Belastungstest für das Rückgrat der Wirtschaft
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Christoph Schneider ist Leiter der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich in Wien.
PRIMENEWS 02.10.2015

Belastungstest für das Rückgrat der Wirtschaft

KMU-Politik kann nur Teil umfassenderer Unternehmenspolitik sein.

Gastkommentar ••• Von Christoph Schneider


HÄRTETEST. Mit einem Blick auf die österreichische, aber auch auf die europäische Unternehmenslandschaft erklärt sich, warum KMU-Politik das zentrale Element nationaler und europäischer Unternehmenspolitik ist. Mit einem Anteil von mehr als 99% kleiner oder mittlerer Unternehmen (KMU) gelten sie als wichtiger Arbeitgeber und Ausbildner, erzielen einen Großteil der Wirtschaftsleistung des Landes und wirken darüber hinaus in Zeiten konjunktureller Abschwächung als stabilisierende Größe. Werden sie zu Recht als Rückgrat der heimischen Wirtschaft bezeichnet?

Kleine sind die Größten

Eine Statistik der Wirtschaftskammer mit einer Darstellung der Anteile der mehr als 426.000 Unternehmen im Jahr 2014 nach Größenklassen gemäß der europäischen KMU-Definition und nach ihrer Branchenzugehörigkeit – den Sparten der WKO –, zeigt, dass Kleinunternehmen (definiert als Unternehmen mit bis zu 49 unselbstständig Beschäftigten) mit 98,6% die mit Abstand größte Unternehmensgruppe in Österreich darstellen. KMU stellen in Summe etwas mehr als 60% aller Arbeitsplätze. Davon entfallen 22% auf mittlere und mehr als 38% auf kleine Unternehmen. Gleichzeitig ist zu erkennen, wie bedeutend große Unternehmen für den österreichischen Arbeitsmarkt sind. Denn diese – 1.088 Unternehmen bzw. 0,3% der Unternehmen – stehen für knapp 40% der Arbeitsplätze. Innerhalb dieser Gruppe wiederum sind 171 Unternehmen der Größenklasse „1000+” – mehrheitlich Unternehmen der Sparten Handel und Industrie – für mehr als ein Fünftel der gesamten Beschäftigung verantwortlich.

Aus der Leistungs- und Strukturstatistik 2014 von Statistik Austria geht weiters hervor, dass 59% der Bruttowertschöpfung der gewerblichen Wirtschaft auf die KMU und 41% auf große Unternehmen entfallen. Eine Wirtschaftspolitik, die sich an spezifischen Bedürfnissen der KMU orientiert und beispielsweise für eine KMU-gerechte Gesetzgebung – Stichwort „Think Small First”-Prinzip – eintritt, ist essenziell. Dennoch kann eine KMU-Politik aber nur ein Teil einer umfassenderen Unternehmenspolitik sein, die zum Ziel hat, die Rahmenbedingungen für Betriebe aller Größenklassen und Sektoren in einem per­manenten Prozess bestmöglich zu gestalten.

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