WIEN. Die einen lieben sie für ihre Preise, die anderen meiden sie aus Überzeugung: Billigplattformen wie Temu, Shein, AliExpress oder Wish haben Österreich im Sturm erobert – und das Einkaufsverhalten nachhaltig verändert. Laut einer aktuellen, repräsentativen Marketagent-Studie haben bereits 52% der Bevölkerung mindestens einmal auf einer dieser Plattformen eingekauft.
Kleidung und Schuhe
Am häufigsten landen Kleidung und Schuhe (62%) sowie Haushaltswaren (41%) im virtuellen Warenkorb. Für 76% ist der niedrige Preis das zentrale Kaufmotiv, 85% empfinden die Angebote als sehr oder eher günstig.
Der Preis hat Konsequenzen: Zwei Drittel geben zu, schon mehr gekauft zu haben als geplant – nur wegen der niedrigen Preise. Die Schattenseiten der Schnäppchenfreude sind den Konsumenten wohl bewusst: 78% halten die Plattformen für wenig bis gar nicht nachhaltig, 57% kritisieren die Qualität der Produkte. Im Schnitt vergeben Nutzer die Schulnote 3,7 – ein knappes Genügend. Und fast vier von zehn Konsumenten hatten nach einem Einkauf bereits ein schlechtes Gewissen. Studienautorin Andrea Berger warnt: „Was heute als Schnäppchen im Warenkorb landet, wird morgen zum Umweltproblem. Overconsumption ist der stille Preis des Billigbooms.”
Vormarsch trotz Kritik
Trotz aller Kritik glauben acht von zehn Befragten, dass Temu, Shein und Co. weiter an Bedeutung gewinnen werden. Gleichzeitig erwarten jeweils rund 60%, dass aus dem Booms mehr Müll resultiert, desgleichen eine Stärkung der Wegwerfmentalität und eine Schwächung der lokalen Wirtschaft folgt. Die Auswirkungen dürften bereits sichtbar sein, sind aber wohl nicht alleinig auf Temu & Co zurückzuführen: 62% beobachten zunehmende Leerstände in ihrer Umgebung. Zugleich sagen 80%, sie würden klassische Einkaufsstraßen vermissen, wenn es sie nicht mehr gäbe.
Konsumdilemma
Marketagent-Gründer Thomas Schwabl spricht von einem Konsumdilemma: „Viele wissen um die negativen Effekte und kaufen trotzdem weiter. Der Reiz des Einfachen, Schnellen und Günstigen ist groß – auch wenn er langfristig Vielfalt und urbane Lebensqualität kostet.” Es brauche neue Prioritäten, mehr Bewusstsein und vor allem auch faire Bedingungen für den stationären Handel. (red)
