Bauernaufstand oder Fairness?
© BMLRT/Paul Gruber
Für den Handelsverband schießt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger mit der Änderung des Nahversorgungsgesetzes übers Ziel hinaus, die Landwirtschaftskammer begrüßt indes mehr Fairness.
RETAIL Redaktion 19.11.2021

Bauernaufstand oder Fairness?

Der Ministerrat hat eine Änderung des Wettbewerbs- und Nahversorgungsgesetzes auf den Weg gebracht.

WIEN. Mitte November 2021 kam es zum Ministerratsbeschluss zur Änderung des österreichischen Wettbewerbs- und Nahversorgungsgesetzes (= nationale Umsetzung der europäischen UTP-Richtlinie). Diese soll per Jahreswechsel u.a. fairere Wettbewerbsbedingungen für Bauern entlang der Wertschöpfungskette bringen – und sorgt erwartungsgemäß für Unruhe.

„Fragwürdige Änderungen”

Der Handelsverband betont, dass der Lebensmittelhandel sowieso unlautere Geschäftspraktiken kategorisch ablehne und auf eine transparente, faire Zusammenarbeit mit seinen Lieferanten setzt – was den erfolgten Beschluss deshalb mit einem Fragezeichen versieht, weil: „Landwirtschaftsministerin Köstinger hat nun fragwürdige Änderungen eingebracht, welche an den ursprünglichen Intentionen der UTP-Richtlinie völlig vorbeigehen”, heißt es seitens des Handelsverbands.

Konkret geht es dabei u.a. um die Gewährung schlechterer Konditionen im Vergleich zu Mitbewerbern bei gleichwertiger Leistung aus unsachlichen Gründen sowie (damit einhergehend) die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der Vermarktungsformen. Der Geltungsbereich wurde auf 1 Mrd. € Jahresumsatz ausgeweitet – was dem Handelsverband besonders sauer aufstößt.
Denn damit schieße Köstinger übers Ziel hinaus, sie selbst hätte ja gesagt, sie wolle vor allem „kleine” Erzeuger schützen. Nun mutmaßt aber Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will „Klientelpolitik” insofern, als nun gleichfalls große Molkereien geschützt werden dürften.
Weitere Kritikpunkte aus Sicht des Handelsverbandes: Der Käufer dürfe dem Lieferanten bei Bestehen eines wirtschaftlichen Ungleichgewichts ohne sachliche Rechtfertigung bei gleichwertiger Leistung keine unterschiedlichen Bedingungen im Vergleich zu anderen Vertragspartnern gewähren, insbesondere im Hinblick auf die Höhe des Preises oder die Zahlungsbedingungen. „Diese Bestimmung greift erheblich und unverhältnismäßig in den Markt ein. Die fehlende Definition von ‚wirtschaftlichem Ungleichgewicht' sorgt zusätzlich für Rechtsunsicherheit”, so Will.
Dritter Kritikpunkt: Die Ombudsstelle ist für Bauern und Produzenten vorgesehen, nicht aber für den Handel.

Lob der Landwirtschaft

Erwartungsgemäß positiv nahm Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer, den Beschluss auf: „Unfairen Geschäftspraktiken gehört dringend ein Riegel vorgescho-ben.” (APA/nov)

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