Work Report 2019: Was auf uns zukommen wird
© Martina Draper
CAREER NETWORK Redaktion 13.07.2018

Work Report 2019: Was auf uns zukommen wird

Ali Mahlodji stellt Strategien vor, mit denen Unternehmen sich für die zukünftige Arbeitswelt wappnen können.

••• Von Britta Biron

Dass sich die Arbeitswelt in einem tiefgreifenden Wandel befindet, ist nicht mehr zu übersehen, ebenso wenig die wachsende Zahl von Analysen und Studien, die sich diesem Thema widmen.

Die Ergebnisse, zu denen diese kommen, unterscheiden sich allerdings drastisch und reichen von utopisch-rosig bis dystopisch-düster. Was konkret auf uns zukommt, bleibt offen, abgesehen davon, dass Digitalisierung, Globalisierung und der demografische Wandel dabei eine große Rolle spielen werden.
Mit der Zukunft der Arbeit setzt sich auch das Zukunftsinstitut auseinander; der kürzlich erschienene Work Report sticht aus der Masse der vielen Trendreports heraus: kein HR-Fachchinesisch, keine Zahlen darüber, ob und welche Auswirkungen der Fachkräftemangel möglicherweise haben wird, und keine Statistiken über die Zahl der Berufe, die über kurz oder lang von Robotern erledigt werden könnten.

Best Practice vs. Patentrezept

Ausgespart werden diese Themenfelder trotzdem nicht, aber im Mittelpunkt des 96-seitigen Reports steht der Mensch – nicht als gesichtsloses Humankapital und austauschbares Rädchen in einem auf immer mehr Effizienz getrimmten System, sondern als Individuum und Gesellschaft, die den Wandel der Arbeitswelt nicht einfach hinnehmen muss, sondern aktiv mitgestalten kann und auch soll.

Patentrezepte hat der Autor Ali Mahlodji, Co-Founder von whatchado und EU-Jugendbotschafter, zwar keine, dafür liefert er eine Reihe von Best Practice-Beispielen und eröffnet dem Leser neue Perspektiven auf vermeintlich bekannte Themen. Der unkonventionelle Ansatz spiegelt sich in Kapiteln wie „ProAging Goes Real” wider, wo Mahlodji nicht das typische Jung gegen Alt-Bild zeichnet, sondern die Vorteile herausstreicht, die ein generationsübergreifendes Miteinander bietet. Das setzt allerdings voraus, dass man stereotype Denkmuster über Bord wirft – etwa jenes, dass mit steigendem Alter die Leistungsfähigkeit nachlässt. Stattdessen plädiert Mahlodji dafür, die Lebenserfahrung und die entspannte und weitsichtige Haltung der älteren Generation als wichtiges Asset für die Bewältigung von Krisen zu sehen.

Schluss mit Hierarchien

Auch die traditionelle Organisationsstruktur mit Befehlsketten von oben nach unten, Takt- und Planungsvorgaben oder klaren Job-Descriptions ist nach Mahlodjis Ansicht ein Auslaufmodell. Ersetzt wird es durch sich selbst organisierende flexible Systeme, in denen jeder eigenverantwortlich und für das ganze Team arbeitet. Das birgt vor allem für das Management große Änderungen. Mahlodji dazu: „Die größte Herausforderung wird es sein, den Dirigentenstab abzugeben, sich unter die Musiker zu gesellen und Teil einer Jam-Session zu werden, in der sich die einzelnen Künstler gegenseitig befeuern und pushen.”

Der rasche technische Fortschritt und die zunehmende Komplexität der Arbeitswelt machen es auch notwendig, sich von der Vorstellung zu lösen, dass es für jede Aufgabe und jedes Problem klare Lösungen und eindeutige Prozesse gibt. Gefragt sind Innovation und Kreativität; das wiederum erfordert ein spielerisches Umfeld.
Dabei propagiert Mahlodji keine Ökonomie auf Kindergartenniveau, sondert definiert Spiel als eine neugierige und offene Einstellung, die es erlaubt, um auch Möglichkeiten außerhalb des gewohnten Rahmens zu finden, wie etwa disruptive Business-Lösungen.

Das neue Faulheits-Prinzip

Dass sich ein ganzes Kapitel des Work Reports dem Thema Faulheit widmet, mag auf den ersten Blick widersinnig klingen, hat aber einen guten Grund.

Einerseits, weil Pausen wichtig für die Kreativität und Leistungsfähigkeit sind, in der Vergangenheit aber nach Mahlodjis Ansicht aber viel zu kurz gekommen sind. Andererseits, weil durch die zunehmende Automatisierung künftig möglicherweise nicht mehr genug Arbeit für alle da sein wird. Das wirft zwei wesentliche Fragen auf: Wie wird die daraus resultierende freie Zeit (sinnvoll) genutzt? Und wie gelingt es, den Wert eines Menschen für die Gesellschaft vom bisherigen Leistungsprinzip abzukoppeln, wenn Arbeit kein Muss mehr ist, sondern viel mehr ein Privileg?


„Work Report 2019” von Ali Mahlodji, Juni 2018, 96 Seiten, ISBN 978-3-945647-51-6. Bestellung: https://onlineshop.zukunftsinstitut.de/shop/

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