Presserat präsentiert Jahresbericht und Fallstatistik für 2023
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MARKETING & MEDIA Redaktion 11.03.2024

Presserat präsentiert Jahresbericht und Fallstatistik für 2023

Gerald Grünberger neuer Präsident.

WIEN. Der Trägerverein des Presserats hat vor Kurzem Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen, einstimmig zum Präsidenten gewählt. Zum Vize-Präsidenten wurde ebenso einstimmig Michael Lohmeyer, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats der „Styria Media Group AG“, bestimmt.

Grünberger freut sich über seine neue Funktion und hält fest: „Der Österreichische Presserat als wesentliche Selbstregulierungseinrichtung der österreichischen Medien verlegerischer Herkunft erfüllt gerade in einer Zeit der Polarisierung und der Flut an Falschmeldungen in den Sozialen Medien eine demokratiepolitisch essenzielle Aufgabe. Qualitätssicherung und Transparenz stärken das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit in professionellen Journalismus. Der aktuelle Rückgang an Ethikverstößen verdeutlicht die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung von Medienunternehmen mit Beschwerdefällen. Diese konsequente und seriöse Auseinandersetzung mit ethischen Fragen der Berichterstattung wird daher auch weiterhin ein bedeutendes Anliegen in den kommenden Jahren sein.“

Fallstatistik 2023
Die Senate des Presserats behandelten im vergangenen Jahr insgesamt 407 Fälle, in 20 Fällen stellten sie Verstöße gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse fest. Seit dem Jahr 2020 hat sich die Zahl der Fälle somit auf hohem Niveau bei über 400 eingependelt (zum Vergleich: 2022 gab es 425 Fälle und 26 Ethikverstöße). Die Ethikverstöße sind zum wiederholten Mal zurückgegangen.

Medienethische Entscheidungen des Jahres 2023
Zu den Persönlichkeitsverletzungen zählten v.a. die Veröffentlichung von Gewaltvideos, etwa die Aufnahmen von brutal zusammengeschlagenen Jugendlichen („oe24“ und „krone.at“) oder eines zu Tode geprügelten Mannes in Indien („oe24“).

Beanstandet wurde auch die Schilderung von brutalen Details zu einer Vergewaltigung mit Todesfolge („Der Standard“).

Ein weiterer Ethikverstoß war ein Artikel über den Leiter der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst in der rechtsnationalen Wochenzeitschrift „Zur Zeit“ – wegen seiner arabischen Herkunft wurde ihm vorgeworfen, gegen muslimische Tatverdächtige weniger konsequent vorzugehen.

Wegen der vollen Namensnennung der vermeintlichen „Oligarchennichte“ aus dem „Ibiza-Video“ gab es für „kurier.at“ einen geringfügigen Verstoß, für „oe24“ hingegen einen Verstoß, weil dort zusätzlich noch der Führerschein und der Wohnort der Betroffenen veröffentlicht wurde.

Als medienethisch zulässig wurde hingegen die Veröffentlichung von Porträtfotos und vollen Namen der Mitglieder der SPÖ-Wahlkommission mit der Schlagzeile „Kommission des Versagens“ auf der Titelseite der „Kronen Zeitung“ angesehen. Ausschlaggebend dafür war das große öffentliche Interesse an den gravierenden Unstimmigkeiten der Wahl des SPÖ-Vorsitzenden.

Außerdem beschäftigte sich der Senat 1 mit einer Schlagzeile auf „oe24“, in der fälschlicherweise vom Karriereende Armin Wolfs die Rede war (der dazugehörige Artikel bezog sich auf eine dubiose Webseite, die die Falschinfo zum Clickbait einsetzte). Der Senat stellte hier einen Verstoß gegen das Gebot der korrekten Wiedergabe von Nachrichten fest (Punkt 2.1 des Ehrenkodex).

Irreführende Überschriften, die bewusst zweideutig angelegt sind, kritisierte auch der Senat 2 in einer Allgemeinen Stellungnahme. Der Senat nannte u.a. folgende Beispiele:

„Klima-Kleber werben Wiener mit Geldformular an“ - im dazugehörigen Beitrag wurde lediglich über einen Fragebogen der „Letzten Generation“ berichtet, in dem u.a. auf die Möglichkeit einer Spende an die Protestbewegung hingewiesen worden war.

„Ohnmachtsanfall! Biden muss Rede unterbrechen – dem Artikel zufolge musste Biden die Rede zwar unterbrechen, den auslösenden Ohnmachtsanfall dafür habe jedoch eine zuhörende Studentin erlitten.

Darüber hinaus gab der Senat 1 eine Allgemeine Stellungnahme zur Veröffentlichung von Kriegsbildern ab. Der Senat betonte einerseits, dass die Öffentlichkeit einen Anspruch hat, über das Ausmaß und die Brutalität von Kriegshandlungen und Terroranschlägen informiert zu werden – so auch im Falle der grausamen Ermordungen von israelischen Zivilistinnen und Zivilisten durch die Hamas. Andererseits sollte jedoch auch der Persönlichkeitsschutz der Opfer und der Umstand berücksichtigt werden, dass Terrororganisationen ein Interesse an der Verbreitung brutaler Bilder haben.

Der Tätigkeitsbericht 2023, in dem einige der genannten Fälle genauer beschrieben werden, sowie die detaillierte Fallstatistik und der Jahresabschluss 2023 stehen online unter  www.presserat.at. zur Verfügung.

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