Ukraine-Krieg & Inflation lassen Handelsumsätze um durchschnittlich -14% einbrechen
© medianet / Katharina Schiffl | Rainer Will, Handelsverband.
RETAIL Redaktion 22.06.2022

Ukraine-Krieg & Inflation lassen Handelsumsätze um durchschnittlich -14% einbrechen

Der Ukrainekrieg und die pandemiebedingten Kapazitätseinschränkungen in Asien haben die Preise in ganz Europa in die Höhe getrieben.

WIEN. Die aktuelle Teuerungswelle hat sich wie prognostiziert verfestigt und stellt zunehmend für alle Handelsformate und Warengruppen eine existenzielle Herausforderung dar. Hinzu kommt ein Personalmangel von historischem Ausmaß: Rund 20.000 offene Stellen können allein im Einzelhandel nicht zeitnah besetzt werden. Wie es den heimischen Händlerinnen und Händlern – vom KMU bis zum filialisierten Konzern – derzeit geht, hat der Handelsverband in einer Blitzumfrage analysiert.

Ergebnisse
Die österreichischen Händler erwarten für das Gesamtjahr 2022 (im Vergleich zu 2019) einen Umsatzverlust von -14% aufgrund des Ukrainekriegs und der Inflation.
75% der heimischen Händler verzeichnen aktuell Lieferverzögerungen bzw. -engpässe.
41% haben derzeit mit Personalmangel zu kämpfen. Bei 15% aller Betriebe ist deshalb nur ein eingeschränkter Betrieb(bis hin zu Filialschließungen) möglich.
Ein Fünftel der Branche leidet unter verstärkter Personalfluktuation.
Der Umsatz in Q2/2022 ist gegenüber Q2/2021 um durchschnittlich -8% zurückgegangen.
Die Kundenfrequenz in Q2/2022 hat sich gegenüber Q2/2021 um zwölf Prozent reduziert.
Als größte Herausforderungen nennen die Händler die enormen Preis- und Kostensteigerungen (in Beschaffung, Logistik, etc.) sowie Beschaffungsengpässe & Lieferverzögerungen im Einkauf.

Der Handel steckt in einem Dilemma
"Die Ergebnisse unserer Befragung zeigen deutlich, welche massiven Folgen die Teuerungswelle auf den österreichischen Handel hat, die sich immer mehr verfestigt. Einerseits legen die Beschaffungspreise immer mehr zu, und andererseits gehen die Umsätze der Händler durch die Kaufkraftreduktion immer deutlicher zurück", so Handelsverband- Geschäftsführer Rainer Will. "Die Kundenfrequenz ist zuletzt um zwölf Prozent eingebrochen. Selbst beim Kauf von Lebensmitteln gibt es inzwischen spürbare Verschiebungen. Zwei Drittel der Konsumentinnen und Konsumenten achten bewusst darauf, wie viel sie für den täglichen Einkauf ausgeben und greifen vermehrt zu günstigeren Produkten. Aufgrund der Inflation treten immer mehr Wechselkäufer auf, die statt zu Bio eher zu konventionellen Produkten greifen müssen."

Die Crux für den Handel: Einerseits müssen Waren so teuer wie noch nie beschafft werden, andererseits sei bereits jede zweite Österreicherin und jeder zweite Österreicher gezwungen, sich finanziell einzuschränken. "Die Inflation frisst sich von den Geringverdienern bis in den Mittelstand hinauf und verfestigt sich immer mehr in weiten Teilen der Bevölkerung“, so Will.

Mietvertragsgebühr abschaffen und regionalen Handel entlasten
Vor diesem Hintergrund sei das dreistufige Anti-Teuerungspaket der Bundesregierung ein "wichtiges Signal". Die strukturellen Entlastungen zur Stärkung der Kaufkraft würden zwar später als erhofft in Kraft treten, aber insbesondere die Abschaffung der kalten Progression und der Startschuss für die Senkung der Lohnnebenkosten seien langjährige Kernforderungen des Handelsverbandes, die nun Stück für Stück umgesetzt würden. Klar sei aber auch, dass "wir weiterhin auf Platz drei der EU-Staaten mit den höchsten Lohnnebenkosten bleiben werden, daher hoffen wir auf weitere Schritte in diesem Bereich“, so Will. Die Erhöhung des Klimabonus auf 500 € erachtet der HV ebenso sinnvoll wie die Zusatzzahlung zur Familienbeihilfe und die Möglichkeit für Arbeitgeber, ihren Beschäftigten eine Mitarbeiterprämie von 3.000 € steuerfrei auszubezahlen.

Eine gezielte Entlastung von mitarbeiterintensiven KMU-Betrieben mit regionaler Wertschöpfung durch deren Betriebsstätte in Österreich stehe weiterhin seit Langem aus. Daher erneuert der Handelsverband seine Forderung nach einer Abschaffung der Mietvertragsgebühr. Diese umgangssprachlich als "Papierverbrauchssteuer" bezeichnete Gebühr aus der Zeit Maria Theresias "ist Gift für den Beschäftigungs- und Wirtschaftsstandort Österreich und kostet heimische Händler Tausende Euro im Jahr, noch bevor diese überhaupt den ersten Euro verdienen können. Damit werden lenkungspolitisch genau jene Geschäftsmodelle belastet, die wir eigentlich unterstützen sollten“, heißt es in der Aussendung – ein Unikum, denn innerhalb der EU ist Österreich der letzte Nationalstaat, der eine solche Abgabe einfordert.

Über die Befragung
Die Corona-Blitzumfrage des Handelsverbands fand von
14. bis 20. Juni 2022 statt. 172 Handelsbetriebe (39 stationäre Händler, 16 reine Online-Händler und 117 Omnichannel-Händler) aller Größenklassen aus dem Kreis der über 4.500 Mitglieder des Handelsverbandes haben an der Online-Befragung zu den Auswirkungen des Ukrainekrieges und der Inflation teilgenommen. (red)

 

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