••• Von Paul Hafner
Zum nunmehr elften Mal hat Standort + Markt seinen jährlichen City Retail Health Check publiziert – und die Ergebnisse des Shopflächen-Monitorings am vergangenen Dienstag gemeinsam mit dem Handelsverband präsentiert. Wie von Studienautor Roman Schwarzenecker bereits Ende Februar gegenüber medianet angekündigt, zeigen die Zahlen, dass sich der Rückgang der Geschäftsflächen in den Innenstädten prolongiert: Nach einem Minus von 0,42% im Jahr 2022 steht für das neuerlich teuerungsgeprägte Vorjahr ein Minus von 0,65% zu Buche.
„Auch 2023 gab es keine Wende, in den wichtigsten Einkaufsstraßen haben wir im Handel erneut rund 9.000 m² verloren. Das ist etwas mehr als ein Fußballfeld, also muss man die Kirche schon ein Stück weit im Dorf lassen. Allerdings sind hier 90 Prozent der Ortskerne und Peripherien in den ländlichen Regionen noch gar nicht berücksichtigt, wo sich das tatsächliche Ausmaß aufgrund langer Laufzeiten bei Miet- und Pachtverträgen erst noch zeigen wird”, fasst Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will zusammen.
Wendepunkt 2017/18
Den „turning point” für den Wechsel vom Shopflächenzuwachs zum Beginn deren Dezimierung stellt gemäß Schwarzenecker das Jahr 2018 dar, wiewohl es sich hierbei um keinen abrupten Bruch gehandelt habe: „Die größten Shopflächenzuwächse in den Städten gehen auf die 90er- und 00er-Jahre zurück”, erklärt Schwarzenecker – der Flächenzuwachs in den beiden Jahren vor 2017, als die „größte Shopflächenausdehnung erreicht” wurde, lag indes bereits jeweils unter einem Prozent (s. Grafik).
Mode aus der Mode
Maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hat der Modehandel, der im vergangenen Jahzehnt in den heimischen Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern um 17,8% eingebrochen ist. „Das sind in etwa 100.000 m², die seit 2014 verschwunden sind”, rechnet Schwarzenecker vor – womit man, um im Bild zu bleiben, zahlenmäßig schon mehr als sämtliche Fußballplätze der österreichischen Bundesliga abdeckt.
Nun nehmen Modegeschäfte in den Innenstädte immer noch annähernd die Hälfte der gesamten Einzelhandelsflächen ein, der Effekt des Onlinehandels ist aber evident. Weitere Gründe, besonders für den Rückgang der letzten Jahre, sieht Will nicht nur in der Teuerungskrise, sondern auch in den „ausbleibenden Reformen und der lähmenden Bürokratie, welche den stationären Handel in Österreich stärker belastet als in allen anderen EU-Ländern.”
Flächenumwidmung im Gange
Eine positive Entwicklung zeigt sich indes bei der Leerstandsentwicklung, die nach dem überraschenden und deutlichen Rückgang von 7,4% auf 6,8% im Jahr 2022 nun neuerlich – wenn auch nur um 0,1% – geringer geworden ist. Will stellt klar: „Das liegt vor allem daran, dass viele Geschäftslokale nach einem Leerstand nun in einer Umbauphase stecken, die oftmals weg vom Retail und hin zu anderen Nutzungen führt, etwa Arztpraxen oder Friseursalons. Der Leerstand geht also leicht zurück, aber die Flächen gehen weg vom Handel.” Mit anderen Worten: Der Branchenmix in den heimischen Primär- und Sekundärstädten verändert sich.
Im Zehn-Jahres-Vergleich zeigt sich etwa, dass sich die Flächen des Modehandels (von 32,7% auf 27,8%) insbesondere zugunsten des Kurzfristbedarfs (10,6% auf 11,8%), der Gastronomie (13,0% auf 14,4%) und der Freizeiteinrichtungen (2,8% auf 3,8%) reduziert haben.
Co-Studienautor Hannes Lindner analysiert: „Es wird deutlich, dass das Kurzfristbedarfsangebot – also der Lebensmittelhandel – in den letzten drei Jahren deutlich auf beinahe zwölf Prozent erstarkt ist. 2023 haben wir aber einen leichten Rückgang verzeichnet, der Peak dürfte somit bereits überschritten worden sein.” Auch im LEH scheint die Zeit der ungehemmten Expansion also vorbei.
Viel Leerstand im Umbau
Die Leerstandsentwicklung ist indes mit einem großen Aber versehen: „Wir verzeichnen seit einigen Jahren ein maßgebliches Wachstum bei Flächen im Umbau, die oftmals ehemalige Shopflächen beinhalten”, betont Lindner; ob diese zukünftig tatsächlich einen Nutzer finden, bleibe offen. Unter dieser „eher pessimistischen Vorahnung” gebe es nun zwei Szenarien für die nahe Zukunft: „Entweder es wird die Leerstandsquote wieder steigen oder es reduzieren sich die Verkaufsflächen in den Citys abermals. Frei nach dem Motto ‚Zahnarzt statt Mode und Accessoires'.” (red)