Wifo-Konjunkturreport: BIP stagniert, Zahl der offenen Stellen im Handel steigt auf 14.700
© Stefan Zamisch
Rainer Will
RETAIL Redaktion 02.08.2023

Wifo-Konjunkturreport: BIP stagniert, Zahl der offenen Stellen im Handel steigt auf 14.700

WIEN. Der aktuelle "Konjunkturreport Einzelhandel" des WIFO im Auftrag des Handelsverbandes zeigt, dass sich die Abkühlung der internationalen und heimischen Konjunktur auch im Einzelhandel widerspiegelt. Vor allem im Non-Food-Bereich war die Umsatzentwicklung schwach. Auch die Stimmungsindikatoren der Einzelhandelsunternehmen haben sich zuletzt verschlechtert. Die weiterhin hohen Preissteigerungen insbesondere bei den Wohnkosten belasteten den privaten Konsum. Trotz leichter Verbesserung zeigen Vorlaufindikatoren eine eher skeptische Stimmung unter den Konsumenten.

Einzelhandelsumsätze im ersten Halbjahr real rückläufig
Der reale private Konsum ist bereits seit Jahresbeginn rückläufig. Die Nachfrage blieb laut WIFO in allen Monaten des ersten Halbjahres unter dem Vorjahresniveau und verschlechterte sich zu Beginn des zweiten Halbjahres (erste Julihälfte) nochmals. Gleiches gilt für die Umsatzentwicklung im Handel. Nominell konnte der Einzelhandel seine Umsätze zwar durchweg steigern, real (inflationsbereinigt) hat die Branche aber seit dem September des Vorjahres in keinem einzigen Monat mehr ein Wachstum erzielt.

Besonders stark gespart wird dabei im Elektro- und im Möbelhandel. Auch der Versand- und Internethandel verliert – wie bereits im Vorjahr – weiter an Umsatz. Alle letztgenannten Branchen mussten in den ersten vier Monaten des Jahres sowohl nominelle als auch reale Umsatzrückgänge hinnehmen. (Für Mai und Juni liegen noch keine nach Branchen aufgeschlüsselten Daten vor.)

Handel agiert weiterhin inflationsdämpfend
"Die aktuellen Umsatzzahlen aus unserem Konjunkturreport zeigen ganz klar, dass sich die Händler nicht an der Teuerung bereichern. Im Gegenteil, die inflationsbereinigten Umsätze im Einzelhandel sind nun bereits den neunten Monat in Folge zurückgegangen – und das bei anhaltend hohen Kosten. Unsere Branche agiert damit auch weiterhin inflationsdämpfend im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten und rauft damit ums wirtschaftliche Durchkommen", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Es gibt aber auch Grund für vorsichtigen Optimismus: "Der Tiefpunkt im Konsumentenvertrauen wurde schon im September 2022 erreicht, seither steigt die Konsumstimmung wieder schrittweise. Vor allem die Erwartung an die allgemeine wirtschaftliche Lage in den kommenden 12 Monaten hat sich deutlich verbessert", berichtet Studienautor Jürgen Bierbaumer, Senior Economist des WIFO.

Inflation verlangsamt sich
Nachdem die Inflationsrate zu Jahresbeginn noch bei über 11% lag, ist der Höhepunkt der Teuerung aus heutiger Sicht klar überschritten. Für Juni weist die Statistik Austria eine Preissteigerung von 8% aus. Auch Lebensmittel haben sich zuletzt weniger stark verteuert als in den Monaten davor. Die Haupttreiber der Inflation bleiben die Bereiche Wohnen (inkl. Wasser und Energie) mit +14,1% sowie Restaurants und Hotels mit +12,9%.

"Im Juli lag die Inflation laut der heutigen Schnellschätzung der Statistik Austria bei 7%. Die Richtung stimmt, aber Geduld ist gefragt", so Rainer Will. Auch der Ausblick stimmt optimistisch: Durch kräftig steigende Reallöhne sollte sich das reale Wachstum der privaten Konsumausgaben im kommenden Jahr auf +1,8% verdoppeln. Vor allem im Bereich der dauerhaften Konsumgüter dürfte das Wachstum mit +2,0% wieder kräftiger ausfallen.

"2023 ist für den Handel bisher wie prognostiziert und damit leider nicht so positiv verlaufen wie erhofft. Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte ist nach wie vor gedämpft, die nächsten Monate lassen noch keine Besserung erwarten. Umso wichtiger wäre es, dass nun die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft praxisnahe verbessert werden, um einer Rezession entgegenzuwirken", meint Will.

Laut dem Retail Restrictiveness Indicator der EU-Kommission ist der Handel in Österreich im europäischen Vergleich am zweitstärksten reguliert. Nur in Frankreich ist die Überregulierung noch schlimmer ausgeprägt. “Der Reformstau, die Abgabenbelastung und der Bürokratiedschungel gefährden die Wettbewerbsfähigkeit und mittlerweile auch die Überlebensfähigkeit unserer Branche, es besteht eiliger Handlungsbedarf", appelliert Handelssprecher Rainer Will an die Bundesregierung.

 

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL