KI in der Weiterbildung
© PantherMedia.net/Goodluz
KI-Basiswissen wird am Arbeitsplatz zunehmend wichtig. Die Weiterbildungsinstitute sind schon darauf vorbereitet.
CAREER NETWORK Redaktion 22.03.2024

KI in der Weiterbildung

Generative Künstliche Intelligenz ist der Trend der Stunde. Das ­Kursangebot bei den heimischen Weiterbildungsinstituten boomt.

••• Von Alexander Haide

WIEN. Beinahe scheint es, als ob Künstliche Intelligenz alle Lebensbereiche durchdringt. Dem tragen auch Weiterbildungsinstitute wie das Wifi oder die ARS-Akademie Rechnung. Noch im Winter gab es nur rund drei Dutzend Kursangebote – von Künstlicher Intelligenz in der Wirtschaft, Machine Learning für Einsteiger, KI-Bilderstellung für Berufsfotografen bis zu den rechtlichen Grundlagen zur KI.

Das soll sich nun dramatisch ändern: Beide Institute planen eine Ausweitung des Weiterbildungsangebots in Sachen KI auf bis zu 100 Lehrveranstaltungen. Drei Experten – Stefan Strauß, Senior Scientist am Institute of Technology Assessment (ITA) der Austrian Academy of Sciences, Richard Melbinger, Geschäftsführer der ARS-Akademie, und Wifi Wien-Institutsleiter Christian Faymann – skizzieren den Stand der Dinge.


medianet:
Welche Anforderungen gibt es bei der Weiterbildung der Workforce in Unternehmen?
Stefan Strauß: Es mag trivial klingen, aber die erste Herausforderung ist, zu klären, was Unternehmen mit KI erreichen wollen. Also: Welche Ziele hat der KI-Einsatz, und was ist der praktische Mehrwert für welche Geschäftsprozesse? Im Normalfall liegen diese Fragen auf der Hand, aber gerade im aktuellen Hype zu wenig. Und es muss klar sein, dass KI mittelfristig nicht weniger, sondern deutlich mehr Ressourcen bedeutet. Zudem braucht es kritisches Basiswissen über die Technologie, zugeschnitten auf die Unternehmens­prozesse, wo die Nutzung Sinn macht.

medianet:
Welche Weiterbildungsmaßnahmen sind seitens von Unternehmen derzeit gefragt?
Richard Melbinger: Wir sehen zwei Schwerpunkte, wobei einer auf den Führungsebenen liegt, wo es sich darum handelt, eine KI-Strategie zu entwickeln. Da geht es um die Überlegung, ob mein Produkt eine KI benötigt, hilft sie mir bei der Produktion oder ob ich sie intern anwenden kann. Das sind drei getrennte Ebenen, die hier betrachtet werden müssen. Wir bespielen die strategische Ebene, unser Schwesterunternehmen geht in die operativen Bereiche, wie Co-Pilot-Schulungen.

medianet:
Verzeichnet das Wifi ein gesteigertes Interesse an Weiterbildungen bei Themen der Künstlichen Intelligenz?
Christian Faymann: Definitiv ja und das durch alle Branchen. Nach dem Wifi-Info-Tagen Mitte Jänner ist die Nachfrage massiv gestiegen. Primär kommt viel aus der Marketing- und textalischen Ebene heraus, also Produktbeschreibungen und Bedienungsanleitungen, Dinge, die sehr zeitintensiv oder sehr aufwendig sind, sie zu generieren. Im Technikbereich ist die Nachfrage ein bisschen verhaltener als im Office-Bereich, denn dort ist KI bereits seit Längerem ein Thema.

medianet:
Ist es kleineren Unternehmen, die über keine riesigen Budgets verfügen, überhaupt möglich, am Ball zu bleiben?
Strauß: Viele Unternehmen scheinen starken Druck vom Markt zu verspüren, sich unbedingt mit KI zu befassen. Ein Problem dabei: Gerade bei klassischen Bürojobs wird oft geglaubt, KI-Automatisierung bringe mehr Effizienz und Kostensenkungen. Die Rechnung geht aber so nicht auf, hier würde ich zur Vorsicht raten. Ohne klare Zwecke und Nutzungsziele ist eher das Gegenteil der Fall. Gerade bei generativer KI ist sehr wenig Effizienz in Prozessen.

medianet:
Wie sehen KI-Themen beim Wifi aus?
Faymann: Wir haben mittlerweile eine eigene KI-Akademie, und es kommen sehr viele neue Themen hinzu. Der massivste Schwung zeichnet sich bei Digitalisierungen von Bildern und Videos ab, also KI nicht nur auf der textalischen Ebene, sondern generative KI. Hier besonders im Bereich der Fotografie, also für Berufsfotografen zur KI-Bilderstellung. Ein heikles, aber intensives Thema ist Arbeitsrecht- und Datenschutz-KI, wobei es darum geht, wie ein Unternehmen seine Mitarbeiter bei der KI leitet. In Sachen Urheberrecht und Plausibilitätsüberprüfungen wird es vier Kurse geben. Wir haben gemeinsam mit der FH Wien ein Projekt gestartet, bei dem es um KI in der Lehre geht, in Unterlagen, Skripten und Lehrvideos.

medianet:
Wie weit sind die Planungen bei der ARS-Akademie gediehen?
Melbinger: Unser Kursangebot umfasst etwa 1.200 Produkte, bei ungefähr 20 Kursen gibt es bereits jetzt eine Integration von KI. Die Entwicklung des Kursangebots wird sich an jener der KI selbst orientieren, die nämlich nicht linear, sondern exponentiell sein wird. Wenn wir in diesem Jahr 20 Kurse dafür anbieten, sind das im kommenden Jahr möglicherweise bereits 200. Überall dort wo es auch Sinn macht, arbeiten wir an der Integration von KI.

medianet:
Sollten Unternehmen derzeit mit der Aus- und Weiterbildung bei der KI nicht besser zuwarten?
Strauß: Der Zeitpunkt für Aus- und Weiterbildung ist derzeit sehr gut. Wenn es aber nur darum geht, zu lernen, bei ChatGPT etwas zu prompten, wird das nicht reichen. Der Hype um generative KI verstellt den Blick auf die wesentlichen Fragen wie: Welche Prozesse will man mit welchen KI-Tools automatisieren, warum, und welches Wissen braucht es dazu? Es ist wichtig zu vermitteln, wie KI funktioniert, was KI ist und vor allem, was KI nicht ist. Da ist keine Magie dahinter, keine Intelligenz, kein Lernen. All diese Begriffe sind irreführend. Vereinfacht gesagt, ist KI neuartige Automatisierung mit Hochleistungsstatistik. Dieses Basiswissen brauchen Mitarbeiter. Sie können bereits gewisse Tools für klar definierte Aufgaben unterstützend verwenden, müssen allerdings auch wissen, was alles nicht geht. Das heißt, es braucht eine kritische KI-Kompetenz und kein reines Skill-Training.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL