Registrierkassen – was halten die Versprechungen?
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RETAIL 15.01.2016

Registrierkassen – was halten die Versprechungen?

Der Staat erwartet sich viel Geld, die Gastronomen beklagen ein „Wirtshaussterben”, das Finanzministerium beschwichtigt.

••• Von Daniela Prugger

WIEN. Die Registrierkassen sind nötig, kommen aber vor allem bei Gastronomen schlecht an. Der ORF berichtet in der Sendung ECO sogar von einem „Wirtshaussterben” am Land. Es mache keine Freude mehr, Gastwirt zu sein, beklagen manche. Der ORF berichtet von Anschaffungskosten von bis zu 5.000 €. „Das ist absolut nicht wahr”, ­widerspricht ein Sprecher des Bundesministeriums für Finanzen. „Eine Regis­trierkasse findet man schon für etwa 400 €, wenn nicht weniger. Für Kleingewerbe gibt es sogar noch günstigere Cloud-Lösungen.” Im Jahr der Anschaffung seit die Registrierkasse sogar „zur Gänze abschreibbar” und es gibt eine „Förderung von 200 €”, so das Finanzministerium.

Großes Potenzial für Staat

Also alles halb so schlimm? Die Medien zumindest vermitteln teilweise den Eindruck, dass die Gastronomen dieses Landes durch die Anschaffung einer Registrierkasse an den Rand ihrer Existenz gedrängt werden. Vom „Leid der Wirtn” ist die Rede. In den letzten zehn Jahren hat wöchentlich ein traditionelles Wirtshaus in Österreich zugesperrt, so Mario Pulker, Obmann des WKO-Fachverbands für Gastronomie, im ORF.

Betroffen von der Registrierkassenpflicht ist nicht nur die große Gruppe der Gastronomen, sondern unter anderem auch Ärzte, Taxifahrer, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Rechtsanwälte, Notare, Land- und Forstwirte und Apotheker sowie natürlich Lebensmittel- und Buchhändler. Nicht betroffen sind unter anderem Onlineshops –in diesem Fall erfolgt nämlich keine Gegenleistung durch Bezahlung mit Bargeld unmittelbar an den Leistungserbringer.
„Generell melden sich viele Betroffene und erklären, dass sie schon länger auf eine Registrierkasse umstellen wollten. Kritik bekommen wir eigentlich hauptsächlich über die Medien ausgerichtet”, führt der Sprecher des Finanzministeriums aus. Die Registrierkassenpflicht ist mit 1. Jänner 2016 in Kraft getreten. Auf Strafen bei der Nichteinhaltung wolle man – zumindest im ersten Quartal – noch verzichten. „Wir wollen den Unternehmen Zeit geben, sich anzupassen”, heißt es aus dem Ministerium. Ab 1. Jänner 2017 jedenfalls müsse die Registrierkasse mit einer technischen Sicherheitseinrichtung versehen werden, und auch im zweiten Quartal werde man wahrscheinlich ein Auge zudrücken. Danach werden fehlende Registrierkassen und Belege mit Strafen bis zu 5.000 € geahndet.

Keine Strafen für Konsumenten

Die erhofften Mehreinnahmen von 900 Mio. € pro Jahr für den Staat zweifeln Experten zwar an. Doch das Potenzial der Registrierkassen ist groß. Die Umsatzlücken, die dem Staat Österreich durch die Nichterfassung von Umsätzen und deren nachträglichen Manipulationen jährlich entgehen, sind enorm. Während es in Italien schon Fälle gab, wo Konsumenten von der Finanzpolizei bestraft wurden, weil sie ihren Kassenbon nicht mitnahmen, und Eltern ihren Kindern deshalb schon in frühen Jahren eintrichtern: „Nehmts den Kassenbeleg mit!”, wird es in Österreich keine Sanktionen für Konsumenten geben. Im Vergleich zu den Gastronomen verzeichnet man bei den Händlern deutlich weniger Klagen. Händler wie Spar sehen dem Ganzen gelassen entgegen: „Wir schulen unsere Mitarbeiter, um sicherzugehen, dass Konsumenten den Kassabon auch mitnehmen”, erklärt Spar-Sprecher Lukas ­Sövegjarto.

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