WIEN. Der Bier-Inlandsabsatz (inkl. AF-Bier) lag bei 8,55 Mio. Hektoliter, die Exporte beliefen sich auf 1,43 Mio. Hektoliter. Warum ein direkter Vergleich zum Vorjahr „schlicht unzulässig ist“ erörterte der neue Obmann des Verbandes der Brauereien – Karl Schwarz – im Rahmen der diesjährigen Bilanz-Pressekonferenz.
„2023 war ein schwieriges Jahr, das von einer historisch hohen Inflation und einer Veränderung der Absatzmärkte sowie Konsumzurückhaltung geprägt war. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte können wir mit den Ergebnissen zufrieden sein“, betont Karl Schwarz. Zumal 2022 das Jahr mit dem „höchsten Bierausstoß seit den 1990er Jahren“ war. Der unmittelbare Vergleich der beiden Jahre sei daher – so Schwarz – nur bedingt aussagekräftig, war 2022 doch geprägt von „Nachholeffekten“ und damit schlicht nicht repräsentativ. „Ein Rückgang im Ausstoß von nur drei Prozent[3] im Vergleich zum Ausnahmejahr davor ist daher ein mehr als solides Ergebnis.“ Dennoch seien gewisse Entwicklungen bei den Konsumenten, unter anderem der bewusstere Umgang mit Alkohol sowie der demographisch-ethnische Wandel in der Gesellschaft „Realität, der sich die Brauer stellen müssen.“
Darüber hinaus sei die Kostenbelastung aufseiten der Brauereien nach wie vor hoch und könne nicht 1:1 an Handel und Gastronomie weitergegeben werden. Die hohen Lohnabschlüsse in den beiden vergangenen Jahren schlagen zudem „auf den Bierpreis durch.“ Der neue Obmann fordert daher erneut die Regierung auf, die Schieflage bei der Biersteuer „zu begradigen“ und diese auf die Hälfte zu senken. Sie sei im Vergleich zu den Nachbarländern und zu anderen alkoholischen Getränken „deutlich zu hoch“ und treibe den Bierpreis zusätzlich.
Absatzschwankungen im Laufe des Jahres
Verlief das erste Quartal 2023 im Inlandsausstoß mit einem einprozentigen Plus noch gut, trübte sich im Frühling die Konsumlaune durch die hohe Inflation erstmals merklich ein: Ein neunprozentiges Absatzminus war die Folge. Über den Sommer, der touristisch bereits nahezu an die Rekordzahlen aus 2019 heranreichte, erholte sich der Biermarkt (+/- Null zu 2022), im vierten Quartal war trotz gut gebuchter Gastronomie ein Minus von zwei Prozent zu verzeichnen.
Gastronomie im Wandel: 2023 hieß es jeden 2. Tag für ein Wirtshaus „Sperrstund is`“
Der Absatzrückgang in der Gastronomie bei Fass- und Tankbier um zwei Prozent sei „multifaktoriell“ und schmerze ob der höheren Deckungsbeiträge die Branche: Teuerungsbedingt werde weniger konsumiert und unter den „klassischen Genussstätten für Bier“ wie Wirtshäusern grassiert eine Schließungswelle. Der Strukturwandel in der Gastronomie ist unübersehbar und bereitet der Bierbranche „Sorge und Kopfzerbrechen“. „Es bleibt wortwörtlich kein Stein auf dem anderen,“ so Schwarz. Vor allem jene Lokaltypen, die in der Vergangenheit hohe Bierabsätze verzeichneten, sind von den Krisen besonders betroffen. Laut Fachverband der Gastronomie sank die Anzahl an Lokalen mit ausgewiesener Bierkompetenz zwischen 2013 und 2023 um über ein Viertel; auf reine Bierlokale/Pubs umgelegt, ist das Bild noch dramatischer: hier ging die Anzahl an Lokalen um 34 Prozent zurück. In absoluten Zahlen sind das fast 2.000 Betriebe weniger als noch vor zehn Jahren. „Alleine im Vorjahr hat jeden zweiten Tag ein Gasthaus bzw. Bierlokal zugesperrt“, betont Schwarz. „Das klassische Landgasthaus befindet sich in einem Teufelskreis aus steigenden Preisen und Kosten, verbunden mit rückläufigen Umsätzen, Personalmangel, Landflucht und überbordender Bürokratie“, attestiert er. Auch das zunehmende Home-Office macht sich negativ bemerkbar. Der urbane Bereich ist hier besser aufgestellt als der ländliche.
Wirtshäuser – und damit für Bierbrauer traditionell wichtige und große Abnehmer – werden weniger, während Ethno-Lokale und Systemgastronomie boomen. „Diese Betriebstypen setzen weniger auf Bierkompetenz oder schenken gar kein Bier aus“, weiß Schwarz zu berichten.
