Zum Internationalen Frauentag: „Ein Hoch auf die Winzerinnen!"
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Maria Obermayer/GF Reg. Weinkomitee Weinviertel, Sylvia Hugl-Wimmer, Elisabeth Kirchweger, NÖ LTP Karl Wilfing, Daniela Frank, Julia Eichberger
RETAIL Redaktion 08.03.2023

Zum Internationalen Frauentag: „Ein Hoch auf die Winzerinnen!"

WIEN. Anlässlich des internationalen Weltfrauentages am 8.3. haben der niederösterreichische Landtagspräsident Karl Wilfing und die Geschäftsführerin des Regionalen Weinkomitees Weinviertel, Maria Obermayer, vier Winzerinnen aus dem Bezirk Mistelbach – stellvertretend für alle erfolgreichen Winzerinnen – zu einem Interview bei der Weinviertel DAC-Jahrgangspräsentation in der Wiener Hofburg getroffen: Julia Eichberger/Weingut Eichberger/Eibesbrunn (25 Jahre), Daniela Frank/Weingut Frank/Herrnbaumgarten (45), Sylvia Hugl-Wimmer/Weingut Hugl-Wimmer/Poysdorf (40) und Elisabeth Kirchweger/Weingut Hirschbüchler/Obersdorf (34).

Ist es denn mittlerweile schon normal geworden, dass eine Winzerin den Weinbaubetrieb führt? „Selbstverständlich ist es in der allgemeinen Wahrnehmung noch nicht, aber es ist schon viel selbstverständlicher geworden. Obwohl hier schon noch viel Luft nach oben ist“, erklärt Elisabeth Kirchweger. NÖ-Landtagspräsident Karl Wilfing: „Das ist das Phänomen des 3. Jahrtausends, dass es Gott sei Dank fast niemanden mehr wundert, wenn eine Frau einen Weinbaubetrieb führt. Gerade der Weinbau ist ein tolles Beispiel. Denn heute, wo die ganze Gesellschaft Arbeitsteilung braucht, funktioniert es dort wunderbar, wo jeder und jede bereit ist, Wissen, Können, Erfahrung oder Sensibilität des oder der Anderen anzuerkennen.“

In den über 350 gemeldeten Weinbaubetrieben im Bezirk Mistelbach sind unzählige Frauen in den Betrieben mitengagiert, in rund 16 % davon sind die Winzerinnen nicht nur „helfende Hand“, sondern im Betrieb nach Innen und nach Außen gleichberechtigt oder gar dominant am Werk. Maria Obermayer, die Geschäftsführerin des Weinviertel DAC, ist stolz auf die enorm starke Frauenpower in den Weinviertler Weingütern. Obermayer: „Unsere Weinbranche ist sehr dynamisch und professionell, da haben gestrige Wertvorstellungen wirklich keinen Platz mehr. In keinem anderen Weinbaugebiet gehören so viele Winzerinnen zur Top-Riege wie im Weinviertel. Und im Bezirk Mistelbach sind besonders viele engagierte und selbstbewusste Winzerinnen zuhause, die alle ihren eigenen Weg gehen. Das ist eine sehr positive Entwicklung, von der ich hoffe, dass sie sich noch weiter fortsetzt.“ Zwei Dinge verbinden die vier Winzerinnen: Einerseits die hochqualitative, meist akademische Ausbildung inklusive entweder Berufserfahrung in tollen Jobs in der Werbe- oder Eventbranche oder hochwertiger Auslandsaufenthalte. Und andererseits, die vinophilen Gene durch den bestehenden Familienbetrieb bereits in der DNA zu haben. Beide Komponenten zusammen machen es natürlich umso einfacher, das Weingut authentisch, mit dem nötigen Selbstbewusstsein und fachlichen Geschick zu vermarkten. Als harte Konkurrentinnen sehen sich die Ladies nicht. Mit dem Generationenwechsel in den Betrieben wird vermehrt auf Kooperation gesetzt. Daniela Frank: „Meiner Erfahrung nach unterstützen sich Winzerinnen gegenseitig, hier habe ich bisher nur positive Erfahrungen gemacht.“ Julia Eichberger ergänzt: „Wir sind sehr gut vernetzt, tauschen uns oft aus und reden offen und ehrlich miteinander.“ „Konkurrenz und Neid rauben nur unsere Energie“, sind sich alle Damen einig.

