Mehr Spielraum für den Handel
© APA/dpa/Doreen Fiedler
GeballtDer LEH ist in Österreich höchst konzentriert – eine gelockerte Raumordnung könnte die Marktmacht laut Experten etwas eindämmen.
RETAIL Redaktion 28.09.2018

Mehr Spielraum für den Handel

Der Handelsverband möchte eine Reform der Raumordnung und skizziert dessen positive Effekte.

WIEN. Die LEH-Branche sieht die Zukunft des Supermarkts ganz klar außerhalb der Städte. Das Schlagwort lautet „idealtypische Standorte”, das heißt, mit vielen Parkplätzen und großer Verkaufsfläche – ergo außerhalb der Ortskerne, die für den Lebensmitteleinzelhandel oft ungeeignet sind. Der Handelsverband drängt daher auf eine gelockerte Flächenwidmung und hat kürzlich eine Studie präsentiert, die dessen positive Effekte aufzeigt.

Verkehrserschließung und Co.

„Die Realität ist die, dass diese idealtypischen Standorte durch die Raumordnung oftmals verhindert werden, und dass man überall sehr bilateral vorgehen muss, indem man ganze Verkehrsknoten mitfinanziert, damit man in einer Region überhaupt noch einen Standort bekommt, der in einer Peripherie attraktiv ist”, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will dazu.

Zu den zwölf Kriterien, die für einen idealtypischen Standort vom Handelsverband erstellt wurden, zählen unter anderem eine Verkaufsfläche von über 1.000 m2, die rechtwinkelig angeordnet ist und eine Raumhöhe von dreieinhalb Metern hat. Weitere Faktoren sind etwa die Verkehrserschließung, Anlieferungsmöglichkeiten und Autoabstellflächen.

Das US-Vorbild

Historisch gesehen, ist das Raumordnungsgesetz ein Instrument, das die Nahversorger im Ortskern und in den innerstädtischen Einkaufsstraßen schützen soll. Sind doch die großen Einkaufszentren am Stadtrand, die in den 70er-Jahren nach US-Vorbild auch hierzulande aus dem Boden geschossen sind, durchaus eine Bedrohung jener geworden. Konsequenterweise entstand also ein Raumordnungsrecht plus Flächenwidmungsregeln, die von den Bundesländern als Gegenmittel zu dieser Entwicklung eingesetzt wurde. Als besonders streng gelten hier übrigens laut Handelsverband Tirol, Salzburg und Niederösterreich.

Ohne Pkw geht nichts mehr

Der Verwaltungsrechtsexperte und Linzer Uni-Professor Michael Mayrhofer verwies im Rahmen der Studienpräsentation auf den grundsätzlichen Strukturwandel im LEH, auf den die Raumordnungsgesetze nicht reagiert hätten, denn „mit der Tasche einkaufen geht man kaum mehr. Ich kann nur von mir sprechen: Unabhängig davon, wo das Geschäft wäre – wenn ich den Wocheneinkauf erledige, dann brauch' ich das Auto.” In Österreich ist der LEH bekanntermaßen stark konzentriert. Die drei größten Supermarktketten Hofer, Spar und Rewe (Billa, Merkur, Penny) dominieren den Markt mittlerweile mit fast 84%. Eine lockerere Raumordnung könnte laut den Experten helfen, diese Marktmacht einzudämmen und den Wettbewerb zu erhöhen. „Wir haben Bundesländer, wo sich die immer wieder zunehmende Verschärfung des Raumordnungsrechts als Konkurrenzschutzmittel auswirkt. Der stationäre Handel sieht sich außerdem durch die strenge Flächenwidmung auch gegenüber den Onlinehändlern benachteiligt.” Auslieferungslager von Versandhändlern seien durch die Raumordnung schließlich nicht beschränkt. Amazon und Co. seien unter anderem daher, so Will, deutlich stärker geeignet, zu einem Absterben der Ortszentren zu führen. (red/APA)

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