Lichtblicke: Gehobene Gastronomie, Mittagsgeschäft und bieriges Know-how
Die gehobene Gastronomie zeigt bei weitem weniger Probleme, auch die Hotellerie ist durchwegs gut gebucht. „2023 hat sogar jeden dritten Tag ein neues Restaurant eröffnet“, so Karl Schwarz zu den erfreulichen Nachrichten. „Gehobene Lokale haben entsprechende Ansprüche. Uns muss es gelingen, sie als Bier-Botschafter zu gewinnen. Hier setzen wir mit einem Maßnahmen-Mix an.“
Um in Restaurants künftig als Branche noch besser reüssieren zu können, setzt der Brauereiverband auf Bier-Wissensvermittlung – in den letzten beiden Jahren beispielsweise zu Fassbier auf Social Media. Daneben sorgt die Ausbildungsoffensive zum (Jung-)Biersommelier „für mehr Bierkompetenz und Beratungsleistung direkt am Gast.“ In Summe haben bisher rund 3.400 Österreicherinnen und Österreicher die Ausbildung absolviert. Stolz sei man darauf, dass 2024 wieder die Staatsmeisterschaft der Biersommeliers ausgetragen wird. „Am 31.Mai wird die Tabakfabrik in Linz zum bierigen Zentrum des Landes“, so Florian Berger, Geschäftsführer des Brauereiverbands.
Alkoholfreies Bier als Zukunftsmarkt
Eine der Entwicklungen, die man u.a. stark sehen wird können, ist der „Siegeszug der alkoholfreien Biere“, der aufgrund veränderter Konsumgewohnheiten in den letzten Jahren immer spürbarer wurde. Alkoholfreies Bier hat längst das Image abgelegt, kein echtes Bier zu sein: Dank neuester technologischer Entwicklungen gewinnt alkoholfreies Bier an Charakter und Tiefe und schmeckt dabei so gut wie sein alkoholhältiges Pendant. Auch aufgrund der neuen Sortenvielfalt wird diesem Bereich großes Potenzial – sowohl innerhalb der bieraffinen Bevölkerung als auch außerhalb – attestiert. In Österreich wurden im Vorjahr für den Inlands-Verbrauch „nahezu 29 Millionen Liter AF-Bier eingebraut.“ Europaweit ist AF-Bier auf dem Vormarsch, der Anteil von alkoholfreiem Bier an der Bierproduktion in Europa wird auf ungefähr fünf Prozent geschätzt - jener in Österreich lag im Vorjahr bei drei Prozent. „Klassisch bieraffine Länder wie Deutschland und Tschechien zeigen vor, wie es gehen kann: Bei unseren deutschen Nachbarn liegt der AF-Bieranteil bereits bei 7,6[8] Prozent, in Tschechien bei 6,3%. Der Ausstoß-Rückgang kann durch alkoholfreie Alternativen abgefangen werden, und die Konsumentinnen und Konsumenten bleiben in der Geschmacks- und Erlebniswelt von Bier. Wenn wir uns den europäischen Durchschnitt zum Vorbild nehmen und auf österreichische Größenverhältnisse umlegen, dann sprechen wir von einem Potenzial von 42 Millionen Seiterl oder 28 Mio. Krügerl mehr AF-Bier“, so Berger.
Ein weiterer Indikator für den Boom bei AF-Bieren ist die Tatsache, dass bei allen renommierten nationalen wie internationalen Bierwettbewerben – seien es European Beer-Star oder Austria Bier Challenge – mehrere Kategorien für diesen Biertyp aufgenommen wurden. „Große wie kleine Brauereien widmen sich dem Thema und kämpfen um Auszeichnungen“, so Berger.
„Die kleine Schwester“ der klassischen 0,5 l Mehrweg-Bierflasche wird eingeführt
Weiterentwicklung gibt es nicht nur innerhalb der Flasche, sondern auch bei der Flasche selbst. Ganz im Zeichen des Klimaschutzes und der Kreislaufwirtschaft übernehmen die Bierbrauer Verantwortung: Nachdem sich immer mehr Biertrinker für die 0,33 Liter Bier-Flasche entscheiden – der Anteil des Gebindes hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt und lag 2023 bereits bei neun Prozent – wird nun auch diese Flasche im großen Stil mehrwegfähig: Gemeinsam mit Vetropack wurde eine neue Standardflasche namens „Vichy“ entwickelt, die – pünktlich zur seit Jänner geltenden, verpflichtenden MW-Quote – im ersten Quartal in den Lebensmittelhandel kommt. Den Start machen zwei große Brauereien, weitere folgen. „Vichy“ ist optisch stark an die „gelernte 0,5 l Mehrweg-Bierflasche“ angelehnt und punktet neben der gefälligen Optik auch mit inneren Werten: Sie weist einen hohen Anteil an Recycling-Glas auf und verbraucht dadurch sowohl weniger Material als auch Energieeinsatz in der Produktion, ist durch ein neues Härtungsverfahrung bruchsicher und leichter und hat eine längere Lebensdauer. Dank der Optimierung in der Logistik reduziert sich der entsprechende CO2-Ausstoß um ein Fünftel.
