Handel im digitalen Umfeld: Verkaufsflächen steigen in CEE
© Stephan Doleschal | Rainer Will, Handelsverband
RETAIL Redaktion 26.03.2019

Handel im digitalen Umfeld: Verkaufsflächen steigen in CEE

Sie steigen in CEE und stagnieren in Österreich auf hohem Niveau, die Online-Umsätze wachsen.

WIEN. Die Einzelhandelsumsätze pro Kopf verschieben sich in Europa seit Jahren, auch aufgrund der Dynamik im eCommerce. Nach wie vor wird allerdings ein Großteil der Retail-Umsätze im stationären Handel erwirtschaftet, in Österreich aktuell mehr als 90%. Der Online-Anteil liegt zurzeit bei 6,7% und könnte sich in den nächsten fünf Jahren auf rund 8% erhöhen. In CEE entfallen auf den Online-Handel 5,4%, so das Ergebnis des aktuellen "Outlook for Retail Property" von CBRE, dem national wie international führenden Immobilienspezialisten.

Die aktuellen Entwicklungen auf den Retailmärkten in Österreich sowie in den CEE Ländern wurden von Immofinanz, CBRE und Handelsverband gemeinsam analysiert und präsentiert.

Stagnation bei stationären Verkaufsflächen erwartet
Österreich liegt in Bezug auf Verkaufsfläche sowie Einzelhandelsumsatz pro Kopf im europäischen Spitzenfeld. Diese Position sollte durch das erwartete Bevölkerungs- wie Einkommenswachstum der kommenden Jahre gehalten werden. "Die Entwicklungen der einzelnen Sektoren dürften inhomogen verlaufen in den kommenden Jahren. Die Umsätze im Onlinehandel bei Lebensmitteln – ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau – werden sich mehr als verdoppeln bis 2023, die Flächenentwicklung im stationären Lebensmittelhandel sollte parallel dazu stabil bleiben. In den Sektoren Bekleidung und Möbel verschieben sich die Umsätze deutlich in Richtung Onlinehandel. Der Bedarf an stationären Flächen wird sehr stark von den Omnichannel Strategien der Retailer abhängen. Insgesamt erwarten wir ein noch stärkeres symbiotisches Zusammenwachsen von stationärem und Online-Handel", so Walter Wölfler, Head of Retail CEE & Austria bei CBRE.

Aktuelle Zahlen wurden auch für ausgewählte CEE-Märkte präsentiert, wobei Tschechien der am besten entwickelte Retailmarkt in der Region ist, wo der höchste Pro Kopf Umsatz erzielt wird, wo aber auch der Anteil des Onlinehandels mit rund 11,7% am signifikantesten ist. "Wir empfehlen allen Retailern, sich jeden Markt einzeln und genau anzusehen und Entscheidungen pro Markt zu treffen – denn nicht überall werden globale Trends im selben Ausmaß und Tempo umgesetzt", so Wölfler.

Alle vier untersuchten Sektoren – Lebensmittel, Bekleidung, Kosmetik und Möbelhandel – werden in der CEE-Region in den nächsten fünf Jahre von einem robusten Wachstum des Flächenbedarfs geprägt sein. "Der Retail-Markt in Zentral- und Osteuropa wird deutlich zulegen – sowohl stationär, als auch online. Fast plus sechs Prozent Flächenwachstum im Lebensmittel- und im Kosmetik-Bereich sind durchaus eine Ansage", bestätigt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Immofinanz setzt auf dezentrale Shopping-Formate
Die Immofinanz, deren Einzelhandelsportfolio rund 880.000 m² in neun Ländern umfasst, hat die Entwicklungen im Online-Handel bereits bei der Entwicklung ihrer Markenstrategie und Portfoliostrukturierung berücksichtigt. Sie konzentriert sich daher mit ihren aktuell 80 Stop Shop Retail Parks und ihren zehn Vivo! Einkaufszentren auf dezentrale Standorte in Zentral- und Osteuropa. Charakteristisch für das Angebot ist zudem, dass zahlreiche Mieter aus dem Diskonter- und Nahversorgungsbereich kommen, in dem die Versandkosten inklusive einer für den Konsumenten kostenfreien Rückgabe die Produktkosten in der Regel übersteigen.

