Wenn die Reue zu wenig Berücksichtigung findet
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Christopher Schrank ist Partner bei der Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH.
ADVISORY 29.05.2015

Wenn die Reue zu wenig Berücksichtigung findet

Neues Bilanzstrafrecht Kritik am unverhältnismäßigen Strafrahmen im Vergleich zu vorsätzlichen Delikten

Mit der Neuregelung von Bilanzdelikten gibt sich Christopher Schrank nur zum Teil zufrieden.

Wien. „Bilanzdelikte sind neben dem Tatbestand der Untreue das zentrale Delikt im Wirtschaftsstrafrecht. Es gibt kaum eine Anzeige, in der nicht auch behauptet wird, dass die Gesellschaft ihre Gesellschafter bzw. die Öffentlichkeit unrichtig informiert und damit gegen § 255 AktG bzw. 122 GmbHG verstoßen hätte”, bringt Schrank im Gespräch mit medianet das Problem auf den Punkt.

Er ist Mitglied einer Expertengruppe, die mit dem Bundesminis-terium für Justiz bei der Ausarbeitung des neuen Tatbestands „Relevanz von Bilanzdelikten” mitgewirkt hat. Auch Anlegerklagen stützen sich großteils darauf, dass die Gesellschaft bzw. deren Organe gegen Bilanzdelikte verstoßen hätten.

Gesammelt „ab ins StGB”

Nach dem jüngst veröffentlichten Ministerialentwurf ist beabsichtigt, Bilanzdelikte zentral im Strafgesetzbuch (StGB) zu regeln. Derzeit werden diese in einzelnen Materiengesetzen (z.B. AktG, GmbHG, SpaltG) und in unterschiedlichen Tatbeständen behandelt. Durch die unscharfen Formulierungen besteht in der Praxis eine große Verunsicherung, welche Angaben und Handlungen tatsächlich strafrechtlich relevant sind. Ziel des aktuellen Gesetzesentwurfs ist es, klar zu formulieren, welche unrichtigen Informationen nun strafbar sein sollen.
Nachbesserungsbedarf sieht Schrank vor allem beim Thema der „tätigen Reue”. Darunter versteht man die Möglichkeit, durch eine Schadenswiedergutmachung oder sonstige im Gesetz vorgegebenen Möglichkeiten Straffreiheit zu erlangen. Somit handelt es sich gewissermaßen um ein Pendant zur Selbstanzeige im Steuerrecht.

Zu hohe Strafen

Im neuen Gesetz soll es nun zwar erstmals eine Möglichkeit der „tätigen Reue” bei Bilanzdelikten geben. Allerdings ist sie nur bei manchen Tathandlungen vorgesehen. In Bezug auf die Veröffentlichung von falschen Jahresabschlüssen, dem Kerntatbestand der Bilanzdelikte, soll dies weiterhin nicht möglich sein. „Dies ist nicht sinnvoll”, kritisiert Schrank. „Die tätige Reue würde eine möglichst rasche Berichtigung der Fehler, sprich die Erteilung von richtigen Informationen über ein Unternehmen, begünstigen. Das ist das eigentliche Ziel der Ahndung von Bilanzdelikten.”
Der zweite Kritikpunkt betrifft die Strafhöhe. Während nach dem aktuellen Gesetz maximal eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr droht, soll dieser Strafrahmen nunmehr verdoppelt bzw. für börsenotierte Unternehmen sogar verdreifacht werden. Das ist für Christopher Schrank nicht nachvollziehbar, zumal etwa das Kapitalmarktgesetz die vorsätzliche „Verschönerung” eines Unternehmens im Kapitalmarktprospekt nur mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe ahndet. Auch der Tatbestand der Täuschung sieht nur einen Strafrahmen von einem Jahr vor, obwohl hier mit Absicht ein Schaden herbeigeführt wird. „Dieser Wertungswiderspruch sollte behoben werden”, fordert Schrank.
„In vielen Teilen wird die neue Bestimmung aber den Erwartungen gerecht”, sieht Strafrechtsexperte Schrank durchaus auch positive Aspekte. Besonders wichtig sei es, dass nun im Gesetz klar angeführt wird, dass nur „erhebliche Unrichtigkeiten” strafbar sein sollen und damit – anders als bisher – Fehldarstellungen über Randthemen nicht erfasst werden.

Wirtschaftsprüfer „extra”

Ebenso ist es für Schrank sinnvoll, einen separaten Straftatbestand für Wirtschaftsprüfer zu schaffen. Nach den momentanen Regelungen werden Abschlussprüfer sowie sonstige externe Prüfer bislang unter dem Begriff des „Beauftragten” subsumiert. Dies trägt den Besonderheiten der Wirtschaftsprüfung nicht ausreichend Rechnung. In vielen Fällen ist unklar, ob der Prüfer als Beauftragter im eigenen Namen – also als unmittelbarer Täter – oder als bloßer Beitragstäter an der Bilanzfälschung des Gesellschaftsorgans mitgewirkt hat. „Ein einheitlicher Tatbestand kann den Spagat zwischen Erstellung und Prüfung des Jahresabschlusses kaum schaffen. Im Ergebnis ist die Einführung eines speziellen Tatbestands für Wirtschaftsprüfer zu begrüßen.”

Justizministerium am Zug

Unter der Mitwirkung von Chris-topher Schrank hat die Arbeitsgruppe des Instituts der Wirtschaftsprüfer und der Kammer der Wirtschaftstreuhänder u.a. diese Punkte aufgegriffen und an das Justizministerium weitergeleitet.
Zurzeit befindet sich das Gesetzwerdungsverfahren in der Schwebe. Während des Begutachtungszeitraums wurden weit über 150 Stellungnahmen an das BMJ übermittelt – es bleibt nun abzuwarten, wie das Ministerium den Gesetzesentwurf adaptiert.(pj)

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