Das österreichische Ökologie-Institut stellte die CO2-Bilanzen von 0,33 Liter Bierflaschen gegenüber: Beim Einsatz einer Mehrweg-Bierflasche entsteht bis zu 84 Prozent weniger CO2eq. als bei einer Einweg-Flasche. Obwohl Einweg-Glasflaschen nicht unter die künftige Einweg-Pfandregelung fallen, stellt die Bierbranche bewusst auf Mehrweg-Gebinde um: „Unsere Mitgliedsbetriebe leben Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz“, so Verbands-Geschäftsführer Florian Berger.
2023 wurden 816.809 hl Bier in 0,33 l Flaschen gefüllt, davon 608.094 in Einweg-Glasflaschen – das entspricht 182 Mio. Flaschen, die nach einmaliger Verwendung wieder eingeschmolzen werden. Das theoretische Potenzial für die neue 0,33 l MW-Bierflasche beziffert Berger daher mit nahezu „200 Millionen Flaschen pro Jahr.“ Die Flaschen können an allen Mehrweg-Pfandautomaten zurückgegeben werden, die Pfandhöhe beträgt 20 Cent/Flasche.
Pfanderhöhung auf Bierflaschen ist „unausweichlich“: Schieflage geraderücken
Im Hinblick auf die Einführung des Einweg-Pfandes[12] auf Getränke in Dosen und Kunststoffflaschen wollen die heimischen Brauereien auch die Höhe des Pfandes auf die 0,5 l MW-Bierflasche adaptieren: Die Pfandhöhe von 9 Cent brutto ist seit der Einführung des Mehrwegpfand-Systems vor mehr als 40 Jahren unverändert. „Aus einem Schilling pro Flasche wurden bei der Euro-Umstellung 7 Cent netto“, so Schwarz. Aktuell steht der Verband der Brauereien Österreichs „in engem Austausch mit allen betroffenen Stakeholdern“, um die durchwegs komplexe Thematik voranzutreiben. Angestrebt wird eine Pfandhöhe, die auch dem Wiederbeschaffungswert neuer Flaschen entspricht. Das sei „aktuell bei Weitem nicht so.“ Der niedrige Einsatz führe vermehrt dazu, dass gerade im urbanen Bereich MW-Gebinde „nicht retourniert, sondern entsorgt werden.“ Denn: „Was nichts kostet oder bringt, ist nichts wert.“ Schwarz sieht in der Einführung des EW-Pfandes „die Gelegenheit für eine Adaption.“ Einweg-Gebinde wie Dosen sollen ob des höheren Pfandes in der Rückgabe nicht die Mehrweg-Flasche verdrängen. „Das kann niemand wollen. Mehrweg ist DAS Symbol für Kreislaufwirtschaft.“
Lager-/Märzenbier weiterhin am beliebtesten: Heimische Biertrinker sind konservativ
Wie seit vielen Jahren führt „Lager-/Märzenbier“ das Ranking der beliebtesten Sorten innerhalb Österreichs an. „Die heimischen Biertrinker sind ihrem Lieblingsgeschmack sehr treu“, weiß Florian Berger: So wurden 2023 5,9 Mio. Hektoliter Märzenbier getrunken, das entspricht einem Inlands-Marktanteil von 69 Prozent. Platz 2 belegt sonstiges Vollbier mit 1,1 Mio. hl und einem 13-prozentigen Marktanteil, gefolgt von Spezialbier (vier Prozent), Schankbier, Pils, Radler mit Alkohol sowie Alkoholfreiem Bier inkl. Radler mit jeweils drei Prozent Marktanteil. Bemerkenswert: Bockbier hat sich im Vorjahr nahezu verdoppelt (+93 Prozent von 19 auf 38.000 Hl).
Bei der Wahl der Gebinde ist Glas mit 56 Prozent nach wie vor „die Nummer eins“, gefolgt von Fass und Tank (18 Prozent). Der Mehrweg-Anteil bei Bier im Inland beträgt nach wie vor 66 Prozent, davon entfallen 46 Prozent (rund 3,90 Mio. hl) auf die klassische 0,5 l Mehrweg-Bierflasche. Der Anteil an Dosen liegt bei 27 %, in Wien sind „7 von 10 verkauften Bieren Dosenbiere“.
Über Bierland Österreich
Bierland Österreich ist der Kommunikationsauftritt des Verbandes der Brauereien Österreichs, der Interessensvertretung der österreichischen Brauwirtschaft. Der Verband in seiner heutigen Organisationsform im Rahmen der Wirtschaftskammer Österreich übernahm 1945 die Interessensvertretung der österreichischen Brauwirtschaft und damit die Agenden des 1850 gegründeten sogenannten „Brauherren-Vereins“.
Österreich, das Bierland mit Tradition, erfreut sich einer gesunden regionalen Struktur. Knapp 350 Braustätten erfüllen mit ihrer reichhaltigen Produktpalette und einem Ausstoß von knapp 10 Mio. hl im Jahr jeden Wunsch verantwortungsvoller Biertrinkerinnen und Biertrinker. 2023 erzielten die österreichischen Brauereien einen Umsatz von mehr als 1,4 Mrd. €, die Steuern auf Bier bringen dem österreichischen Staatshaushalt jährlich rd. 700 Mio. € ein. Die Branche beschäftigt rd. 3.300 bestqualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.