Dekonstruktion der Millennial-Mythen
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CAREER NETWORK Redaktion 14.12.2018

Dekonstruktion der Millennial-Mythen

Sie ticken nicht so anders als Babyboomer oder Generation X. Viele Unterschiede schwinden mit dem Alter.

••• Von Britta Biron

Die Millennials zählen seit Jahren zu den beliebtesten „Forschungsobjekten” von Unternehmensberatungen, Marketing- und Handelsexperten und Markt- und Meinungsforschern. Die Erkenntnisse aus zahlreichen Studien und Umfragen, die rund um Wertevorstellungen, Konsumverhalten sowie Arbeitswelt der in den 1980er- und 1990er-Jahren Geborenen bleiben allerdings oft vage oder sogar widersprüchlich.

Unterscheidet sich diese Generation also tatsächlich von anderen oder beruht die Annahme schlicht auf einem Irrtum? Generell stimmt – so zeigt der aktuelle Hernstein Management Report, für den 1.516 Manager und Unternehmer in Österreich und Deutschland unter und über 40 Jahre befragt wurden – zumindest bei der Gruppe der Führungskräfte beides.
„In manchen Aspekten bestehen sehr wohl Unterschiede zwischen der Generation der Millennials und ihren Vorgängern. Allerdings sind diese weniger ausgeprägt als weithin angenommen”, erklärt Michaela Kreitmayer, Leiterin Hernstein Institut für Management und Leadership.
Die Mehrheit der Befragten (56%) vermutet, dass die Jungen ganz andere Einstellungen, Werte und Prioritäten haben als die Älteren. 47% attestieren den Millennials einen höheren Anspruch an Sinn und Selbstbestätigung in der Arbeit. 32% orten zu wenig Engagement und mangelnde Motivation. 40% sind der Meinung, dass Millennials schwieriger zu führen sind als ältere Mitarbeiter. Insgesamt vertreten aber 50% der Manager die Meinung, es gäbe bei Weitem nicht so viele Unterschiede, wie allgemein behauptet wird.
Die Antworten der beiden befragten Altersgruppen unterscheiden sich dabei kaum.

Die Ähnlichkeiten zwischen …

Finanzielle Vergütung, Freiräume & Eigenverantwortung sowie Arbeitsplatzsicherheit nannten die Millennials als wichtigste Faktoren im Job – und damit identisch mit jenen, die auch von den älteren Managerkollegen (wenn auch in anderer Reihenfolge) genannt wurden.

Interessant ist allerdings, dass junge Führungskräfte diese Faktoren für sich selbst anders werten als für ihre Alterskollegen insgesamt.
So sind für 44% der unter 40-Jährigen Freiräume und Eigenverantwortung im Job sehr wichtig, aber nur 28% glauben, dass das auf ihre Generation insgesamt genauso zutrifft. Auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance scheinen zumindest die an der Umfrage beteiligten jungen Führungskräfte keinen besonderen Wert zu legen (19%), messen diesem Faktor im Bezug auf die Gesamtheit der Millennials mit 32% aber eine hohe Bedeutung bei. Ähnlich verhält es sich bei den Punkten Karriere und dem Wunsch nach einer spannenden Aufgabe. Für sich selbst spielen diese mit 19 bzw. 24% eine deutlich geringere Rolle als für die gesamte Generation (31 bzw. 30%).
Diese Diskrepanz liegt allerdings nicht in einem besonderen Charaktermerkmal der Millennials begründet, sondern, so Kreitmayer, in der bereits seit Jahrzehnten bekannten Tatsache, dass Selbst- und Fremdbild der Menschen in vielen verschiedenen Bereichen oft nicht übereinstimmen.

… den Generationen …

Hinsichtlich der Zufriedenheit mit dem aktuellen Job herrscht eine generationenübergreifende Einigkeit.

77% der Millennials und 83% der Älteren bezeichnen ihren Arbeitsplatz als gut, 82 bzw. 81% sagen, dass sie stolz auf das sind, was in ihrem Unternehmen geleistet wird, und 71 bzw. 73% würden ihr Unternehmen als Arbeitgeber weiterempfehlen. Fast drei Viertel (73%) der Millennials können sich vorstellen, auch in fünf Jahren noch für ihren aktuellen Arbeitgeber tätig zu sein – ein klares Indiz, dass die Wechselbereitschaft deutlich schwächer ausgeprägt ist, als gemeinhin vermutet wird.
Auch bei den Wertvorstellungen ticken Millennials ähnlich wie die älteren Kollegen. Bei einzelnen Aspekten zeigen sich aber signifikante Unterschiede. So können 26% der Jungen dem Gedanken, viel Geld zu haben und teure Sachen zu besitzen, viel abgewinnen; bei den über 40-Jährigen sind es nur 12%. Die eigenen Fähigkeiten zu zeigen bzw. bewundert werden sowie Spaß und Abwechslung sprechen 43% der Jungen, aber nur 33% der Älteren an.

… sind größer als …

Daraus lässt sich aber nicht zwingend ableiten, dass es sich um spezifische Eigenschaften der Millennials handelt. Ein Vergleich zwischen zwei beliebigen anderen Altersgruppen würde wahrscheinlich ebenfalls ergeben, dass die Älteren etwas abgeklärter als die Jungen sind. Zudem bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Einstellung der heutigen Millennials zu Gehalt, Karriere, Bewunderungen mit der Zeit noch ändert.

… die Unterschiede

Dass unter 40-Jährige Angebote zu Karenz und Kinderbetreuung deutlich häufiger (30%) als ältere Führungskräfte (3% bzw. 4%), nutzen, liegt vermutlich eher an der familiären Situation und lässt weniger auf einen grundsätzlichen Wunsch nach solchen Möglichkeiten schließen.

„Generell ist es beim Umgang mit verschiedenen Generationen sowieso zielführender, mehr miteinander als übereinander zu sprechen. Das eröffnet Perspektiven und Potenziale, die ansonsten verborgen bleiben”, meint Kreitmayer. „Gleichzeitig ist für mich das individuelle Eingehen auf den Einzelnen nach wie vor der beste Weg, die Ansprüche der Mitarbeiter mit jenen der Unternehmen in Einklang zu bringen.”

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