The Fun Theory
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Spieltrieb Das angeborene Sozialverhalten tritt vor allem, aber nicht nur in der Kindheit auf.
MARKETING & MEDIA Redaktion 20.09.2019

The Fun Theory

Wie bekommt man die Menschen dazu, etwas Gutes zu tun? Mit Spaß, Neugier und dem Spieltrieb.

WIEN. Zugegeben, die jüngste ist sie nicht. The-Fun-Theory ist zehn Jahre alt und wie ihr Name schon nahelegen mag, hat sie mit Spaß zu tun. Zurück geht sie auf eine Initiative von Volkswagen in Schweden; entwickelt wurde diese von der Agentur DDB Schweden und sorgte schon damals für Schlagzeilen. Die Theorie zeigt uns, wie man das Verhalten der Menschen ändern kann, sie zu dem zu bringen, was man selbst möchte, und sie gleichzeitig damit glücklich zu machen. Was sich nun sehr theoretisch und komplex anhört, wohnt auch dem Begriff Gamification inne.

Treppe statt Rolltreppe

Die Theorie besagt also, dass Menschen ihr Verhalten ändern, wenn sie es mit Freude tun. Sie probieren Neues aus, wenn dies mit Spaß verbunden ist. Langweilige Dinge können so in attraktive Optionen verwandelt werden, die es zu entdecken gilt.

Wir alle wissen beispielsweise, dass es uns allen guttun würde, häufiger die Treppen statt den Aufzug zu benutzen. Während wir auf den Fahrstuhl warten, fühlen wir uns insgeheim schuldig – denn wir haben es wieder nicht geschafft, den inneren Schweinehund zu bezwingen und nun doch endlich die Treppe zu nehmen.
Gerade die Treppe hatte es 2009 DDB angetan. Doch wie macht man eine Treppe zu etwas Aufregendem? Zu etwas, was die Menschen gern benutzen?
Die Agentur verwandelte kurzerhand eine U-Bahntreppe zu einer Klaviertastatur. Nahm man diese, erklangen Töne, als würde man mit den Beinen Klavier spielen. Tatsächlich entschieden sich plötzlich sehr viel mehr Menschen für die Treppe.
Die Agentur ging noch weiter und führte kurzerhand einige solcher Gamification-Experimente durch.
In einem Park wurde so der tiefste Mistkübel der Welt installiert. Tatsächlich konnte von tief nicht die Rede sein, der Mistkübel war lediglich mit einem Soundmodul ausgestattet, welches den Anschein erweckte, als würde der Mist unendlich tief fallen – dies führt dazu, dass die Menschen sogar begannen, den Müll anderer Leute aufzuheben und zu entsorgen.

Die Radarfallenlotterie

Eine der wohl besten Ideen war die „Radarfallenlotterie”, bei welcher alle Autos fotografiert werden. All jene Autos, die sich an die Geschwindigkeitbegrenzung hielten, nahmen an einer Verlosung teil, bei welcher jenes Geld verlost wurde, welches jene Fahrer zahlen mussten, die zu schnell gefahren waren.

Bewegt man sich im Terminus der Theorie, so könnte man also sagen, dass die Fun-Theory sich bewahrheitet hat. Alle Aktionen wurden von den Menschen positiv angenommen. Die Treppe inklusive Piano, die sich direkt neben einer Rolltreppe befand, wurde 66% häufiger genutzt. Doch was ist es, was uns Menschen so sehr am Spiel reizt? Gamification spricht unser Belohnungssystem im Gehirn an. Die positiven, angenehmen Reize bringen uns dazu, uns auf die gewünschte Art und Weise zu verhalten und negative Anreize wie Bestrafung zu vermeiden.

Zahlreiche Touchpoints

Neben den Beispielen der Fun-Theory schlägt sich Gamification schon in banaleren Aktionen nieder. Egal ob die Punktejagd im Supermarkt, die beliebten Vielfliegerprogramme oder das Rabattkartensystem – es gibt wenig Menschen, die in Zeiten von ausgefeilten Kundenbindungsprogrammen noch nicht mit Gamification in Berührung gekommen sind.

Nun könnte man meinen, mit dem Punkesammeln sei es getan. Viele Kritiker geben allerdings zu bedenken, dass eine Gamification-Anwendung erst dann erfolgreich ist, wenn der Nutzer dauerhaft motiviert wird. Auch die Bedeutung der Community wird immer wieder hochgehalten. So spielen Teilnehmer zwar gern gegeneinander, fühlen sich aber mit dem Wissen gut, der Teil eines großen Ganzen zu sein. Zusammengefasst: Es geht um das motivierende Ganze. So ist der Erfolgsanreiz für den Nutzer dann am höchsten, wenn ein ständiger Aufgabenstrom vorhanden ist. Es geht also nicht um kurze Erfolgserlebnisse. Das Prinzip von Gamification findet seinen Einzug auch immer wieder andernorts, wo man sie wohl nicht vermuten würde.

Kindergerecht

Schon der Schriftsteller Mark Twain (1835–1910) machte sich Gamification zu nutze. Die Romanfigur Tom Sawyer ließ er in einem seiner Bücher einem anderen Jungen das Streichen eines Zauns so gut anpreisen, dass dieser am Ende sogar dafür bezahlte. Oder um es mit den Worten Mark Twains zu sagen: „Ohne es zu wissen, hatte er entdeckt, dass man, wenn man eine Sache als unerreichbar darstellt, die anderen dazu bringt, sie tun zu wollen. Wäre Tom ein großer weiser Philosoph gewesen, dann hätte er jetzt verstanden, dass eine Arbeit nur lästig ist, wenn man sie tun muss. Wenn man sie jedoch freiwillig tut oder sogar etwas dafür bezahlen muss, dann macht sie Spaß.” (gs)

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