichen Bezug auf die Kapazitäten beschränkt sind. Zudem es bei diesen Auflagen, Hygiene- und Präventionskonzepte und Covid-Beauftragte zu deren Einhaltung gibt.

Wie Sie ja wissen, sorgen Professionisten bei ihren eigenen Pressekonferenzen, ihren Wahlkampfveranstaltungen, Klausuren und öffentlichkeitswirksamen Auftritten für die reibungslose Durchführung und Einhaltung von Hygienevorschriften. Wir haben dies bereits vor Covid19 gemacht und in den letzten Monaten unter Beweis gestellt, dass wir dies auch mit Covid19 gewährleisten können.
„Die regionalen Clusterbildungen finden wir in vielen Bereichen, vor allem bei privaten Feiern, in den Familien, in Vereinen und Bars“, so Ihre Aussage Herr Gesundheitsminister. All diese privaten und vereinsmäßigen Zusammenkünfte von Menschen haben mit professionellen Veranstaltungen im Business-Kontext nichts zu tun. Pauschalverurteilungen von Veranstaltungen führen zu weiterer Verunsicherung, Angst und Unklarheit, insbesondere wenn keine wissenschaftlichen, evidenzbasierenden Daten zugrunde gelegt werden können.
Unter den restriktiven Maßnahmen leidet kein anderer Wirtschaftszweig nach wie vor so massiv wie die Veranstaltungswirtschaft. Jedoch gewährleisten gerade die wirtschaftsbezogenen Veranstaltungen die Möglichkeit einer sehr sicheren Kontaktnachverfolgung. Mit professionellen Sicherheits- und Hygienekonzepten wurde in den letzten Wochen gezeigt, wie Veranstaltungen wieder sicher und teilweise damit wieder wirtschaftlich durchführbar sind.
Es sind auf die bisherigen, professionell durchgeführten Business-Veranstaltungen und Messen & Kongressformate keine Cluster zurückzuführen. Wenn die Salzburger Festspiele von Ihnen öffentlich als Musterbeispiel hervorgehoben werden ist dies ein positives Signal, es darf jedoch nicht darauf vergessen werden, dass dies nicht die Realität einer privatwirtschaftlichen Umsetzung abbildet.

Veranstaltungen versinken derzeit im rechtsunsicheren Raum – wer sagt was warum und wann ab? Gibt es eine Verordnung dazu? Wird „nur“ aus Vorsicht und Angst abgesagt? Und wer zahlt nun was an wen?

Es braucht endlich Klarheit, in welcher Form es einen Rettungsschirm geben kann, der die Szenarien und wirtschaftlichen Risiken von Veranstalterseite bis zum Zulieferer berücksichtigt. Ein Rettungsschirm wäre ein dringend notwendiges positives Signal für die Branche und unsere Kunden.

Wir brauchen Planungssicherheit statt Ungewissheit und Angstmache. Allzu viel wurde bereits durch einzelne Beiträge von Bundes- und/ oder Landespolitikern mit verunsichernden Aussagen zerstört.

Wirtschaftlich hängen wir durch Ihre zermürbende Hinhaltetaktik in vielen Warteschleifen, denn das Mitte Juni von Ihnen Herr Bundeskanzler zugesagte Branchenpaket, wurde bis heute nicht umgesetzt. Zählen wir nun zu den Härtefällen in der Kurzarbeit Phase 3? Welche Kriterien werden herangezogen? Und wenn ja, wie sollen wir mit gänzlichem Umsatzverlust 10% der Arbeitszeit unserer MitarbeiterInnen finanzieren? Und es gibt noch immer keine Verlängerung des Härtefallfonds.

Vielfach haben diverse Verbände und Interessensvertreter der Veranstaltungswirtschaft ihre Dialogbereitschaft signalisiert, um in Zukunft sichere Events abhalten zu können und so ein Minimum an Planungssicherheit für die kommenden Monate herstellen zu können. Bis heute wurden diese Angebote scheinbar nicht angenommen oder es werden die Fachmeinungen schlichtweg negiert und damit bewusst der wirtschaftliche Ruin einer gesamten Branche in Kauf genommen. Sukzessive entsteht der Eindruck das Veranstaltungen als politscher Sündenbock für die Covid19 Krise herhalten müssen.

Sehr geehrte Bundesregierung, wir fordern den fachlich fundierten Dialog, um mit Fachexpertise und Weitblick eine bereits am Boden liegenden Branche, der die Arbeitsgrundlage fast vollständig entzogen wurde und die mit Umsatzeinbußen von bis zu 100% konfrontiert ist, zu stärken und schlüssige, praktikable Lösungen zur Umsetzung zu bringen.

Die Initiatoren von ohne-uns.at, im Namen von 1200 EPU’s und KMU’s der Veranstaltungswirtschaft, stehen für diesen Dialog weiterhin zur Verfügung.“  (red)

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