"Die Zahlen bestätigen unsere Strategie: Die Verkaufsumsätze der Einzelhändler in unseren Retail-Immobilien sind im zurückliegenden Geschäftsjahr um 5,6 Prozent gestiegen. Damit performen wir rund 40 Prozent besser als der gesamte stationäre Handel in diesen Ländern", sagt Gerald Grüll, Head of Retail der Immofinanz. "Wir sind mit unseren Retail-Formaten nicht nur in Regionen präsent, deren Shopping-Center-Dichte signifikant unter dem Niveau Westeuropas liegt, sondern besetzen auch die sogenannte ‚letzte Meile‘ zum Kunden. Damit können wir unsere Kunden auch bei der Entwicklung von click and collect-Angeboten unterstützen."

Ein weiterer Vorteil der hoch standardisierten Retail-Formate der Immofinanz: Nicht nur die Shopper profitieren von einem sehr attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern auch die Einzelhändler. "Dank unserer Positionierung im Convenience-Segment und dem hohen Standardisierungsgrad unserer Immobilien können wir sehr attraktive Miet- und Betriebskosten anbieten. Das wiederum ermöglicht den Retailern die Erschließung zusätzlicher Marktkapazitäten mit einer hohen Flächenproduktivität. Aufgrund der sehr guten Nachfrage von Mieterseite wollen wir unsere Position als bereits jetzt führender Retail Park Betreiber in Europe daher durch Zukäufe und Eigenentwicklungen weiter stärken", erklärt Grüll.

Insgesamt frequentierten 2018 mehr als 142 Mio. Besucher die Retail Parks und Einkaufszentren der Immofinanz. Das ist ein Anstieg um rund 20 Mio. Besucher bzw. 16,7% gegenüber dem Vorjahreswert. Auf like-for-like Basis, also bereinigt um Zu- und Verkäufe sowie Fertigstellungen, ergibt sich ein Zuwachs von 4,8% auf rund 128 Mio. Gäste. Die like-for-like Mieterlöse der Immofinanz im Einzelhandelsbereich erhöhten sich 2018 um 4,1%.

Mit Blick auf die Immofinanz-Märkte im Retail-Bereich entfielen 2018 92,1% bzw. 275,0 Mrd. € auf den stationären Handel und 6,8% oder rund 20,2 Mrd. € auf den Online-Bereich. Bis 2023 wird ein Wachstum des Online-Handels auf 10,4% oder 38,9 Mrd. € erwartet, der Umsatz im stationären Handel sollte auf 333,2 Mrd. € zulegen, was dann einem Anteil von 88,6% entspricht.

Handelsverband fordert "New Digital Deal" und Entdiskriminierung des stationären Handels
Die Auswirkungen auf den Flächenbedarf werden künftig jedenfalls stark vom Erfolg der Omnichannel-Strategien der Einzelhändler abhängen. Die Ergebnisse zeigen, dass der österreichische bzw. der europäische Handel dringend neue, faire Spielregeln benötigt: "Wir brauchen heute mehr denn je einen New Digital Deal, um mehr Wettbewerbsfairness und eine Entdiskriminierung des stationären Handels zu erreichen. Daher empfehlen wir ein umfassendes Standortpaket für den österreichischen Handel, dass eine Modernisierung der Raumordnung, die Abschaffung der Mietvertragsgebühr, die Ausweitung von Tourismuszonen auch auf Wien, eine substanzielle Entbürokratisierung, eine Senkung der Lohnnebenkosten sowie eine zeitnahe Reform des Kollektivvertrags und eine Vereinfachung des antiquierten Zuschlagswesens im Handel beinhaltet", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Für den Digitalbereich wiederum hat der Handelsverband eine eigene "Fair Commerce-Initiative" entwickelt, um langfristig ein level playing field für alle Marktteilnehmer sicherzustellen. Den Kern dieser Initiative bilden sieben konkrete Hebeln, die ein Fair Play auch Online sicherstellen würden:
1. Versteuerung und digitale Verzollung ab dem ersten Cent
2. EU-weite Konditionen bei der pauschalen Palettenverzollung
3. Online-Marktplätze bei der Mehrwertsteuer zur Verantwortung ziehen
4. eCommerce-Monopole gesetzlich verhindern
5. Strengere Zollkontrollen, um Produktfälschungen zu bekämpfen
6. Plattform-Haftung für die Verpackungsentpflichtung
7. Einführung der digitalen Betriebsstätte.

(red)

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