Weine von Winzerinnen schmecken oft „männlicher“?
An einen Unterschied in der önologischen Handschrift zwischen Frauen und Männern glaubt die Winzerinnenrunde nicht. Sylvia Hugl-Wimmer: „Das Winzerhandwerk ist sehr vielfältig. Sowohl im Weingarten, als auch im Keller gibt es verschiedenste Zugänge, um das Beste aus den Trauben zu holen. Ich glaube aber nicht, dass es grundsätzlich einen Unterschied bei der Vinifikation zwischen Männern und Frauen gibt. Jeder hat seine eigene Philosophie und auch seine Erfahrungen, denn kein Weinjahr gleicht dem anderen.“ Maria Obermayer vom Regionalen Weinkomitee Weinviertel ergänzt: „Ein führender Weinjournalist Österreichs befand in einer Blindverkostung, dass Weine von Winzerinnen oft „männlicher“ schmecken als jene von Winzern. Auch wenn uns das schmunzeln lässt, so finde ich, dass Weine aus Frauenhand oft eine sehr harmonische Komplexität haben.“
Die Arbeiten am Weingut sind weitgehend gleichberechtigt. Julia Eichberger: „Ich denke, dass Frauen sowohl im Marketing als auch im Keller und Weingarten gleich gut wie Männer arbeiten können. Für mich ist das keine Frage des Geschlechts, sondern lediglich der jeweiligen Interessen.“ Daniela Frank ergänzt: „Wobei schon jeder seinen Hauptbereich entsprechend seiner Ausbildung hat und jede/r dem/der Anderen zur Hand geht. Es ist eben ein Familienbetrieb und ein gutes Zusammenspiel.“

Beim Außenauftritt und der stringenten Corporate Identity hingegen wird oft sichtbar, ob ein Mann oder eine Frau dahintersteht. Daniela Frank: „Meiner Meinung zeigt die CI immer den individuellen Geschmack der Besitzer, egal ob männlich oder weiblich.“ „Jedoch“, so Elisabeth Kirchweger „wir haben vor kurzem unsere CI komplett neugestaltet. Es war meine Aufgabe dieses neue Design zu entwickeln. Und genau diese Liebe zum Detail - von der Weinflasche bis zur Website, in den sozialen Medien sowie im Weingut und Heurigenbetrieb - ist vielleicht eher eine weibliche Stärke.“

Von Gummistiefeln bis zur internationalen Weinpräsentation
Es ist das Gesamtpaket, das die Winzerinnen bei ihren vielfältigen Aufgaben rund um den Wein glücklich macht. Julia Eichberger: „Mein persönliches Highlight ist die Weinlese. Ich liebe es, über Wochen in Gummistiefeln im Keller zu arbeiten. Es macht mir große Freude, raus aus dem Büro zu kommen und körperlich zu arbeiten. In diesen Wochen geht meine gesamte Energie und Zeit in die Vinifikation und man kann endlich in den Keller holen, wofür das ganze Jahr gearbeitet wurde. Ein unglaubliches Gefühl und jedes Jahr wieder spannend!“ Aber besonders die Verkostungen und Präsentationen hat es den Winzerinnen angetan. Daniela Frank führt das Weingut zusammen mit Ehemann Harald und dessen Cousine Katrin. Frank: „Im Rahmen meines Aufgabenbereiches ist es die erste Verkostung eines neuen Jahrgangs, die mir am meisten Freude bereitet. Die Erstellung der Weinbeschreibungen im gleichen Schritt und natürlich auch die Präsentation des neuen Jahrgangs im Weingut.“ Elisabeth Kirchweger schwärmt ebenso: „Ich bin ein sehr geselliger Mensch und liebend gerne unter Leuten. Ich mag es sehr gerne mit Leuten im Gespräch zu sein, sei es bei Weinpräsentationen, beim Heurigen oder mit unseren Urlaubenden. Wenn vorher viel Fleiß und Arbeit in ein Produkt investiert wurde und man den Erfolg dann als Trinkgenuss beim Kunden sieht, macht das großen Spaß und große Freude.“

Auf die Frage, ob es auf dem internationalen Markt schwieriger ist, als Frau anerkannt zu werden, sehen die Ladies keinen Unterschied in den Geschlechtern. Sylvia Hugl-Wimmer: „Auf den internationalen Weinmessen überwiegt natürlich der Anteil an Winzern. Wahrgenommen werden wir Frauen aber sehr wohl. Was zählt – egal ob Winzer oder Winzerin - ist die Qualität, das Gesamtpackage und die Story zu unseren Weinen, mit der wir Kund*innen überzeugen und begeistern möchten.“
Mit 25 Jahren die Jüngste in der Runde, möchte Julia Eichberger den Leserinnen noch etwas „Entscheidendes" mitgeben: „Frauen haben so viel Potenzial, nur glauben sie oft nicht an sich selbst. Deshalb mein Wunsch an alle Frauen da draußen, unabhängig von der Branche: Seid mutig, stark und traut euch!“ (red)

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