Mangelhaftes Gespür für Schnee
© APA/Herbert Pfarrhofer
Der anhaltende Ansturm auf den Semmering führte am 5. Jänner 2021 laut Mobilfunkbewegungsdaten dazu, dass sich zu Spitzenzeiten mehr als 4.000 Menschen auf dem Pass drängten.
DESTINATION Redaktion 15.01.2021

Mangelhaftes Gespür für Schnee

Viele Skigebiete hatten im Dezember 2020 noch keine Corona-Strategie – Studie ortet ungenutztes Digital-Potenzial.

WIEN. Der anhaltende Ansturm auf Skigebiete wie Semmering oder Kreischberg dominierte in den vergangenen Wochen die Schlagzeilen. Dazu kommt: Viele Skigebiete in Österreich sind offenbar ohne klare Strategie in den Corona-Winter gestartet. Wie eine Befragung der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU) zusammen mit der TU Wien und dem Fraunhofer Institut im Dezember 2020 zeigt, hatten zu diesem Zeitpunkt mehr als 90% der Liftbetreiber noch keine Pandemiestrategie. Ein Drittel hatte dies auch nicht vor.

23 Prozent „Musterschüler”

Lediglich 7% der teilgenommenen Liftbetreiber gaben an, eine konkrete Pandemiestrategie bereits fertig entwickelt zu haben. Weitere 23% sagten, dass die Entwicklung bereits durchgeführt werde und 21%, dass eine Entwicklung geplant sei. 32% hingegen planten keine Entwicklung einer Pandemiestrategie. 18% konnte keine Auskunft dazu geben.

Unterschiede in den Ergebnissen gibt es zwischen kleinen und großen Skigebieten. Während die Hälfte der großen Skigebiete im Dezember angab, eine Pandemiestrategie zu entwickeln oder bereits entwickelt zu haben, planten 40% der kleineren Skigebiete keine Entwicklung einer Pandemiestrategie. Der größte Teil der Skigebiete zeigte sich übrigens mittelmäßig zufrieden mit dem Covid-Management von Bund und Ländern.
Christian Schumacher, Assistenz-Professor am Institut für International Business der WU, und Andreas Schumacher von Fraunhofer Austria erklärten, in der Studie einen besonderen Fokus auf Digitalisierungslösungen wie personifizierte Skikarten-Chips, Fiebersensoren oder automatisierte Covid-19-Schnelltestsysteme gelegt zu haben.

Kaum digitale Lösungen

Die Umfrageergebnisse zeigten demnach ein hohes ungenutztes Potenzial von Digitalisierungslösungen im Umgang mit Covid-19. Zwar hätten die Betreiber einzelne Maßnahmen ergriffen, jedoch hatte die Hälfte der Skigebiete zum Befragungszeitpunkt keine Initiativen umgesetzt, um der Corona-Pandemie mittels Digitalisierungslösungen entgegenzutreten. Lösungen wie „Sensoriksysteme zur Echtzeitfiebermessung” oder „Automatisierte Covid-19-Schnelltestsysteme” wiesen niedrige Potenzialbewertungen auf.

Die Studienautoren hatten im Dezember des Vorjahres 335 Skigebiete angeschrieben, 88 davon füllten den Onlinefragebogen der Wissenschafter aus. In acht von zehn Fällen antwortete die Geschäftsführung.
Das Forscherteam unterzog die Rückmeldungen in der Folge einer Repräsentativitätsanalyse und kam zum Schluss, dass diese zum einen die Größenverteilung der Skigebiete, verglichen mit der Grundgesamtheit, sowie die Verteilung über die Bundesländer ausreichend gut abbilden.

Vorarlberg: keine Folgen

Ergaben sich negative Konsequenzen aus dieser mangelhaften Vorbereitung? Vorarlberg prescht mit einer Analyse vor – und sieht sich in der Öffnung der Skigebiete bestätigt, informierte am Montag Tourismuslandesrat Christian Gantner (ÖVP) in einer Aussendung. Es sei seit dem Aufsperren der Skigebiete keine Beeinflussung der Infektionskurve erkennbar geworden. Gantner: „Die ersten beiden Wochen nach Betriebsöffnung der Skilifte in Vorarlberg haben gezeigt, dass sich Skifahren und Corona-Sicherheitsvorkehrungen vereinbaren lassen.” Er verwies in Bezug auf die Daten auf die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages).

Die Sieben-Tage-Inzidenz Vorarlbergs über die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage liege im Österreichschnitt, dasselbe gelte für die Reproduktionszahl, die per 10.1.2021 österreichweit bei 1,04 liege, in Vorarlberg bei 1,02. Im Hinblick auf die Positivitätsrate der zwischen 24.12.2020 und 7.1.2021 vorgenommenen Testungen weise Vorarlberg sogar den niedrigsten Wert auf. (APA/red)

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