Spar-Marken bereits bei 40 Prozent Umsatzanteil
© Spar/Helge Kirchberger
RETAIL christian novacek 24.02.2017

Spar-Marken bereits bei 40 Prozent Umsatzanteil

Spar-Präsident Gerhard Drexel setzt sich im Denken keine Grenzen und verweist auf den Kundenwunsch.

••• Von Christian Novacek

Das Jahr 2016 war für den Spar Österreich-Konzern von Expansion und Wachstum geprägt: In Österreich wurden 28 Zielpunkt-Standorte übernommen, 30 Märkte neu eröffnet und rd. 100 modernisiert oder erweitert. In allen von Spar Österreich bearbeiteten Ländern expandierte der Händler kräftig: In Kroatien wurden 62 Billa-Märkte übernommen. Mit 1.620 Standorten erzielte der Händler in Österreich einen Brutto-Verkaufsumsatz von 6,42 Mrd. €; das bedeutet einen Zuwachs von 5,3 Prozent. Damit konnte der heimische Lebensmittelhändler zum sechsten Mal innerhalb der letzten sieben Jahre das größte Marktanteilswachstum in der Branche erzielen.

medianet: Herr Drexel, 5,3 Prozent Wachstum sind ein starkes Signal – stärker als erwartet?

Gerhard Drexel: Das ist schon eine besondere Leistung, auf die wir sehr stolz sind – vor allem im Branchenvergleich: Im Lebensmittelhandel, wie ihn Nielsen erhebt, also inklusive Hofer und Lidl, gab es 2016 ein Wachstum von 1,9 Prozent. Wir liegen mit 5,3 Prozent Wachstum deutlich über dem Branchendurchschnitt.

medianet: So weit, dass es signifikante Auswirkungen auf die Marktanteile im LEH hat?
Drexel: Ja, gemäß Nielsen haben wir 2016 das höchste Marktanteilswachstum aller Anbieter – inklusive Diskont – erzielen können.

 

medianet: Können Sie das genau beziffern?
Drexel: Wir haben 1,1 Prozentpunkte Marktanteil zugelegt und sind von 30,2 Prozent in 2015 auf 31,3 Prozent Marktanteil in 2016 gestiegen. Was mich in diesem Zusammenhang sehr freut, ist, dass wir in den vergangenen sieben Jahren ganze sechs Mal die Wachstumsführerschaft errungen haben.

medianet: Wollen Sie in absehbarer Zeit nach der Nummer eins greifen?
Drexel: Das ist kurzfristig gar nicht möglich! Unser Ziel ist ein anderes: Wir wollen die Nr. 1 in den Herzen unserer Kunden werden – mit der besten Gesamtleistung für unsere Kunden.

medianet: Wie würden Sie diese Leistung, die Sie Ihren Kunden offerieren, am besten definieren?
Drexel: Wir wollen für unsere Kunden die beste Qualität und den besten Service – und das zum niedrigsten Preis.

medianet: Dann bleibt somit die Preisführerschaft für Sie ein essen­zielles Thema?
Drexel: Wir haben nicht deshalb an Umsatz zugelegt, weil wir Preise erhöht haben. Da gilt das genaue Gegenteil: Unser interner Preisindex über das gesamte Sortiment ist 2016 lediglich um 0,4 Prozent gestiegen. Während unsere Verkaufspreise also nur um 0,4 Prozent gestiegen sind, beträgt der aktuelle Österreichische Verbraucherpreisindex, den die ­Statistik Austria für 2016 ermittelt hat, 0,9 Prozent.

medianet: Dennoch gibt es, etwa seitens der Arbeiterkammer, immer wieder Preisvergleiche mit Deutschland, die nahelegen, dass Österreichs Lebensmittelhandel zu teuer sei.
Drexel: Im Vergleich zu den Nachbarländern schneidet der österreichische LEH sehr gut ab: Wir sind günstiger als Tschechien, die Slowakei, Slowenien und Ungarn – wiewohl die alle ein signifikant niedrigeres Lohn­niveau haben. Wir sind im Gesamtwarenkorb auch günstiger als Italien. Und wir sind um Häuser günstiger als Liechtenstein und die Schweiz.

Dass wir teurer seien als Deutschland, ist eine unrichtige Behauptung, die methodisch nicht nachvollziehbar ist. In diesen Preisvergleichen werden nur Regalpreise an einem Stichtag zwischen zwei Ländern verglichen, ohne darauf einzugehen, dass je nach Artikel ganz unterschiedlich hohe Umsatzanteile in Deutschland und Österreich zu Aktionspreisen verkauft werden. In Österreich gibt es Warengruppen, bei denen bis zu 85 Prozent des Jahresvolumens zu Aktionspreisen verkauft werden. In Summe sind es in Österreich etwa 32 Prozent, in Deutschland bloß ca. 18 Prozent, die übers Jahr zu Aktionspreisen verkauft werden. Hinzu kommt, dass die Aktionspreis-Abschläge in ­Österreich deutlich gravierender ausfallen (Beispiel: 1+1 gratis) als in Deutschland. Beide Effekte werden aber in den zitierten Preisvergleichen methodisch nicht erfasst.


medianet: Die Warengruppenrabatte am Wochenende haben Sie gemeinsam mit Ihren Branchenkollegen zum Usus erhoben. Bei einer anderen Branchen­gepflogenheit, nämlich der Kundenkarte, widersetzen Sie sich. Wieso?
Drexel: Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Kundenkarte kein Erfolgsfaktor im LEH ist. Das heißt, es gibt keinen kausalen Zusammenhang zwischen Kundenkarte und Erfolg eines LEH-Unternehmens. Wie bereits gesagt: Wir waren in den letzten sieben Jahren sechs Mal Wachstumsführer – und zwar ohne Kundenkarte. Wir sparen uns durch den Verzicht auf eine Kundenkarte Kosten im Ausmaß von ca. ein Prozent des Umsatzes. Auch zwischen Kundenkarte und Umsatzrendite gibt es keinen kausalen Zusammenhang. 2015 erzielten wir eine Umsatzrendite von 2,4 Prozent, 2016 wird sich diese in Richtung drei Prozent bewegen. Damit liegen wir höher als viele vergleichbare Handelsunternehmen mit Kundenkarte.

