WIEN. Schlechte Nachrichten für die Automobilindustrie: Hohe Rohstoffpreise, Investitionen in die Elektromobilität und steigende Zölle haben die Gewinnspanne der Hersteller weltweit auf den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise gedrückt. Wie aus einer Untersuchung der Wirtschaftsberatung EY hervorgeht, sank der Absatz der verkauften Fahrzeuge im dritten Quartal erstmals seit 2009 um 3,7 Prozent auf 18,4 Mio. Fahrzeuge. Und auch der operative Gewinn ging zurück: um 3,3 Prozent auf 19,3 Mrd. €.
Kauflaune in China getrübt
„Das dritte Quartal verlief für viele Autokonzerne enttäuschend, und bis zum Jahresende dürfte sich die Lage insgesamt kaum verbessern”, sagt Gerhard Schwartz, Partner und Sector Leader Industrial Products bei EY Österreich. „In China und den USA sinkt der Absatz, in Europa führte die WLTP-Umstellung zuletzt zu teils deutlichen Absatzrückgängen. Die weltweite Konjunktur hat sich eingetrübt, und eine weitere Eskalation des amerikanisch-chinesischen Handelskriegs ist nicht ausgeschlossen. Das würde die Kauflaune auf dem wichtigen chinesischen Markt noch weiter bremsen.”
Auch der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht in China den Hauptgrund für die aktuellen Absatzrückgänge. Zum ersten Mal seit 1990 seien dort dieses Jahr die Verkaufszahlen gesunken, vor allem wegen neuer Zölle auf Autoimporte aus den USA. Nächstes Jahr dürften in China sogar 1,9 Mio. Neuwagen weniger verkauft werden als 2017, erwartet der Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.
„Das ist ein harter Einschnitt”, so Dudenhöffer, „denn alle Autobauer haben ihre Produktionskapazitäten erweitert.” In China blieben dann 19% der Kapazität ungenutzt. „Die Party macht also Pause.” Dudenhöffers Einschätzung nach stehen der Branche zwei schwere Jahre „mit empfindlichen Rückgängen bei den Gewinnen” bevor.
Rückgang der Aktienkurse
Zu China kämen weitere Probleme wie der Brexit und immer mehr Fahrverbote und Einschränkungen für Dieselautos. Außerdem müsse die Autoindustrie unter dem Druck politischer Vorgaben Milliarden in Elektroautos und den Umbau der Werke investiveren.
Der wachsende Druck von zwei Seiten „lässt sich an Gewinnwarnungen und dem Rückgang der Aktienkurse ablesen”, sagte Dudenhöffer. „Das Autogeschäft wird schwieriger.”
Hoher Investitionsdruck
Der EY-Analyse zufolge investierten die 16 größten Hersteller der Welt im ersten Halbjahr 2018 rund 34 Mrd. € in Forschung und Entwicklung, das ist ein Plus von 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Ein weiterer Anstieg ist laut EY-Experte Schwartz zu erwarten: „Angesichts der bevorstehenden Neuordnung der Branche sind Autokonzerne gut beraten, bei ihren Innovationsbemühungen nicht nachzulassen. Wer bei den dramatischen Veränderungen der kommenden Jahre tonangebend sein will, muss hohe Summen in die Hand nehmen und zudem die Bereitschaft mitbringen, auch unkonventionelle Partnerschaften einzugehen.” (red)