••• Von Eva Kaiserseder
Aquaponik – mitnichten handelt es sich dabei um klitzekleine Rösser, mit denen man sich im Wasser tummelt. Vielmehr steckt dahinter Blün, der als erster heimischer Aquaponik-Betrieb reüssiert. Dabei geht es um ein Verfahren, das Techniken zur Aufzucht von Fischen via Aquakultur mit der Kultivierung von Nutzpflanzen in Hydrokultur verbindet. Maximal ressourcenschonend, wird bei dieser Form der Aquakultur das Abwasser gleich zur Düngung des Gemüses verwendet, Fisch und Gemüse wachsen quasi in trauter Eintracht. Die Köpfe hinter Blün sind Michael Berlin, Bernhard Zehetbauer, Gregor Hoffmann und Stefan Bauer, in dessen Gartenbaubetrieb die Blün-Anlagen stehen. Gegründet wurde im Herbst 2016, und wie es sich für einen formidablen Start-up- Gründermythos gehört, führte der Zufall gekonnt Regie: Anfang des Jahres haben sich Zehetbauer und Berlin noch auf die Übernahme einer Fertigrasenfirma in Groß-Enzersdorf vorbereitet. Allerdings stellten sich die beiden schon da die Frage, „wo wir uns beruflich in 20 Jahren sehen”, beschreibt Berlin diesen Prozess. Wesentlich bei diesem Blick in die Zukunft war vor allem: „Nachhaltige und lokale Produktion, effizienter Einsatz von Ressourcen und die Produktion von gesunden Lebensmitteln – das waren die gemeinsamen Ziele. Und das sind auch die Eckpunkte einer Kreislaufwirtschaft wie der Aquaponik; das hat unser Interesse daran geweckt.” Sein Partner ergänzt: „Wichtig war uns außerdem eine weitgehende Unabhängigkeit von großen Handelspartnern und Lieferanten, von Banken und dem Agrar-Fördersystem.” Gregor Hoffmann, der als Agrar-Berater fungierte, wurde fix an Bord geholt, er hatte einiges zum Thema Aquaponik beizusteuern. Stefan Bauer war als engagierter Gemüsebauer als Vierter im Bunde schnell entschlossen dabei, und gemeinsam wurden Aquaponik-Anlagen in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden besichtigt. Denn „unser Anspruch als Unternehmer war es, die technische Lösung Aquaponik in ein betriebswirtschaftlich fundiertes Konzept zu überführen, das auch am Markt bestehen kann”, beschreibt Gregor Hoffmann die Challenge der Planungsphase.
Fans aus der Gastronomie
Aktuell tummeln sich zwei Fischarten in den Blünschen Anlagen, „aber wir können uns auch vorstellen, noch andere Arten, die für eine derartige Form der Haltung geeignet sind, aufzunehmen”, so Stefan Bauer. Die Fische, konkret Barsche und Welse, leben sechs bzw. neun Monate in einem separaten Raum in der Gärtnerei, bis sie geschlachtet werden können. „Das Wasser läuft ständig im Kreislauf über einen Biofilter, der das Herzstück unserer Anlage ist. Jeden Tag geben wir rund zehn Prozent Frischwasser dazu und genauso viel Wasser pumpen wir ab. Dieses wird dann zum Bewässern und Düngen unseres Gemüses verwendet”, erklärt Bauer weiter. Wiens Top-Gastronomie ist angetan; so ist etwa Küchenchef Paul Fallnbügl im Heuer am Karlsplatz ein Fan der ersten Stunde: „Sowohl der Wels als auch der Barsch passen zu 100 Prozent zu unserer Küchenlinie. Top-Qualität aus nachhaltiger Produktion, in Wien produziert und vertrieben. Dieses Konzept hat mich voll überzeugt.” Und auch für Lukas Gstir, Küchenchef im Palais Coburg, sind die Fische von Blün eine Preziose, die seit Kurzem auf der Karte zu finden sind: „Ich habe noch nie so einen guten Wels geliefert bekommen. Ich war wirklich überrascht, weil ich bislang noch nicht mit Fisch aus Aquaponik gearbeitet habe.” Abseits der Gastronomie finden sich Blün-Erzeugnisse ab Hof und im ausgesuchten Handel, etwa beim Meinl am Graben oder im LGV Gärtnergschäftl. Als neuester Vertriebskanal ist Mitte März der Blün-Webshop on air gegangen.
Wachsendes Potenzial
Gute Karten also für die Neo-Unternehmer, die in Sachen Rentabilität laut Eigenangabe die optimistisch geplanten Umsatzzahlen erfüllt haben. Insgesamt werden in der Anlage zwölf Tonnen Fisch und zehn Tonnen Fruchtgemüse (derzeit sind das Tomaten, Gurken, Paprika, Melanzani, Chili) pro Jahr produziert. Und die Gründer sehen hier vor allem beim Fisch noch Potenzial für mehr, denn „in Österreich liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 7,5 Kilogramm im Jahr. Da ist noch Luft nach oben, wenn man betrachtet, dass weltweit rund 17 Kilogramm Fisch pro Kopf verzehrt werden”, so Bauer.