medianet: Was machen Sie mit dem einen Prozent, das Sie die Kundenkarte nicht kostet?
Drexel: Das investieren wir in die Preise und in die Preisführerschaft – was viel mehr bringt. Denn eine Wachstumsführerschaft ohne Preisführerschaft ist im LEH schwer vorstellbar: Zwischen diesen beiden Zielen besteht eine große Korrelation!

medianet: Wie der direkte Mitbewerber setzen Sie in der Preispolitik auf Dauertiefpreise.
Drexel: Diese haben wir ein halbes Jahr vor dem Mitbewerber unter dem Marketing-Begriff ‚Immer billig' eingeführt. Heute führen wir bereits über 2.500 ‚Immer billig'-Artikel. Wir haben zuletzt ein wenig umgeschichtet, wir investieren jetzt mehr in ‚every day low price' und etwas weniger, aber immer noch sehr viel, in die Aktionspreise.

medianet: Im Instrumentarium einer Preisführerschaft ist die Eigenmarke nicht mehr wegzudenken. Wie hat sich denn die preislich akzentuierte Spar-Marke S-Budget im Vorjahr entwickelt?
Drexel: S-Budget hat es 2016 auf ein Umsatzplus von 22 Prozent gebracht, mit circa 600 Artikeln. Das größte Plus hatten wir im letzten Jahr aber mit Spar Natur*pur, das belief sich auf 26 Prozent. Insgesamt erzielten die Spar-Eigenmarken 2016 ein Umsatzwachstum von acht Prozent, sie trugen daher überproportional zum Spar-Umsatzwachstum bei.

medianet: Und wie hoch liegt der Umsatzanteil der Eigenmarken am Spar-Sortiment insgesamt?
Drexel: Da haben wir 2016 die Schallmauer von 40 Prozent Anteil am Großhandelsumsatz durchbrochen.

medianet:
Was vor 20 Jahren vollkommen denkunmöglich gewesen wäre. Sind die 40 Prozent nun ausreichend?
Drexel: Ich bin der Meinung, dass man sich im Denken keine Grenzen setzen sollte. Das würde die Kreativität hemmen. Deshalb ist für uns auch bei 40 Prozent keine Grenze – wir wollen attraktive, innovative und preisgünstige Eigenmarken anbieten. Letztlich entscheidet der Konsument, ob er dieses Angebot annimmt – und nicht wir. Im internationalen Vergleich gibt es auch Beispiele mit höheren Eigenmarken-Anteilen, etwa in Großbritannien und der Schweiz. Der Lebensmittelhandel ist eben – wie ich gern sage – eine ‚nationale Kulturveranstaltung'.

medianet: Nicht zuletzt bedeutet Handeln mit Lebensmitteln Verantwortung. Wie stehen Sie in diesem Kontext zur Fett- und Zuckersteuer, die derzeit wieder diskutiert wird?
Drexel: Von einer Zuckersteuer an sich halten wir nicht viel. Wir sind einfach nicht dafür, den Konsumenten nochmals neue Steuern und Belastungen zuzumuten. Aber grundsätzlich, was den Zuckergehalt von Lebensmitteln betrifft, sind wir uns unserer gesellschaftspolitischen Verantwortung als Händler sehr bewusst. Wir haben eigens einen Kompetenzbereich geschaffen, der bei den Spar-Eigenmarken den Zuckergehalt senken soll. So haben wir beispielsweise bei Spar fresh Cola den Zuckergehalt bereits um zehn Prozent reduziert, in anderen Bereichen gab es Produktinnovationen mit gesundem Zuckerersatz, beispielsweise das neue Spar Vital Stevia-Ketchup. Unsere Speerspitze zur Zuckerreduktion ist die Marke Spar Vital, wo ein Drittel der Produkte bereits zuckerfrei oder zumindest signifikant zuckerreduziert ist.

medianet: Ich möchte zum Abschluss noch auf eine quasi historische Stärke der Spar zu sprechen kommen: die Kaufleute. Wie halten Sie die in Zeiten des Umbruchs zukunftsfit?
Drexel: Unsere Kaufleute sind das Herz und das lebendige Zentrum der Spar! Etwa die Hälfte unserer Standorte wird von Kaufleuten geführt. Das Umsatzwachstum bei den Kaufleuten belief sich 2016 auf über vier Prozent – sie sind also hervorragend mit Spar mitgewachsen. Unsere Spar-Kaufleute haben einen ‚guten Spirit' drauf: Sie sind emotional und fachlich ganz nah bei den Kunden und wissen darüber Bescheid, wie wichtig in unserer Branche Ladenvergrößerungen und Ladenmodernisierungen sind. Hier gilt bei uns die Faustregel, etwa alle zehn Jahre die Geschäfte zu erneuern.

medianet: Wie schaut das aktuell optimal erneuerte Spar-Geschäft aus?
Drexel: Sehr modern und attraktiv! Die neuesten sehr erfolgreichen Testmärkte sind in Salzburg-Nonntal und in Wien im neuen Generali-Center. Ware, Frische und Service stehen im Vordergrund, das Design ist modern, authentisch und bleibt im Hintergrund, um die Ware sprechen zu lassen.

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