••• Von Paul Hafner
Das lange ersehnte Comeback des Handels ist bekanntlich auch 2024 ausgeblieben – warum die Trendwende noch nicht kam und in welche Richtung der Weg weist, erörtert die kürzlich von Handelsverband und Kreutzer Fischer & Partner vorgestellte Jahresbilanz „Österreichs Handel in Zahlen. Austria Goes Shopping“.
Die Haushaltsausgaben der Österreicher haben demnach einen starken Wandel durchlaufen – „weg vom klassischen Warenkauf, hin zu Erlebnissen, zu gesundheitsbewusstem Konsum und zum Verleihgeschäft. Kaufentscheidungen werden von A bis Z digital beeinflusst“, holt HV-Geschäftsführer Rainer Will aus. Im Vergleich zum ebenfalls holprigen Jahr 2023 seien die einzelhandelsrelevanten Ausgaben der privaten Haushalte (exkl. Kfz) im letzten Jahr zwar nominell um insgesamt 1,7% auf 78,5 Mrd. € gestiegen. Real stagnierte die Nachfrage damit allerdings knapp unter dem Vorjahresniveau – die Kauflaune hält nicht Schritt mit den gestiegenen Reallöhnen, die Österreicher sparen wie in den Hochinflationsjahren 2022 und 2023.
„Auch wenn es oft behauptet wird: Es ist wichtig, festzuhalten, dass die Lohnanpassungen eben noch nicht auf die Konsumausgaben durchschlagen“, betont Will. So zeigt ein Blick auf die nominelle Entwicklung der Haushaltsausgaben 2024 zwar spürbare Zuwächse bei Kategorien des täglichen Bedarfs – Lebensmittel (+4,6%) sowie Medikamente und Drogeriewaren (+3,9%) –, aber gleichzeitig auch deutliche Rückgänge in Segmenten wie Einrichtung und Hausrat (–5,4%) sowie Garten und Pflanzen (–2,4%).
Keine goldene Mitte
„Wir sehen eine Polarisierung am Retailmarkt: Diskonter und Luxus sind klar positioniert, die Mitte dagegen kämpft ein Stück weit mit Unschärfe und Profilverlust. Während neue Player aus dem Diskontbereich wie Woolworth auf Expansion setzen, sind die Schließungen schwerpunktmäßig dem Mittelsegment zuzuordnen. Auch kleinere Städte mit ihrer verhältnismäßig höheren Leerstandsquote sind Zeugen dieser Entwicklung“, so Will.
Was Produktgruppen anbelangt, gibt es durchaus einige Kategorien, die im Vorjahr signifikant positive Entwicklungen verzeichneten – etwa Computer-/Videospiele (nominell +19,5%), alkoholfreie Getränke (+8,4%) und Kosmetik/Parfums (+5,6%). Auch der Sportgeräteverleih konnte nach einem Plus von 11,7% in 2023 im Vorjahr erneut um starke 15,6% zulegen. Hauptverantwortlich dafür seien der boomende Tourismus und der Trend zu „Mieten statt Kaufen“, erklärt Andrea Hiotu, Mitglied der Geschäftsleitung von dm drogerie markt.
„Der starke Zuwachs bei alkoholfreien Getränken wurde nicht nur vom heißen Sommer und dem Besucherrückgang in der Gastronomie befeuert, sondern auch vom Alkoholfrei-Boom in der ‚Gen Z‘. Wenn wir uns den Bereich der Drogeriewaren genauer ansehen, dann hat sich hier die Körperpflege mit vier Prozent spürbar dynamischer entwickelt als Reinigungsmittel und Papierwaren mit 3,4 Prozent“, so Hiotu. Parfums oder dekorative Kosmetik hätten während der Pandemie und durch Entwicklungen zu mehr „Home“ und weniger „Office“ bzw. weniger Öffentlichkeit gelitten und würden sich nun wieder erholen.
Mehr Geld für Urlaub
Stark nach oben geklettert sind 2024 auch die Ausgaben für Urlaub und Freizeit – konkret um rund fünf Prozent, jene für persönliche Dienstleistungen sogar um 11,4%. Generell sei eine deutliche Verschiebung der Konsumausgaben in Richtung Tourismus und Freizeit zu bemerken, berichtet Studienautor Andreas Kreutzer: „Das Konsumverhalten hat sich deutlich verlagert, weg vom klassischen Produktkauf im physischen Geschäft hin zu Aktivitäten und Erlebnissen sowie zum E-Commerce. Während die Investitionen in die Wohnraumbeschaffung im Vorjahr um 2,8 Prozent sanken, stiegen die Ausgaben für Reisen, Freizeit und Mobilität um 4,3 Prozent.“
Das spiegle sich auch im Fünf-Jahres-Vergleich wider, wie HV-Vizepräsident und Head of European Expansion bei C&A Norbert W. Scheele hervorhebt: „Von 2020 bis 2024 hat der stationäre Handel preisbereinigt ganze 2,7 Prozentpunkte an Haushaltsausgaben eingebüßt. Über alle Warengruppen und Vertriebskanäle hinweg liegt der österreichische Handel inflationsbereinigt noch immer deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau von 2019.“
Devise Zweckoptimismus
Auch wenn das Warten auf die (einzelhandelsrelevante) Konsumlust weiter anhält und laut HV-Händlerbefragung auch heuer jeder vierte Betrieb mit roten Zahlen rechnet, zeichnet sich ab, dass die Talsohle allmählich wirklich durchschritten ist – anhand der gesamtwirtschaftlichen Prognosen für 2026 über eine positive Entwicklung der Stellenbesetzungen im Handel bis hin zu Bekenntnissen zum Bürokratieabbau seitens der Regierung. Will: „Wir sind zweckoptimistisch – und hoffen auf Planungssicherheit.“